Da das Angebot jedes Mal anders ist, können wir das so nicht sagen. Die Kundinnen und Kunden wissen nie, was sie beim nächsten Einkauf bekommen. «Tischlein deck dich» ist zwar ein tolles Märchen, aber ein solches Schlaraffenland können wir natürlich nicht bieten.
Der Slogan von Tdd lautet «Lebensmittelrettung und Lebensmittelhilfe». Seit 1999 gehört Ihr Verein damit zu den Food-Waste-Pionieren der Schweiz. Liegt darauf das besondere Augenmerk?
Neben der Lebensmittelrettung fokussieren wir uns auf die sinnvolle Umverteilung und wollen vor allem armutsbetroffene Personen und Familien damit unterstützen. Ein Einkauf kostet symbolisch einen Franken.
Jedes sechste Kind in der Schweiz wächst in Armut auf. Wie kommt Ihr Angebot zu den Familien?
Wir sind in Kontakt mit 1400 Sozialfachstellen. Neben dem gängigen Beratungsangebot können diese dann Kundenkarten von uns anbieten. Mit dieser Karte und dem symbolischen Franken sowie einer eigenen Tragtasche können unserer Kundinnen und Kunden dann bei einer der 149 Abgabestellen einkaufen. Sie erhalten dabei ein richtiges Einkaufserlebnis.
Und damit erreicht Tdd wöchentlich wie viele Menschen?
Schweizweit rund 23'000.
Lebensmittel werden aber immer günstiger. Kommen deshalb weniger Menschen zu Tdd einkaufen?
Nein, im Gegenteil: Wir haben einen wachsenden Kundenstamm. Wenn es um die Food-Waste-Problematik geht, sehen wir in einem längerfristigen Kontext, dass günstigere Lebensmittel das Wegwerfen davon verstärken. Gaben vor 50 Jahren Haushalte noch rund 40 Prozent des Budgets für Lebensmittel aus, sind wir heute bei rund acht Prozent. Im Bereich Food-Waste sowie bei der Unterstützung von Armutsbetroffenen gibt es noch enorm viel Potenzial. Das Ziel wäre natürlich, dass Tdd eines Tages nicht mehr benötigt wird.
Was ist der Hauptgrund für die Lebensmittelverschwendung?
Das Angebot richtet sich an den Bedürfnissen aus: Viele Leute wollen auch im Dezember noch Erdbeeren essen. Würden wir den Einkauf der tatsächlichen Nachfrage anpassen, gäbe es definitiv weniger Ressourcenverschleiss.
Wo fängt man am besten an, wenn man den Überfluss zurückfahren möchte?
Es beginnt bei einem selbst. Hierfür müssen wir subito lernen, gemeinsam anzupacken. Sensibilisierte, mündige Konsumentinnen und Konsumenten treffen umweltfreundlichere Entscheidungen, doch auch die Detailhändler müssen mitmachen und ihr Angebot verschlanken. Anstatt abends 20 Brotsorten anzubieten, würden fünf ja auch reichen, oder? Da müssten aber die Konsumenten mitziehen und sagen: Ja, da wird jetzt nun nicht mein Lieblingsbrot angeboten, aber ich versteh’s und finde es super. Das mag nicht so attraktiv sein, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, es wäre jedoch deutlich nachhaltiger. Produzenten, Verkäufer und Kunden müssen an einem Strang ziehen.
Ist die Sensiblierung dafür vor allem Sache der Politik, von Detailhändlern oder Organisationen wie Tdd?
Im ersten Jahrzehnt gegen Food-Waste waren es insbesondere Organisationen wie wir, die aktiv wurden. Im letzten Jahrzehnt dann auch die Detailhändler. Und aktuell findet dieses Engagement in der Politik Anklang. Ziel der Agenda 2030 ist ja unter anderem, Food-Waste zu halbieren. Wir alle müssen komplementär einen Beitrag leisten und das Problem gemeinsam angehen.
Tdd arbeitet mit Lidl Schweiz zusammen. Doch wie läuft das eigentlich – von den unverkauften Produkten im Laden bis zur Abgabe?
Bei Detailhändlern wie Lidl gibt es zwei Orte, an denen sich überschüssige Lebensmittel ansammeln: In den Filialen und in den logistischen Verteilzentren. Diese Ware bringen wir dann unser regionales Logistiklager nach Winterthur, wo alles sortiert und geprüft wird. Wichtig ist nämlich, dass die Lebensmittel bis zur nächsten Abgabe frisch sind. Die Abgabestellen sind für jeweils eine Stunde geöffnet. Bis dahin lagern wir die Lebensmittel in grossen Kühlräumen oder trocken und sicher verpackt.