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Foto: Ministry of Energy and Minerals, Oman

Photovoltaik-Grossanlagen wie diese in Ibri (Oman) könnten zukünftig die nötigen Mengen an Solarenergie für die Produktion von Wasserstoff und nachhaltigen E-Fuels liefern. Foto: Ministry of Energy and Minerals, Oman

Klima & Energie Partner Inhalt: ETH

Eisen und Methanol: Energiespeicher der Zukunft

Die Schweiz setzt stark auf erneuerbare Energien – doch im Winter droht eine Stromlücke. Wie lässt sich der Energieüberschuss aus dem Sommer in die kalten Monate retten? Eine von der ETH Zürich und der EPFL gegründete Koalition arbeitet an zukunftsweisenden Lösungen.

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Eisen und Methanol: Energiespeicher der Zukunft

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Die Energiewende in der Schweiz gleicht einer Gratwanderung: Das Land muss seine CO₂-Emissionen drastisch senken und zugleich eine verlässliche Stromversorgung sicherstellen. Zwar stammten 2022 bereits knapp 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen, doch Sonnen- und Windenergie schwanken stark: Im Sommer gibt es einen Überschuss, im Winter droht ein Engpass. Ohne leistungsfähige Speicher geht wertvolle Energie verloren – und die Versorgungssicherheit gerät unter Druck.

Hier setzt eine von der ETH Zürich und der EPFL gegründete «Coalition for Green Energy and Storage» an: Sie bündelt Fachwissen aus Forschung, Politik und Wirtschaft, um Technologien für die langfristige Speicherung von erneuerbarer Energie zu entwickeln und zur Marktreife zu bringen. Drei Projekte zeigen, wie vielfältig diese Ansätze sind – und welches Potenzial sie haben.

Wasserstoff verstromen

Auf dem ETH-Campus Hönggerberg in Zürich steht Wendelin Stark zwischen drei silbernen Stahlfässern – gross wie kleine Silos, verbunden durch Kabel und mit Alufolie umwickelte Rohre. «Wir haben den langweiligsten Reaktor der Welt gebaut», sagt der ETH-Professor und lacht. Doch die unscheinbare Anlage hat es in sich: Sie speichert Sonnenenergie – nicht in Batterien, sondern in Eisen.

Stark und sein Team haben dafür einen innovativen Prozess entwickelt: Strom wird im Sommer in Wasserstoff umgewandelt. Dieser reduziert in einer chemischen Reaktion Eisenoxid zu elementarem Eisen. Im Winter kehrt man den Prozess um – Wasserdampf reagiert mit dem Eisen, es entsteht erneut Wasserstoff, der sich dann verstromen oder verbrennen lässt. «Im vollgeladenen Zustand ist der Speicher einfach ein Fass voller Eisen», sagt Stark. Keine Explosionsgefahr, keine Hochdrucktanks – nur ein metallisches Pulver, das auf Temperatur gebracht werden muss.

Das Verfahren ist sicher, günstig und skalierbar – ideal für abgelegene Regionen oder energieautarke Quartiere. Noch allerdings ist es wenig effizient: Aufgrund der vielen Umwandlungsschritte bleibt am Ende nur rund ein Drittel der eingesetzten Energie als nutzbarer Strom übrig. Um das Verfahren zu optimieren, arbeiten Stark und sein Team auf dem Hönggerberg aktuell am Bau einer deutlich grösseren Pilotanlage. Sie soll bis 2026 in Betrieb gehen und im Winter ein Fünftel des Campus mit Strom versorgen.

Foto: ETHZ

Projekt Trüllikon: CO₂ wird in tiefe Gesteinsschichten gepumpt und dort gelagert.

Pilotanlage in Zug

Etwa 40 Kilometer südwestlich soll das nächste Projekt der Koalition entstehen. Vorausgesetzt, die Finanzierung ist sichergestellt, entwickeln im Kanton Zug Forschende des ETH-Bereichs gemeinsam mit Industriepartnern eine Pilotanlage für grünes Methanol – einen klimaneutralen, flüssigen Energieträger. «Ein grosser Teil der Energiewende wird darin bestehen, fossile Brennstoffe durch Strom zu ersetzen», sagt Gianfranco Guidati von der ETH Zürich. «Das wird aber nicht überall möglich sein – etwa in der Luftfahrt oder in Teilen der Industrie. Dort brauchen wir weiterhin flüssige Treibstoffe, nur eben emissionsfrei hergestellt.» Grünes Methanol könnte dafür die Lösung sein. Hergestellt wird es aus Wasserstoff und CO₂. Der Wasserstoff wird durch Elektrolyse gewonnen, betrieben mit Solarstrom. Das CO₂ soll aus einer nahegelegenen Kläranlage stammen. Das Ergebnis ist ein flüssiger Energieträger, der sich gut lagern und transportieren lässt – und bei der Verbrennung als Treibstoff kein fossiles CO₂ freisetzt. Zudem kann Methanol in einem weiteren Schritt in grünes Kerosin umgewandelt werden. «Mit unserer Pilotanlage in Zug wollen wir zeigen, dass dieser Prozess auch bei schwankender Stromzufuhr funktioniert – wie sie bei Solarenergie typisch ist», erklärt Guidati. Denn chemische Prozesse bevorzugen stabile Vorgänge. «Diese Schwankungen auszugleichen, ist unsere grösste Herausforderung.» Im Kanton Zug soll allerdings kein Methanol im grossen Stil produziert werden – sondern vor allem Wissen. Die Forschenden wollen den Prozess optimieren und Schweizer Firmen die Möglichkeit geben, sich mit der Technologie vertraut zu machen. «Die eigentliche industrielle Produktion wird anderswo stattfinden müssen», sagt Guidati. Denn dafür benötige man Solaranlagen in einer Grösse, die sich in der Schweiz nicht realisieren lasse. «Aber die Technologie und die Firmen, die diese Technologie liefern, könnten aus der Schweiz kommen.»

Tiefe Löcher, grosse Ideen

Würde grünes Methanol künftig breit eingesetzt, eröffnet dies neue Möglichkeiten, etwa zur Erzeugung sogenannter negativer Emissionen. «Das CO₂ stammt nicht aus fossilen Quellen. Man könnte es daher nach der Verbrennung wieder aus der Abluft der Anlage filtern – und dauerhaft unter der Erde speichern», sagt Guidati. Damit liesse sich der CO₂-Gehalt der Atmosphäre aktiv senken. Genau daran arbeitet der ETH-Seismologe Stefan Wiemer. In Trüllikon im Zürcher Weinland untersucht er, wie sich CO₂ dauerhaft in tiefen Gesteinsschichten einlagern lässt. Ein geeignetes Bohrloch ist bereits vorhanden – ursprünglich von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) zur Erkundung möglicher Endlager gebohrt, dient es heute der Forschung. Mit seismischen Wellen und hochsensiblen Sensoren tastet Wiemers Team den Untergrund ab. Gesucht wird eine geologische Doppelschicht: Unten poröses Gestein, das das CO₂ aufnehmen kann, oben eine dichte Tonschicht, die es wie ein Deckel zurückhält. Nur wenn die Lagerung als sicher, umweltverträglich und technisch machbar gilt, dürfen erste Tests starten. Frühestens 2026 könnten die ersten CO₂-Moleküle in der Tiefe verschwinden – um dann dort für immer zu bleiben.

Foto: ETHZ

Prof. Dr. Wendelin Jan Stark Ordentlicher Professor am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften

Deklaration: Dieser Inhalt wurde vom Sustainable Switzerland Editorial Team im Auftrag der ETH erstellt.

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