Ein Fünftel aller Gebäude in Paris wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut. Viele sind noch schlechter isoliert als die Gebäude im Haussmann-Stil. Ob alt oder neu: Eine Million Privat-Wohnungen in Paris sind Teil einer Wohneigentümergemeinschaft. Derzeit werden pro Jahr etwa 2000 Privatwohnungen saniert. Das Ziel sind 40 000 – der Weg ist also noch weit. Das ehrgeizige Klimaziel der Stadt lautet: Der Energieverbrauch aller Wohnungen soll halbiert werden.
Urbane Wälder zur Abkühlung
2023 hat der Stadtrat auch das Projekt eines neuen Flächennutzungsplans verabschiedet, den er «bioklimatisch» nennt. Das heisst: Bei jedem Bauvorhaben sollen auch kühle Inseln entstehen, Zufluchtsorte. Und weil Bäume bekanntlich das beste Mittel gegen Hitze sind, soll Paris um 300 Hektar grüner werden. Doch die Suche nach freien Flächen ist mühsam. Zunächst werden vor allem Schulhöfe, Plätze und Strassen entsiegelt und bestehende Parkanlagen erweitert.
Oberbürgermeisterin Anne Hidalgo will in ihrer Amtszeit 170 000 Bäume pflanzen. Einige davon sollen zu «forêts urbaines» heranwachsen. Der erste «urbane Wald» wurde gerade auf einem Platz im Montparnasse-Viertel gepflanzt. Wo früher nackter Asphalt war, wachsen jetzt 470 Bäume in der Erde, dicht an dicht. «Im diesem Wäldchen mit seiner kleinen Lichtung wird es vier Grad kühler sein als ausserhalb», verspricht Hidalgo.
Tangui Le Dantec, Dozent für Umwelttechnik und angewandte Ökologie an einer Pariser Hochschule, ist skeptisch. «Das komplexe Ökosystem Wald funktioniert nicht auf Befehl. Die Bäume haben viel zu wenig Erdreich pro Wurzel, sie werden verkümmern. Und mit dem komplexen Ökosystem eines Walds, seiner vielfältigen Fauna und Flora, hat die Anlage rein gar nichts gemein.»
Szenarien durchgespielt
Zurück zur echten Krisenübung mit ihrer fiktiven TV-Sendung. «Die Hitzewelle hält Paris seit zehn Tagen gefangen, heute haben wir 50 Grad verzeichnet», sagt die Sprecherin. «Es gab Stromausfälle. Die Reparaturen können aber erst gegen Abend ausgeführt werden, weil die Gesundheit der Arbeiter geschützt werden muss.»
Am Nachmittag wurden zwei (weitere) Szenarien durchgespielt. Ein Altersheim benötigt dringend zusätzliches Hilfspersonal, aber eine wichtige S-Bahn-Verbindung ist ausgefallen. Der Krisenstab ruft die Polizei an. Sie soll Sanitäter des Roten Kreuzes von ihren Wohnorten ins Altersheim transportieren. Zwei Grundschulklassen suchen unterdessen in einem Tunnel der ehemaligen Eisenbahnringlinie Zuflucht. Schon vor dem Eingang ist die Luft deutlich kühler. Innen steigt sie nicht über 20 Grad.
Zufluchtsorte für Hitzetage
Alexandre Florentin lässt sich kein Detail entgehen. Der 38-Jährige sitzt als Mitglied der Öko-Splitter-Partei Les Ecologistes im Stadtrat von Paris. Im vergangenen Jahr konnte er durchboxen, dass Anne Hidalgo eine parteiübergreifende Kommission «Paris bei 50 Grad» ins Leben rief, die er selbst geleitet hat.
Der Ingenieur begrüsst die Katastrophenübung, äussert aber auch Kritik: «Bei 43 Grad Hitze ist zu erwarten, dass in Paris viele Klimaanlagen ausfallen. Eine solche Panne kam nicht vor. » Seine Kommission hat in Erfahrung gebracht, dass zumindest in einem Pariser Krankenhaus das Kühlsystem nur bis zur Temperatur von 43 Grad arbeitet. Eine so starke Hitze wurde aber 2019 schon fast erreicht.
Die Ergebnisse der Katastrophenübung sollen in einen neuen Krisenplan einfliessen. Eine Aufgabe aber hat höchste Dringlichkeit: Die Stadt will eine Liste erstellen mit allen Örtlichkeiten, die als Zufluchts- und Frischeräume geeignet sind. Denn die Sorge wächst, dass es im Juli und August unerträglich heiss werden könnte. Genau dann, wenn Paris die Olympischen Spiele austrägt und 15 Millionen Besucherinnen und Besucher erwartet werden.