Wie es geht, zeigt das Seewasserwerk Moos bei Zürich. Seine 20 000 Quadratmeter Dach sind seit mehr als 100 Jahren begrünt. Damals haben die Erbauer das ausgehobene Erdreich 20 Zentimeter hoch auf das Dach geschaufelt. Heute gibt es dort ein stabiles, ökologisch sehr wertvolles Biotop mit 175 Pflanzenarten, darunter auch gefährdete Spezies. «Dort hat sich eine Orchideenwiese von kantonaler, wenn nicht nationaler Bedeutung entwickelt», sagt Brenneisen.
Was die Kosten in die Höhe treibt
In Bausitzungen beobachtet Stephan Brenneisen immer wieder, dass kurzfristiges Planen dominiert: «Wenn eine Halle 10 Millionen kosten soll und man vorrechnet, dass man mit 12 Millionen für eine höherwertige Ausstattung in 15 Jahren bereits die Mehrinvestitionen wieder kompensiert hat, wird trotzdem gefragt: Geht es auch für 9 Millionen?» Im Zweifel entscheiden sich Bauherren für das billigere Kiesdach.
Teurer ist ein bepflanztes Dach zunächst wegen der Statik. Es muss das zusätzliche Gewicht der Bepflanzung tragen können, also statt 80 Kilogramm 100 bis mehr als 1000 Kilogramm pro Quadratmeter bei Dachgärten. Die Verteuerung gilt vor allem für Hallen. Garagen und Wohnhäuser können mit ihren ohnehin stabilen Betondächern zusätzliches Gewicht gut verkraften.
Der Boden, Substrat genannt, ist mindestens 8 Zentimeter dick. Bis etwa 15 Zentimeter spricht man von extensiver, also magerer Begrünung mit wenigen, wetterrobusten Arten, darüber von intensiver, also üppiger Begrünung mit vielen Arten von Gräsern und Wiesenpflanzen.
Ein zweiter Kostenfaktor ist die fachmännische Hilfe beim Anlegen der Dachbegrünung. Für eine Bepflanzung braucht es eine wurzelfeste Abdichtung aus Bitumen-, Kunststoff- oder Elastomerbahnen. Darüber kommt ein Schutzvlies und darauf das eigentliche Substrat, meist eine Mischung aus Partikeln mineralischer Schüttstoffe, angereichert mit organischen Bestandteilen wie Komposterde, an die sich Wasser und Nährstoffe anlagern können.
Ein begrüntes Dach braucht eine gute Wartung
Nicht nur die höheren Kosten lassen die Bauherren vor dem Engagement für Natur und Umwelt zurückschrecken. Ein bepflanztes Dach braucht Pflege: Man sollte sich mindestens einmal im Jahr um sein Dach kümmern.
Je reichhaltiger das Dach begrünt ist, desto grösser ist der ökologische und klimatische Wert. Auf einer dünnen Substratschicht wachsen nur ein paar niedrige Dickblattgewächse und Moose, die mit den kargen Bedingungen klarkommen. Finden Insekten und Vögel kein Futter, bleiben sie dem wüstenartigen Biotop fern. Hinzu kommt, dass ein extensiv begrüntes Dach im Sommer wochenlang komplett austrocknen kann. Der dämmende Effekt für die Räume darunter ist dann fast null. Entsprechend gering ist auch der positive Effekt für das Klima.
Auf dickem Substrat wachsen grosse Pflanzen
Anders sieht es bei intensiven Dachbegrünungen aus: Bei Substratdicken ab 15 Zentimetern wachsen auch Gräser, ab 20 Zentimetern Büsche und ab 30 Zentimetern sogar Bäume. Insekten und Vögel finden Nahrung, zumal sie dort oben vor zudringlichen Menschen ihre Ruhe haben. Totholzhaufen, Steinhügel und Tümpel schaffen zusätzliche biologische Nischen und fördern die Artenvielfalt.