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Für Schweizer Unternehmen soll bald eine Prüfpflicht nach europäischen Nachhaltigkeitsstandards gelten. Foto: Adobe Stock

Für Schweizer Unternehmen soll bald eine Prüfpflicht nach europäischen Nachhaltigkeitsstandards gelten. Foto: Adobe Stock

Wirtschaft Partner Inhalt: EXPERTsuisse

Qualität und Unabhängigkeit der Prüfer entscheidend

Der Bundesrat plant, die Nachhaltigkeitsberichterstattung an das europäische Regelwerk anzupassen und eine Prüfpflicht einzuführen. Unternehmen sollen sowohl die finanzielle als auch die «Impact»-Wesentlichkeit im Blick behalten – eine Herausforderung für die Firmen und deren Prüfer.

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Qualität und Unabhängigkeit der Prüfer entscheidend

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Der Bundesrat hat Ende Juni die Details zur erweiterten Gesetzgebung über die Nachhaltigkeitsberichterstattung bekannt gegeben. Die Anpassung der Schwellenwerte an die EU-Standards und die Einführung einer Prüfpflicht sind konsequent. Der Bundesrat sieht die europäischen Standards als Vorbild für Schweizer Unternehmen und möchte andere Standards nur bei Gleichwertigkeit zulassen. Die Kriterien für diese Gleichwertigkeit müssen aber zuerst definiert werden, denn faktisch existiert heute kein anderer Standard, der die doppelte Wesentlichkeit im gleichen Ausmass berücksichtigt. Eine einseitige Bindung wird geschaffen.

Augenmass gefragt

In der Schweizer Rechtstradition setzt man auf eine prinzipienorientierte Rechtsordnung und darauf, weder den Individuen noch den Unternehmen die Wahl der für sie richtigen Vorgehensweise vorwegzunehmen. Es sollte also den Unternehmen überlassen sein, aus einer sinnvollen Auswahl vergleichbarer Standards denjenigen Standard auszuwählen, der den Bedürfnissen ihrer Anspruchsgruppen entspricht – wie es heute an der Börse bei der finanziellen Berichterstattung der Fall ist.

Auch Augenmass und Verhältnismässigkeit sind nötig, um in der KMU-geprägten Schweizer Wirtschaft über die Berichterstattungsübung nicht den erhofften «Impact» aus dem Fokus zu verlieren, weil man zu stark mit der Mechanik der Informationsbereitstellung beschäftigt ist. Es ist genauso wichtig, dass einheitliche Standards zwar die Vergleichbarkeit erlauben, aber nur eine unabhängige Prüfung die Vollständigkeit, Richtigkeit und auch die Wesentlichkeit der Offenlegungen sicherstellen kann.

Folgt man der Bundesverwaltung, so kann man lesen, dass es in Anlehnung an einige wenige europäische Länder jedoch mehr Wettbewerb zwischen den Prüfdienstleistern brauche, um die Kosten der Dienstleistung in einer teuren Regulierungsvorlage zu senken. Daher schlägt der Bundesrat vor, auch Konformitätsbewertungsstellen neu als Prüfer von Nachhaltigkeitsberichten zuzulassen. Nur: Ein Wettbewerb nur um des Preisdrucks Willen ist weder der Unabhängigkeit noch der Qualität der Prüfungsdienstleistungen förderlich. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es dem Prüfer erlauben, seine Rolle unabhängig wahrzunehmen. Nur so kann der Prüfer im Zweifelsfall dem zu prüfenden Kunden auch einmal die gelbe oder rote Karte zeigen und echten Mehrwert für die Berichtsadressaten schaffen.

«Prüfkompetenz ist der Schlüssel zu einer hohen Dienstleistungsqualität.»

Gleiche Bedingungen

Spannend ist, dass gemäss den Erhebungen des Swiss Audit Monitor 2024 bei einem Wechsel der Prüfstelle die Revisionshonorare bei kotierten Unternehmen über einen längeren Zeitraum gesunken sind. Ein Hinweis darauf, dass der Wettbewerb innerhalb der Branche auch ohne staatliche Intervention funktioniert. Wieso sollte das in der Nachhaltigkeitsberichterstattung anders sein?

Wettbewerb hin oder her, die Prüfkompetenz ist der Schlüssel zu einer hohen Dienstleistungsqualität. Dafür sind zwei Dinge erforderlich: Erstens ein klarer Prüfauftrag mit definiertem Umfang und geklärten Haftungsfragen. Zweitens müssen für alle Prüfer von Nachhaltigkeitsberichten gleiche Bedingungen gelten. Das betrifft den Nachweis der Aus- und Weiterbildung, die Unabhängigkeitsregeln, die Anforderungen an die Qualitätssicherung und die Prüfstandards. Nur vergleichbare Anforderungen für Prüfdienstleister zu definieren, wäre verfehlt und würde zu Qualitätsunterschieden führen. Entscheidend ist die Methodenkompetenz des Prüfers – das weiss auch der Bundesrat. Er ist es, der durch die vorgeschlagenen Anpassungen im Obligationenrecht die Rolle der Revisionsstelle explizit stärkt.

Zusammengefasst bedeutet dies: Die Wirtschaft wird wesentliche Ressourcen investieren müssen, um die geforderte Transparenz über Nachhaltigkeitsaspekte bereitstellen zu können. Dabei unterstützt sie der Wirtschaftsprüfer, um eine glaubwürdige, relevante und vollständige Offenlegung sicherzustellen. Darum ist festzuhalten, dass Prüfkompetenz unverzichtbar bleibt, egal, ob die finanzielle oder die nicht-finanzielle Berichterstattung geprüft wird.

Foto: PD

Foto: PD

Joachim Beil M.A. HSG und dipl. Wirtschaftsprüfer, ist Mitglied der Geschäftsleitung von Expertsuisse und Leiter Nachhaltigkeit

Deklaration: Dieser Inhalt wurde von Expertsuisse im Rahmen der Partnerschaft mit Sustainable Switzerland selbst erstellt.

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