Dafür benötigt man insbesondere auch valide und granulare Daten, um den Status quo zu erheben, die Performance zu messen und Handlungsmassnahmen sicher abzuleiten. Auch hier gilt: Nur was ich messen kann, kann ich managen. Nachhaltigkeitsdaten sollten auf dem gleichen Niveau wie Finanzdaten gemanagt werden. Daher ist es wichtig, nachhaltigkeitsrelevante Informationen aus dem eigenen Betrieb wie auch aus den vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsprozessen zu ermitteln. Dazu muss man wissen: 80 Prozent der industriebedingten Treibhausgasemissionen werden durch Scope-3-Emissionen verursacht, also indirekt in vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsprozessen. Leider hat die Industrie genau hierbei immer noch viel zu wenig Durchblick und «Grip». Umfragen zufolge gehen Unternehmen selber davon aus, dass etwa 30 bis 40 Prozent ihrer Angaben zum CO₂-Ausstoss fehlerhaft sind. Ich würde die Fehlerrate übrigens noch höher einschätzen. Der Grossteil aller Unternehmen berichtet erst gar nicht über Scope-3-Emissionen. Hier müssen Unternehmen dringend besser werden und enger zusammenarbeiten, denn Treibhausgasemissionen sind die Hauptursache für den Klimawandel und damit auch einer der signifikantesten Treiber für den Verlust von Biodiversität.
Und was geschieht mit den Daten?
Die ermittelten Nachhaltigkeitsdaten sollten direkt in die Unternehmensprozesse und in die Unternehmens-DNA integriert werden. So können alle relevanten Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auf dynamisch-aktuelle Nachhaltigkeits- und Finanzdaten zugreifen und damit intelligente Geschäftsentscheidungen fällen, direkt dort, wo Handlungen erforderlich sind. Hierbei denke ich beispielsweise an Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus dem Vorstandsbereich und auch in operativeren Funktionen wie dem Beschaffungswesen, der Produktentwicklung sowie dem Personalwesen. Es wäre ineffizient und auch ineffektiv, diese Daten in Nachhaltigkeitsabteilungen zu belassen beziehungsweise Prozesse damit nicht dynamisch miteinander zu verknüpfen.
Und welche Rolle spielen die Mitarbeitenden?
Es ist entscheidend, dass die Mitarbeitenden – und auch die Geschäftspartner – erfolgreich in die Nachhaltigkeitsbestrebungen des Unternehmens integriert werden. Menschen, die das Unternehmen ausmachen, müssen mit dem Kopf und Herzen abgeholt werden. Ansonsten wird der notwendige Change-Prozess nur unter immensem Aufwand oder gar nicht erst zu bewerkstelligen sein. Zusätzlich zu Bildungsangeboten und internen Multiplikatoren-Netzwerken empfehle ich hierfür beispielsweise auch die Einführung von Nachhaltigkeitszielen beziehungsweise Nachhaltigkeitsbudgets, die auf Unternehmensfunktionen, Prozesse und externe Geschäftspartner heruntergebrochen und gemanagt werden.
Welche Lösungen bietet Ihr Unternehmen konkret in puncto Nachhaltigkeit?
SAP bietet branchenspezifische Lösungen für das Nachhaltigkeitsmanagement in den Bereichen ESG-Steuerung und -Berichterstattung, Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft und soziale Verantwortung. Mit unserem integrierten ERP-Ansatz betten wir das Nachhaltigkeitsmanagement direkt in die Unternehmensprozesse ein und können dadurch eine wertschöpfungsübergreifende Datentransparenz und dynamische Steuerbarkeit ermöglichen. Zu unserem Portfolio zählen so beispielsweise auch neue Lösungen für die transaktionsbasierte CO₂-Bilanzierung über alle Wertschöpfungsebenen hinweg, also inklusive Scope 3. Damit ermöglichen wir, dass CO₂-Emissionen im Einklang mit Finanzdaten gemanagt werden können.
Zudem entwickeln wir auch mittels künstlicher Intelligenz selbstlernende Systeme zur kontinuierlichen Unternehmensoptimierung und Verbesserung der Nachhaltigkeit. Das klingt jetzt eventuell etwas sperrig. Ein greifbares Beispiel dafür ist, dass Unternehmen per Klick aufgezeigt bekommen sollen, wie sie ihren CO₂-Fussabdruck über Wertschöpfungsebenen hinweg reduzieren oder Produkte für die Kreislaufwirtschaft designen können, ohne dabei Ausgaben zu erhöhen, beziehungsweise indem diese sogar reduziert werden.
SAP unterstützt Firmen nicht nur technologisch?
Nein, wir vermitteln auch branchenrelevantes Know-how, Dienstleistungen für das Nachhaltigkeitsmanagement und entsprechende Innova- tionsberatung. Ausserdem teilen wir den Zugang zu unseren Ökosystemen und geben gerne unsere Expertise als Pionier im Nachhaltigkeitsbereich weiter.
Welche Nachhaltigkeitsziele hat SAP für sich selber gesetzt?
Wir haben uns ambitionierte Ziele definiert und sehen den Prozess zu mehr Nachhaltigkeit als eine andauernde Reise. So hat sich SAP gemäss der Science Based Targets Initiative im Rahmen des 1,5-Grad-Ziels verpflichtet, bis 2030 die Netto-null-Emission entlang unserer Wertschöpfungskette zu erreichen. Bis zum Ende des aktuellen Jahres werden wir dies bereits für unsere Scope-1- und -2-Emissionen sowie für eine Auswahl unserer Scope-3-Emissionen erzielt haben, indem wir unsere Emissionen primär reduzieren und, sekundär, in naturbasierte und technische Lösungen investieren, um die bislang unvermeidbaren Emissionen zu kompensieren. Wir haben uns aber auch für die Bereiche Soziales und Governance einiges vorgenommen.
SAP-Kunden erwirtschaften übrigens circa 87 Prozent des weltweiten Handelsvolumens. Darin besteht unser grösster Hebel für Nachhaltigkeit, und dies treibt meine Kolleginnen, Kollegen und mich sehr stark an.