Als Forschungsanstalt, die laut eigenem Bekunden «nachhaltige Lösungen für gesellschaftlich relevante Probleme» entwickelt, war es der WSL ein zentrales Anliegen, so ressourcen- und umweltschonend wie möglich zu bauen. Obwohl die Bedingungen durch die alpine Lage der Baustelle erschwert waren, ist in etwas mehr als einjähriger Bauzeit ein Gebäude entstanden, das höchsten Ansprüchen genügt. So erfüllt der Bau die Kriterien von Minergie-P-Eco. Die Gebäudehülle ist damit noch besser gedämmt als im Minergiestandard.
Als erstes Gebäude des ETH-Bereichs überhaupt erreicht das neue Büro- und Werkstattgebäude beim Verein Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz (NNBS) die höchstmögliche Stufe Platin. Mit diesem Standard wird ein Bau nach 45 Kriterien in den Bereichen Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft bewertet; unter anderem geht es um Barrierefreiheit, Klimaschutz und Ressourcenschonung, aber auch um ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Ein Augenschein in dem durch die Firma Dietrich Schwarz Architekten aus Zürich realisierten Haus D macht deutlich, dass nachhaltiges Bauen durchaus ästhetisch sein kann. Die Büros im ersten und zweiten Obergeschoss sind hell und grosszügig. Die Gemeinschaftsräume und Begegnungszonen für die Mitarbeiter, wie sie die NNBS-Kriterien erfordern, sind funktionell und strahlen gleichzeitig Gemütlichkeit aus. Dieser Eindruck entsteht in erster Linie durch die gelungene Holz-Beton-Verbundkonstruktion.
Anders als in vielen anderen Neubauten, wo das Raumklima in der Phase unmittelbar nach dem Bezug als zu heiss, zu kalt oder zu trocken empfunden wird, waren die Rückmeldungen der Mitarbeiter von Beginn weg positiv. Nicht unwesentlich zum guten Arbeitsklima dürfte auch die wunderbare Aussicht beitragen, die man aus einem Grossteil der Büros hat.
Im Erdgeschoss, wo ebenfalls Holz und Beton dominieren, sind die Werkstätten untergebracht. Hier entstehen in Massarbeit Instrumente und Apparate, die die Forscher für ihre tägliche Arbeit in Schnee und Eis brauchen. So etwa die Teile eines Turms, der an einem für seine Lawinen bekannten Hang im Vallée de la Sionne (Wallis) aufgestellt wird.
«Bei der ganzen Konstruktion und beim Bau wurde Wert auf kurze Transportwege gelegt», erklärt Dominik Planzer, der als Bauherrenvertreter bei der Empa die Entstehung des Neubaus begleitet hat. In den Innenräumen wurde sehr viel sichtbar bleibendes Fichtenholz verwendet, ebenso für die schalldämmenden Decken. Für die Hauptträger der Konstruktion wurde FSC-zertifiziertes Buchenholz verbaut. Der Kies für die Bodenplatte stammt aus maximal 25 Kilometern Entfernung.
Eine besondere Herausforderung war die kurze Bauzeit von Mai bis November auf einer Höhe von über 1500 Metern über Meer. «Sie erforderte eine minuziöse Planung», sagt Planzer. Wegen der grossen Schneehöhen im Winter war es nicht möglich, eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des dreigeschossigen Baus zu platzieren. Die Solaranlage wurde deshalb in die nach Süden ausgerichtete Fassade integriert und ist durch vorvergraute Holzlatten verdeckt. Die frei gebliebene Dachfläche von rund 520 Quadratmetern konnte begrünt werden.
Platin überstrahlt «Alpengold»
Die strengen Anforderungen des Vereins Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz hatten zur Folge, dass für den 11,5 Millionen Franken teuren Neubau spezielle Lösungen gefunden werden mussten. So stellt zum Beispiel eine eigens dafür gebaute Steintreppe sicher, dass Eidechsen und andere Kleintiere Zugang zum SLF-Gelände haben und für eine grosse Biodiversität sorgen.
Einige Gebäudeteile wirken schon fast luxuriös, so etwa der grosszügige in Holz gehaltene Velounterstand mit zahlreichen Steckdosen für E-Bikes. Nicht erfüllt werden konnte jedoch der Wunsch von Mitarbeitern, die in diesem Unterstand gerne Skiständer gehabt hätten. Bringt doch der Arbeitsplatz in Davos das Privileg mit sich, dass man im Winter mit den Langlaufski anreisen kann.
Vom SLF-Gelände aus ist das über dem Tal thronende Luxushotel Alpengold zu sehen, das besser bekannt ist unter dem Namen «Goldenes Ei». In gewisser Weise wird es von Haus D dank seiner Platin-Auszeichnung gar überstrahlt. Ökologischer ist das Forschungsgebäude auf alle Fälle.