Ein altes Gesetz erschwert die günstige Kreditaufnahme
Doch gerade KMU oder Jungunternehmen haben häufig wenig bis gar keine Vermögenswerte, die sie der Bank als Sicherung überlassen können. Bilanzaktiven wie etwa Fahrzeuge oder Maschinen benötigen die Unternehmen meist zur Aufrechterhaltung des Betriebs und können demnach nicht als Gläubigerschutz eingesetzt werden. Grund für diese Situation ist das Faustpfandprinzip.
Dieses Prinzip wurde in der Schweiz 1881 eingeführt. Es diente damals als Gläubigerschutz, indem potenzielle Gläubiger davor bewahrt werden sollten, einen Schuldner aufgrund seines Besitzes falsch einzuschätzen und ihm zu viel Kredit zu gewähren. Denn liegt ein Gut physisch in der Obhut der Bank oder eines anderen Gläubigers, kann es von dem Unternehmen nicht für weitere Kredite als Sicherheit eingesetzt werden. Allerdings wurden mit der Zeit verschiedene Instrumente geschaffen, welche die Verbindung zwischen Besitz und Vermögen aufweichen. Allgemein bekannt ist beispielsweise das Grundbuch für den Eintrag von Hypotheken, also Sicherheiten an Immobilien. Für Mobilien, das heisst bewegliche Objekte, kann beispielsweise ein Eigentumsvorbehalt im Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen werden, wenn ein Objekt abgezahlt wird. Damit deklarieren Gläubiger und Schuldner offiziell, dass sich ein bewegliches Gut zwar bereits im Besitz des Schuldners befindet, es aber – bis zur vollständigen Bezahlung – noch das Eigentum des Gläubigers ist. Im Falle eines Konkurses des Schuldners fällt dieses Objekt nicht in die sogenannte Konkursmasse, sondern wird für den Gläubiger ausgesondert. Dieser Eintrag ins Register hat Publizitätswirkung, das heisst, auch potenzielle neue Gläubiger können das Register einsehen. Dennoch ist dieses Vorgehen praxisuntauglich, denn in der Schweiz gibt es ganze 400 separate, nicht digitale und nicht miteinander verbundene Register, was eine zielgerichtete Suche verunmöglicht.
Bundesrat ist sich der Praxisuntauglichkeit bewusst
In Zukunft könnte die Digital-Ledger-Technologie (DLT) Abhilfe schaffen. Mit einem einzigen digitalen Register können Eigentumsrechte sicher dokumentiert und weltweit eingesehen werden. Cornelia Stengel, Rechtsanwältin und Geschäftsführerin des Schweizerischen Leasingverbands ergänzt: «Die Schweiz ist auf dem Gebiet der DLT bereits führend und kann mit einem solchen konkreten Anwendungsbeispiel ihre starke Position weiter ausbauen». Auch der Bundesrat ist sich der Praxisuntauglichkeit des Eigentumsvorbehaltsregisters bewusst. Als Antwort auf eine Motion von Ständerat Beat Rieder räumt er in diesem Zusammenhang ein, dass das Eigentumsvorbehaltsregister gerade im internationalen Handel zu einem Nachteil für Schweizer Unternehmen führen könne. In einer vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und Bundesamt für Justiz (BJ) in Auftrag gegebenen Regulierungsfolgenabschätzung wurde die Nachfrage nach einer solchen Mobiliarhypothek abgeklärt, und es wurden insbesondere vier Gruppen von KMU identifiziert, die grosses Interesse bekunden, darunter solche, die «klein sind, erst kurz am Markt tätig sind und einen relativ grossen Investitionsbedarf aufweisen». Genannt wurden explizit auch Unternehmen aus der Kreislaufwirtschaft.
Letztendlich profitieren Konsumentinnen und Konsumenten
Bei Credit Suisse spürt man einen wachsenden Finanzierungsbedarf in diesem Sektor. «Die Nachfrage nach Finanzierungen für Geschäftsmodelle im Bereich der Kreislaufwirtschaft hat in den vergangenen Jahren zugenommen», sagt Malte Lindberg, Leiter Corporate Leasing Schweiz, Credit Suisse. Die «Circular Economy» zeichnet sich – anders als die lineare Wirtschaft – dadurch aus, dass Materialien und Produkte möglichst lange im Umlauf bleiben. Dafür setzen Unternehmen der Kreislaufwirtschaft auf modulare, zerlegbare sowie wart- und reparierbare Materialien. Die Herstellung solcher langlebigen Produkte ist vor allem eines: teuer. Doch mit einer Revision des Mobiliarsicherungsrechts würden genau diese werthaltigen Produkte zum Vorteil für innovative Unternehmen werden. «Könnten Sachen wie etwa Grundstücke bei Hypotheken für die Besicherung von Krediten herangezogen werden, könnten Firmen mit nutzenbasierten Geschäftsmodellen ihre werthaltigen Produkte als Sicherheiten geben und so günstiger Kredite aufnehmen», erklärt Stengel. Dies würde gemäss der Rechtsanwältin zu günstigeren Angeboten für die Konsumentinnen und Konsumenten führen.