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Antoinette Hunziker-Ebneter spricht auf einer Bühne

Antoinette Hunziker-Ebneter während des Sustainable Switzerland Forums 2024 in Bern.

Wirtschaft

«Nachhaltigkeit ist der neue Standard im Anlagegeschäft»

Antoinette Hunziker-Ebneter, eine Pionierin des nachhaltigen Investierens, spricht über die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Finanzbranche und den Einfluss, den Anleger auf Unternehmen ausüben können.

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Seit der Gründung von Forma Futura vor fast zwei Jahrzehnten hat Antoinette Hunziker-Ebneter massgeblich dazu beigetragen, nachhaltiges Investieren in der Finanzwelt zu etablieren. Heute sieht sie Nachhaltigkeit nicht nur als Trend, sondern als unverzichtbares Element moderner Finanzstrategien. Im Interview erklärt sie, was Nachhaltigkeit in der Finanzbranche wirklich bedeutet, wie Greenwashing erkannt werden kann und warum kritische Anleger eine Schlüsselrolle bei der Transformation der Branche spielen.

Frau Hunziker-Ebneter, wie bewerten Sie den aktuellen Stand der Nachhaltigkeit in der Finanzbranche?

Als Forma Futura vor rund 18 Jahren gegründet wurde, war Nachhaltigkeit in der Finanzbranche noch eine Nische. Inzwischen sind nachhaltige Anlagen das «New Normal» in der Vermögensverwaltung. Manche sprechen von einem Trend, ich bin jedoch der Überzeugung, dass Nachhaltigkeit der neue Standard im Anlagegeschäft ist – oder zumindest bald sein wird. Das Angebot an nachhaltigen Anlagen wird immer grösser, und die Kundinnen und Kunden können nun wählen, wie viel Nachhaltigkeit sie bei ihren Anlagen wünschen.

Antoinette Hunziker-Ebneter ist seit 2006 Gründungspartnerin der Forma Futura Invest AG, einer unabhängigen Vermögensverwaltungsgesellschaft, die sich auf finanziell solide und nachhaltige Anlagen für private und institutionelle Kunden spezialisiert hat. Zudem leitet sie seit 2015 den Verwaltungsrat der Berner Kantonalbank AG (BEKB). Mit über 30 Jahren Erfahrung im Finanz- und Risikomanagement, darunter als Vorsitzende der Schweizer Börse und Konzernleitungsmitglied der Bank Julius Bär & Co, gilt sie als Pionierin in der Branche. Darüber hinaus engagiert sie sich als Mitgründerin der waterkiosk foundation, die Projekte zur Bereitstellung von sauberem Trinkwasser in Schwellenländern unterstützt.

Gibt es internationale Richtlinien, an denen sich Kundinnen und Kunden orientieren können?

Es gibt zurzeit noch keinen globalen Konsens darüber, was als nachhaltig bezeichnet werden darf und was nicht. Daher ist die Umsetzung der Nachhaltigkeit von Anbieter zu Anbieter sehr unterschiedlich. Dazu kommt, dass gewisse Finanzdienstleister die Nachhaltigkeit noch ausschliesslich aus der Risikoperspektive betrachten. Dieser Aspekt berücksichtigt die Auswirkungen nachhaltigkeitsbezogener Risiken auf die Rentabilität von Unternehmen, nicht aber die Konsequenzen der Aktivitäten von Unternehmen auf die Gesellschaft und die Natur.

Glauben Sie, dass nachhaltige Geldanlagen tatsächlich einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und Natur haben können?

Ja, denn Geld bewegt die Welt. Die steigende Nachfrage von privaten und institutionellen Anlegern nach nachhaltigen Geldanlagen wird für Verwaltungsräte und CEOs ein wichtiger Einflussfaktor und Handlungstreiber sein, um die Transformation ihrer Unternehmen hin zu mehr Nachhaltigkeit im eigenen Betrieb und in der Lieferkette zu beschleunigen. Neben den Kundinnen und Kunden, den Aktionären und den Regulierungsbehörden haben auch die Investorinnen und Investoren eine gestaltende Kraft bei der Förderung der Nachhaltigkeit.

Wie können Anleger sicherstellen, dass nachhaltige Anlageprodukte tatsächlich nachhaltig sind und nicht nur als solche dargestellt werden?

Wenn Anlegerinnen und Anleger wissen wollen, ob ihr Geld wirklich nachhaltig angelegt wird, sollten sie ihren Finanzdienstleister und die angebotenen Produkte kritisch hinterfragen. Dazu gehört, sämtliche Informationen, die sie für einen Anlageentscheid benötigen, kompromisslos einzufordern und auch Konsequenzen zu ziehen, wenn ihre Ansprüche und Erwartungen nicht erfüllt werden. Für die Nachhaltigkeitstransformation brauchen wir kritische Anlegerinnen und Anleger, die wissen wollen, inwiefern und wie genau Finanzinstitute ihrer Verantwortung nachkommen und wie offen oder eng sie Nachhaltigkeit interpretieren und schliesslich auch in ihren Geschäftstätigkeiten umsetzen. Unsere Kundinnen und Kunden hinterfragen uns im offenen Austausch immer wieder kritisch – das unterstützt unsere Weiterentwicklung.

Was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen nachhaltigen Geldanlagen und traditionellen Investitionen?

Ein wesentlicher Unterschied liegt in der Intention: Während traditionelle Investitionen die Maximierung der finanziellen Rendite zum Ziel haben, beabsichtigen nachhaltige Geldanlagen mindestens eine Verminderung der negativen Auswirkungen der Investitionen auf Gesellschaft und Umwelt und bei den ambitionierteren Ansätzen sogar eine positive Wirkung. Je nach Kombination von nachhaltigen Ansätzen ist diese Absicht auch in der effektiven Umsetzung erkennbar: So sind beispielsweise ein zur Anwendung kommender rigoroser und ganzheitlicher Selektionsprozess, konsequente Dialogstrategien und Voting Beispiele dafür, wie sich nachhaltige Geldanlagen von traditionellen Investitionen unterscheiden.

Wie stehen die Renditechancen nachhaltiger Anlagen im Vergleich zu herkömmlichen?

Mehrere Studien kommen zum Schluss, dass nachhaltige Anlagen über eine längere Frist gleich gut rentieren wie konventionelle Anlagen. Unsere Erfahrung bei Forma Futura zeigt, dass auch mit einem rigorosen nachhaltigen Anlageprozess und Auswahlverfahren kompetitive Renditen erzielt werden können. Langfristig gesehen sind Unternehmen, die sich schon lange und seriös mit Nachhaltigkeit befassen, sehr gut für die Zukunft aufgestellt. Sie haben die nötigen Weichen gestellt, die es für die Transformation braucht, auch im Bereich der Energiewende. Der Investment Case für diese Unternehmen bleibt deshalb insbesondere aus langfristiger Perspektive überzeugend.

Welche Massnahmen können Unternehmen ergreifen, um Greenwashing zu vermeiden?

Verschiedene Regulierungen – besonders auf EU-Ebene – versuchen, Greenwashing über Transparenzverordnungen und Deklarationspflichten zu verhindern. Transparenz ist sehr wichtig, aber allein nicht ausreichend. Die Kommunikation über Nachhaltigkeit soll auch verständlich sein. Um Greenwashing zu vermeiden, sollten sich Unternehmen zu einer offenen, transparenten, ehrlichen und verständlichen Kommunikation über ihre Geschäftspraktiken, Produkte und deren Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt verpflichten.

Das Interview mit Antoinette Hunziker-Ebneter entstand im Rahmen des Sustainable Switzerland Forums 2024. Mehr zu ihrem Auftritt und das Forum selbst finden Sie hier.

Dieser Artikel behandelt folgende SDGs

Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.

8 - Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum
9 - Industrie, Innovation und Infrastruktur
16 - Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen

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