Verpackungen aus ausgepressten Früchten
Seit 2019 forscht die Empa im Auftrag von Lidl Schweiz im Labor Cellulose & Wood Materials in Dübendorf ZH an der innovativen Schutzschicht. Dabei wird Trester – die festen Rückstände von ausgepressten Früchten und Gemüse – zu fibrillierter Cellulose weiterverarbeitet. Nach erfolgreicher Vorstudie möchte die Empa nun in einer Hauptstudie herausfinden, wie die Schutzschicht am besten auf die Lebensmittel aufgetragen wird und wie man den Prozess ausserhalb des Labors skalieren kann.
«Für Konsument:innen ist die Cellulose-Schicht unbedenklich», erklärt Julia Baumann, Department Manager CSR & Sustainability bei Lidl Schweiz. «Die Schutzschicht ist abwaschbar und muss nicht mitgegessen werden. Da Cellulose aber ein natürliches Produkt ist, kann diese ohne Weiteres verzehrt werden.» Das gelte auch für Allergiker:innen. In der Hauptstudie wird das Coating aber noch einmal auf allfällige Reststoffe überprüft, um so allergische Reaktionen ausschliessen zu können.
Es wäre absurd, Früchte und Gemüse einzig für das Coating anzubauen. Deshalb werden für die neuartige Verpackung nur Reststoffe verwendet. Dazu Tanja Zimmermann, Direktorin der Empa: «Wir verfolgen mit unserer Forschung den Kreislaufgedanken und bringen Abfallmaterialien eine neue Wertschöpfung unter dem Motto «Rüebli schützt Gurke». Mit der Cellulose-Schutzschicht werden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die neuartige Verpackung ermöglicht nicht nur die Reduktion von Plastik, sie trägt auch dazu bei, die Verschwendung von Lebensmitteln, zu reduzieren. So konnte die Haltbarkeit von Gurken dank des Coatings um sechs Tage, die von Bananen sogar um mehr als eine Woche verlängert werden.
Laut Lidl-Nachhaltigkeitsmanagerin Julia Baumann ist das Projekt gut im Zeitplan. Künftig soll die natürliche Verpackung in den mehr als 160 Lidl-Filialen in der Schweiz eingesetzt werden. Die Zusammenarbeit mit der Empa ist jedoch nicht die einzige Massnahme, die Lidl Schweiz für mehr Nachhaltigkeit ergriffen hat.
Für nicht verkaufte Ware gibt es ein Verwertungsverfahren
Für einen grossen Lebensmittelhändler wie Lidl Schweiz ist das Thema Food Waste zentral. Stets wird betont, dass Effizienz und Einfachheit das Erfolgsgeheimnis seien. Konkret schaue man auf straffe Bestellprozesse des – mit anderen Detailhändlern verglichen – nur 2000 Produkte umfassenden Lidl-Sortiments. Das heisst, dass die einzelnen Filialen sehr gezielt Artikel und Frischware bestellen, ohne Lagerhaltung. Bleiben dennoch Lebensmittel übrig, gibt es ein klares Verwertungsverfahren, wie Baumann erklärt. Jeden Morgen prüfen Mitarbeitende, ob gerade Mindesthaltbarkeitsdaten beziehungsweise Verbrauchen-bis-Daten auf den Produkten vor dem Verfall stehen. Falls ja, werden die Produkte zu einem reduzierten Preis angeboten. Brote vom Vortag werden als solches angeschrieben und ebenfalls vergünstigt angeboten.
Darüber hinaus arbeitet Lidl Schweiz mit Lebensmittelabgabeorganisationen wie der «Schweizer Tafel» oder «Tischlein deck dich» zusammen. Produkte, die man nicht mehr verkaufen konnte und die nicht gekühlt werden müssen, werden via Filiale oder via Verteilerzentrum an diese Organisationen gespendet.
Weiter besteht eine Kooperation mit der App «Too Good To Go», in der man sogenannte «Überraschungspäckli» kaufen und in der Stadt Zürich in Filialen abholen kann. Darin enthalten ist überschüssiges Essen wie Früchte, Gemüse und Backwaren. Falls trotz Präventionsmassnahmen wie der Preisreduktion oder der Abgabe an karitative Organisationen übrig bleiben, werden diese in der Biogas-Anlage verwertet. «Keine Lebensmittel landen im Müll», versichert Baumann. Als erster Detailhändler ist Lidl Schweiz der Initiative «Oft länger gut» von Too Good To Go beigetreten.
Der Hinweis, «Oft länger gut» wird auf ausgewählte Eigenmarkenverpackungen gedruckt und weist darauf hin, dass das Lebensmittel auch nach dem Mindesthaltbardatum geniessbar sein können.
Mit R-PET jährlich 357 Tonnen Plastik sparen
Auf die Frage, was das Ziel der «Reset Plastic»-Strategie sei, antwortet Baumann: «Mit Reset Plastic möchten wir den Plastikeinsatz verringern und geschlossene Kreisläufe erreichen». Worum es dabei geht, veranschaulichen zum Beispiel die Aufbewahrungsboxen und Wäschekörbe von Lidl. Diese bestehen aus 95 Prozent recyceltem Plastik. So wird Plastikabfall aus privaten Haushalten durch die Sparte «PreZero» gesammelt und zu Kunststoff-Regranulat weiterverarbeitet. Daraus entstehen wiederum Produkte wie Aufbewahrungsboxen und Wäschekörbe oder Blumenkästen.
Auch bei Getränkeverpackungen erzielt Lidl Schweiz Innovationserfolge: Nachdem die Eigenmarkenflasche «Saskia» 2019 aus 100 Prozent recyceltem Material hergestellt wurde, folgten Anfang 2022 die 1,5 Liter Flaschen der Eigenmarke «Saguro», die ebenfalls aus R-PET bestehen. Gemäss Medienmitteilung lassen sich somit 157 Tonnen neues Plastik pro Jahr sparen. Addiert man noch den Teil der «Saskia»-Flaschen dazu, spart Lidl Schweiz sogar 357 Tonnen. Eine enorme Menge.
So ist das eben mit der Nachhaltigkeit: Verpackungen sind das eine – mitanpacken müssen aber alle.