Längst gehört Nachhaltigkeit in jedes Risikomanagement. Das «grüne Gewissen » verschiedener Anspruchsgruppen von der Kundschaft bis zu den Investoren ist so gewachsen, dass diese abspringen können, wenn sie Nachhaltigkeit nicht als Teil des Tagesgeschäfts eines Unternehmens wahrnehmen. Die gute Nachricht für Unternehmen: Der technologische Fortschritt führt zu bahnbrechenden Innovationen, von denen manche das Potenzial zum Gamechanger aufweisen. Vor allem aber sind aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Flaute verschiedene Aktienkurse gesunken und wieder mehr Menschen mit Know-how im Nachhaltigkeitsbereich am Markt verfügbar.
Hohe Verfügbarkeit von Fachpersonal
Konkret sind zum Beispiel die Aktien in Branchen wie Elektromobilität, Ernährung aus alternativen Proteinen und Batterieproduktion in den letzten Monaten teilweise um 30 bis 60 Prozent eingebrochen. Parallel dazu haben wichtige Firmen im Nachhaltigkeitssektor ihren Personalbestand reduziert. Betroffen sind unter anderen die Windenergie in den USA, der Bereich Vertical Farming mit Indoor- Gemüseanbau – hier hat eine Firma über die Hälfte der Angestellten freigestellt – sowie auch Lithiumbatterie- Anbieter. Dies bietet Unternehmen die Chance, Fachleute zu rekrutieren sowie innovative Firmen zu akquirieren und vergleichsweise günstig nachhaltige Kompetenzen aufzubauen.
Letzteres haben viele Unternehmen auch dringend nötig. «Quer durch alle Branchen hinweg stehen noch immer zahlreiche Unternehmen ganz am Anfang», sagt Joachim Stephan, Managing Partner von BCG Switzerland: «Wir beobachten eine breite Unsicherheit über regulatorische Rahmenbedingungen, Reporting-Pflichten sowie über die Kunden- und Stakeholder-Kommunikation. » Der Durchbruch dürfte Unternehmen laut Joachim Stephan erst dann gelingen, wenn sie es schaffen, Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell zu etablieren und damit Shareholder Value – einen Mehrwert für die Aktionärinnen und Aktionäre – zu generieren. Nachhaltigkeit sei zwar ein relativ neues Ziel, aber die grundlegenden Prinzipien der Unternehmenstransformation gelten nach wie vor. Und diese zählt bekanntlich zu den Kernkompetenzen der BCG.
Von den Besten lernen
Doch wie sollen Unternehmen ihre Wertschöpfung via Nachhaltigkeit steigern? Die BCG hat unzählige Unternehmen analysiert, die nachhaltige Vorreiter sind – und davon ökonomisch profitieren. Um drei Beispiele zu nennen: Da ist ein Maschinenbaukonzern, der erkannt hat, dass Ökologie und Ökonomie Hand in Hand gehen. Er entwickelt Lösungen, die auf Hightech-Präzision, alternative Energien und das Prinzip der Kreislaufwirtschaft setzen. So unterstützt er Kunden darin, durch Effizienzvorteile gleichzeitig profitabler wie nachhaltiger zu werden. Ein zweiter nachhaltiger Branchenprimus ist der US-Lebensmittellieferant Sysco. Er hat analysiert, dass rund 18 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen aufs Konto der Land- und Forstwirtschaft gehen sollen. Zugleich wächst der Markt für nachhaltige Lebensmittel dreimal schneller als jener für konventionelle.
Sysco stellt darum Nachhaltigkeit ins Zentrum der Unternehmensstrategie. So testet der Konzern nicht nur Indoor- Farming-Lösungen der nächsten Generation, um Lebensmittel frisch und lokal zu produzieren, sondern elektrifiziert auch seine Fahrzeugflotte und reduziert den Abfall. Spannend ist, dass sogar einem führenden Chemiekonzern mit bisher grossem ökologischem Fussabdruck der Kurswechsel gelungen ist. Mit Nachhaltigkeit will er neue Geschäftsfelder erschliessen. Hierzu hat er eine neue Strategie konzipiert und die Governance so aufgesetzt, dass sie den Wandel hin zur Dekarbonisierung unterstützt. Klar, dass das auch eine nachhaltigere Produktpalette verlangt. Ein Anlass für Investorinnen und Investoren hat gezeigt: Die Neuausrichtung kommt auch bei den Kapitalgebern gut an.
Mit drei Hebeln zum Gewinner
Aus solchen Beispielen leitet die BCG drei Handlungsfelder ab, wie Unternehmen ihren Wert signifikant steigern können. Erstens gilt es, die Nachhaltigkeit in Einklang mit dem Geschäftsmodell zu bringen. Wer seine Produkte gezielt anpasst, kann von der wachsenden nachhaltigen Nachfrage profitieren. Zweitens braucht es einen ganzheitlichen Ansatz für eine nachhaltige Transformation über alle Unternehmensbereiche hinweg. Drittens ist sicherzustellen, dass die Dekarbonisierung für die Aktionärinnen und Aktionäre Mehrwert schafft – denn die Reise in die Zukunft muss auch finanziert werden können.
Hierzu sind die Governance-Strukturen entsprechend aufzustellen. Man könnte einwenden, dass es einfach ist, von der Beraterperspektive aus nachhaltige Erfolgsrezepte zu formulieren. Doch was die BCG predigt, lebt sie auch selbst vor: So hat sie selbst ihre Fähigkeiten in der Nachhaltigkeitstransformation erweitert, indem sie die Schweizer Nachhaltigkeitsberatungsfirma Quantis mit mehr als 250 Umweltexpertinnen und -experten erworben hat. Der Beratungsansatz der BCG integriert die Nachhaltigkeitsagenda von Kunden und fokussiert auf deren Wertschöpfung. Die BCG und die von ihr identifizierten Top 100 in Sachen Nachhaltigkeit zeigen, dass ein Wandel in jeder Branche möglich ist – man muss ihn nur richtig aufgleisen.