Mitarbeiter gezielt qualifizieren
Was im handverlesenen Führungsteam noch funktioniert, ist für den Roll-Out im Unternehmen in der Regel zu unverbindlich. In der Einbettungsphase müssen spezifische Nachhaltigkeitskompetenzen in jeder Unternehmensfunktion verankert werden. Die Mitarbeiter im Rechnungswesen etwa müssen sich mit der Kohlenstoffbilanzierung auskennen, für den Einkauf ist die Dokumentation von Emissionen über die Lieferketten wichtig, in der Rechtsabteilung sind regulatorische Vorgaben, beispielswiese die EU-Gesetzgebung zur CO2-Besteuerung, zu berücksichtigen. Die Londoner Grossbank HSBC hat deshalb eine unternehmenseigene Sustainability-Akademie ins Leben gerufen. Allein im Jahr 2022 wurden hier mehrere Tausend Mitarbeitende zu Nachhaltigkeitsthemen geschult. Auch der indische Stahlhersteller JSW Steel bietet seinen Beschäftigten Präsenz- und Onlineschulungen an. BCG wiederum ergänzt die interne Klima- und Nachhaltigkeitsakademie durch Partnerschaften, beispielsweise mit der Cambridge Judge Business School oder der Columbia Climate School.
«Handabdruck» eingeführt
Von der Führungskraft bis zum Praktikanten – die Mitarbeitenden sind der Schlüssel für den Change zu einem nachhaltigen Unternehmen. Jede und jeder einzelne muss die Nachhaltigkeitsagenda zum festen Bestandteil der täglichen Arbeit machen, sie muss Teil der Unternehmenskultur werden. Dies ist der Inhalt von Phase drei: der Beschleunigung. Mit ihr nimmt die Nachhaltigkeitsagenda Fahrt auf. Jetzt ist es wichtig, wirklich alle Beschäftigten mitzunehmen und sie zu Botschafterinnen und Botschaftern der Nachhaltigkeitsstrategie zu machen.
Owens Corning, einer der grössten Glasfaserhersteller weltweit, hat es geschafft, das Thema intern positiv zu besetzen. Den negativen Klima-Fussabdruck, den es zu reduzieren gilt, hat Corning um einen «Handabdruck» ergänzt. Dieser steht für alles, was das Leben der Menschen verbessern kann. Dazu gehören recycelbare Materialien, Kreislaufwirtschaft, Transparenz bei der Rohstoffbeschaffung und die Reduzierung der Emissionen von Zulieferern. Der positive Handabdruck schafft so eine inspirierende Unternehmenskultur, die die Nachhaltigkeit betont.
Bei Microsoft hat die interne Klimasteuer viele Mitarbeitende aktiviert. Bereits seit 2012 müssen einzelne Abteilungen aus ihren Budgets interne CO2-Abgaben zahlen. Diese Klimasteuer wurde im Januar 2020 auf Scope-3-Emissionen erweitert. Damit ist die gesamte Lieferkette – für alle gekauften Waren, Geschäftsreisen bis hin zum Pendelverkehr zwischen Wohnort und Arbeitsplatz – abgedeckt. Durch die Erweiterung auf Scope 3 wurde ein breiteres Segment des Unternehmens auf Emissionen und Nachhaltigkeit aufmerksam. In der Folge bildeten sich in der gesamten Organisation Initiativen zur CO2- Reduzierung.
In Ausbildung investieren
Nachhaltigkeitsziele erfolgreich umzusetzen ist nicht nur eine Frage der Verantwortung gegenüber der Umwelt, sondern auch eine Investition in die Zukunft des Unternehmens. «Die Wertschöpfung für die Aktionäre wird zunehmend von einer effektiven Führung im Bereich der Nachhaltigkeit abhängen und die Mitarbeiter sind für diesen Fortschritt von entscheidender Bedeutung», so Rich Lesser, Global Chair von BCG und Mitverfasser des Berichts.
Unternehmen müssen, so der Appell des Berichts, in die Ausbildung ihrer Mitarbeitenden investieren. Aber auch andere Akteure können und sollen einen Beitrag leisten: Bildungsanbieter und -einrichtungen, die passgenaue multidisziplinäre Schulungsinhalte entwickeln, Industrieorganisationen und -verbände, die Standards für Schlüsselfunktionen etablieren und Regierungen, die Unternehmen Anreize geben, in die Fortbildung zu investieren.