Der Bundesrat hat Ende Juni die Details zur erweiterten Gesetzgebung über die Nachhaltigkeitsberichterstattung bekannt gegeben. Die Anpassung der Schwellenwerte an die EU-Standards und die Einführung einer Prüfpflicht sind konsequent. Der Bundesrat sieht die europäischen Standards als Vorbild für Schweizer Unternehmen und möchte andere Standards nur bei Gleichwertigkeit zulassen. Die Kriterien für diese Gleichwertigkeit müssen aber zuerst definiert werden, denn faktisch existiert heute kein anderer Standard, der die doppelte Wesentlichkeit im gleichen Ausmass berücksichtigt. Eine einseitige Bindung wird geschaffen.
Augenmass gefragt
In der Schweizer Rechtstradition setzt man auf eine prinzipienorientierte Rechtsordnung und darauf, weder den Individuen noch den Unternehmen die Wahl der für sie richtigen Vorgehensweise vorwegzunehmen. Es sollte also den Unternehmen überlassen sein, aus einer sinnvollen Auswahl vergleichbarer Standards denjenigen Standard auszuwählen, der den Bedürfnissen ihrer Anspruchsgruppen entspricht – wie es heute an der Börse bei der finanziellen Berichterstattung der Fall ist.
Auch Augenmass und Verhältnismässigkeit sind nötig, um in der KMU-geprägten Schweizer Wirtschaft über die Berichterstattungsübung nicht den erhofften «Impact» aus dem Fokus zu verlieren, weil man zu stark mit der Mechanik der Informationsbereitstellung beschäftigt ist. Es ist genauso wichtig, dass einheitliche Standards zwar die Vergleichbarkeit erlauben, aber nur eine unabhängige Prüfung die Vollständigkeit, Richtigkeit und auch die Wesentlichkeit der Offenlegungen sicherstellen kann.
Folgt man der Bundesverwaltung, so kann man lesen, dass es in Anlehnung an einige wenige europäische Länder jedoch mehr Wettbewerb zwischen den Prüfdienstleistern brauche, um die Kosten der Dienstleistung in einer teuren Regulierungsvorlage zu senken. Daher schlägt der Bundesrat vor, auch Konformitätsbewertungsstellen neu als Prüfer von Nachhaltigkeitsberichten zuzulassen. Nur: Ein Wettbewerb nur um des Preisdrucks Willen ist weder der Unabhängigkeit noch der Qualität der Prüfungsdienstleistungen förderlich. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es dem Prüfer erlauben, seine Rolle unabhängig wahrzunehmen. Nur so kann der Prüfer im Zweifelsfall dem zu prüfenden Kunden auch einmal die gelbe oder rote Karte zeigen und echten Mehrwert für die Berichtsadressaten schaffen.