Kennen Sie das Konzept des «Anthropozäns»? Damit sind die Auswirkungen von menschlichen Aktivitäten auf natürliche Systeme gemeint. Diese beeinflussen wir mit – leider oft negativ. Eine Folge daraus ist die spür- und messbare Klimaerwärmung.
«Es ist an der Zeit, dass wir lernen, die Natur als komplexes Gebilde zu verstehen. Nur so können wir ganzheitliche Lösungen entwickeln und langfristig mit allen Ökosystemen koexistieren», ist Dr. Veronica Weisser überzeugt. Die Ökonomin und Fellow des UBS Sustainability and Impact Institute arbeitete mit an der Studie «From Ozone To Oxygen», in der es um die Risiken und Möglichkeiten von natürlichem Kapital geht. Was ist damit genau gemeint? Es geht um unser komplexes Ökosystem, welches Dienstleistungen erbringt, die für unsere Lebensgrundlage notwendig sind. Deswegen sind alle in der Verantwortung, zum Erhalt der Natur und unseres Ökosystems beizutragen.
Rettung der Welt auf einen Schlag bleibt Illusion
Vor über 35 Jahren lenkte die Entdeckung des Ozonlochs zum ersten Mal die Aufmerksamkeit der breiten Weltbevölkerung auf das Thema Umweltschutz. Es war ein klarer Fall: Wir müssen Handeln, damit es sich nicht weiter ausweitet. Dass in der Folge Dank menschlicher Einwirkung das Wachstum des Ozonlochs stark gebremst werden konnte, darf als bedeutender Erfolg verstanden werden. Denn es hat bewiesen, wie wichtig kollektives Handeln ist, wenn es darum geht, die dringlichsten Probleme auf der Erde zu lösen.
Obwohl dies ein wichtiger Moment für die Umweltbewegung war, hatte der Erfolg auch seinen Preis. Dass so ein komplexes Problem relativ direkt durch internationale Vereinbarungen und schliesslich Verbote gelöst werden konnte, hätten die meisten nicht erwartet. Dies führte dazu, dass ein komplexes Problem stark simplifiziert wurde. Durch die Fokussierung auf eine einzelne messbare Variable lenkte es die Aufmerksamkeit ab von einem breiteren systemweiten Ansatz zur Bewältigung von Problemen, wie etwa dem Klimawandel. Die Hoffnung, dass alle klimatechnischen Probleme so gelöst werden können, ist längst zunichte. Was aber auch klar ist: Gemeinsam können wir etwas bewegen.
Zusammenarbeiten, um natürliches Kapital zu schützen
«Das Klima, der Mensch und die Natur sind eng miteinander verwoben, dessen sind wir uns bei UBS bewusst», sagt Dr. Veronica Weisser. «Wie in der Finanzwelt, wo die Vermögenswerte zu Ertragsströmen führen, besteht die Natur aus Beständen von Umweltgütern, die entsprechende Nutzenströme für Menschen und Wirtschaft bereitstellen. Leider schafft sie es nicht mehr unsere negativen Einflüsse wieder auszugleichen Es ist höchste Zeit umzudenken.» Deswegen sei es essenziell, die Bestände von Umweltgütern und die biologische Vielfalt zu erhalten. Das kann als Herausforderung oder Gelegenheit gesehen werden. Was es hierfür bedingt: Die Zusammenarbeit zwischen Forschung, Investoren, Politik, Wirtschaft und der Finanzbranche.
Noch fehlen international verbindliche Spielregeln zum Naturkapital – trotz ESG-Prinzipien, welche für die Berücksichtigung von Umwelt (Environment), Sozialen Aspekten (Social) und verantwortungsvoller Unternehmensführung (Governance) stehen. Deshalb engagiert sich UBS bei der Taskforce im Projekt «Nature-related Financial Disclosures» (TNFD), das Empfehlungen für ein ökosystembezogenes Risikomanagement und Transparenzmassnahmen entwickelt. Dadurch soll die Schaffung globaler Standards beschleunigt und die Transparenz in den Lieferketten erhöht werden. Investor:innen, Unternehmen und Intermediären ermöglicht dies, mit Hilfe von Anlagelösungen, ihre Entscheidungen so auszurichten, dass Naturkapital geschützt wird und naturbezogene Risiken und Chancen bewusst gestaltet werden können.