Keine Standardlösungen
Der Nachholbedarf ist gross, und Kunden verlangen zunehmend Nachweise. Viele Schweizer KMU seien zwar intrinsisch auf Nachhaltigkeit getrimmt, also auf langfristige Stabilität des Unternehmens, erklärt Adrian Stoll, Director Supply Chain Sustainability & ESG Reporting bei KPMG. Doch KMU zeichneten sich häufig durch beständiges und konservatives Wirtschaften aus. «Schnelle, innovative Transformationszyklen können hierbei eine besondere Herausforderung sein.» Mit anderen Worten: Wer bei der hohen Veränderungsgeschwindigkeit nicht mithalten kann, fällt zurück. Die Umstellung bei Prozessen und Betriebsstrukturen ist offenbar die grösste Hürde. Stoll macht allerdings auch klar, dass es hierfür keine einfa- chen Standardlösungen gibt. Für Thomas Züger braucht es in diesem Zusammenhang eine strategische und operative Einbettung in die Organisation und ein – oftmals von externer Seite unterstütztes – Change-Management.
Für die Ebnat AG, Hersteller von Mundhygieneprodukten, steht fest, dass man am Thema Nachhaltigkeit kontinuierlich arbeiten muss. «Nachhaltigkeit ist ein stetiger Veränderungs- und Verbesserungsprozess. Und während dieses Prozesses muss man ständig dazulernen», sagt Geschäftsführer Michele Vela.
Richtschnur für Schweizer Unternehmen
Der «Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance» dient seit 2002 als eine Richtschnur für Schweizer Unternehmen. Nun wurde er zum zweiten Mal umfassend überarbeitet: Die Revision 2023 erfolgte vor dem Hintergrund des neuen Aktienrechts und der dynamischen Entwicklungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sie ermöglichte es, die Erfahrungen der letzten Jahre in der Schweiz wie auch die relevanten internationalen Entwicklungen aufzugreifen. Seit der letzten Revision hat sich der Ansatz «comply or explain» für die Berichterstattung von Unternehmen bewährt. So können diese eigene Gestaltungsideen umsetzen, müssen sich aber erklären, falls ihre Corporate Governance von den Empfehlungen des «Swiss Codes» abweicht.
Neue Punkte aufgenommen
Der neue «Swiss Code» kann für alle Unternehmen wertvolle Inputs liefern. Die Corporate Governance sollte so ausgestaltet sein, dass das Ziel einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung erreicht werden kann. Im neuen «Swiss Code» wurden die wesentlichen Elemente der Nachhaltigkeit aufdatiert und neue Punkte integriert.
«Das Kern-Credo des Dokuments und der Gesamtwirtschaft ist, dass Nachhaltigkeit in all ihren drei Dimensionen gelebt werden muss: Wir haben die ökonomische Dimension, die gesellschaftliche und die ökologische», erläutert Mäder. Nachhaltigkeit sei keine Subdisziplin, die man in einem Bericht abhandeln könne, sondern etwas, das das gesamte Unternehmen durchdringen müsse. Wichtig ist, dass dazu die Interessen aller Anspruchsgruppen, nicht nur der Aktionäre beziehungsweise Geldgeber, berücksichtigt werden. Unter anderem bedarf es eines umfassenden Risikomanagements, das auch klimabedingte und Umweltrisiken miteinschliesst. Das fordert auch das Obligationenrecht.
Und last, but not least plädiert economiesuisse für eine transparente Berichterstattung, die wirklich das kommuniziert, was Aktionäre, Mitarbeitende, Kunden oder Zulieferer wissen wollen – und die über das gesetzliche Minimum hinausgeht. «Die Nachhaltigkeits- offenlegung muss dem Unternehmenszweck und der entsprechenden Tätigkeit angemessen ausgestaltet sein und darf sich nicht einfach auf einzelne, eng definierte Gegenstände beschränken», so Christoph Mäder.
Entscheidend für den Erfolg des neuen «Swiss Codes» wird die Akzeptanz in der Wirtschaft sein. Economiesuisse ist zuversichtlich. «Die Präsenz des Codes ist sehr manifest. Er ist eine konsequente Weiterentwicklung und eine Zusammenfassung der Best Practice, und diese Best Practice existiert auch», betont Mäder.