Komplex und anspruchsvoll
Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, hat sie 2022 die Post CDR AG gegründet. CDR steht für Carbon Dioxid Removal, «CO₂-Entnahme». Das Unternehmen lotet Möglichkeiten und Projekte aus, wie CO₂ der Atmosphäre entzogen und langfristig gespeichert werden kann. «Wir tun dies nicht einfach, weil wir müssen», sagt Philipp Mäder, Geschäftsführer der Post CDR AG, «sondern weil wir davon überzeugt sind, dass es wichtig ist.»
Ein Beirat aus hochkarätigen Fachleuten soll seine wissenschaftliche Expertise beratend einbringen. Mitglied ist zum Beispiel Prof. Dr. Martine Rebetez, Klimaforscherin an der Universität Neuenburg und Senior Scientist an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) in Birmensdorf ZH. Die Aufgabe, der sich die Post CDR widme, sei komplex und anspruchsvoll. «An mir und dem gesamten Beirat ist es, die Post CDR dabei zu unterstützen, die richtigen Projekte auszuwählen », sagt die Klimatologin. Zumal es noch keine erwiesenermassen wirksamen Patentlösungen gebe, auf die man einfach zurückgreifen könne.
Klar ist immerhin, dass Bäume gewaltige Mengen CO₂ speichern. Ein einzelner grosser Baum kann über seine gesamte Lebensdauer der Atmosphäre bis zu 30 Tonnen CO₂ entziehen und speichern. Also heisst die Devise: Aufforsten, was das Zeug hält? «So einfach ist es leider nicht», sagt Prof. em. Dr. Andreas Fischlin. Der Experte für Ökosysteme und Klimawandel gehört ebenfalls dem Beirat an. «Im Zusammenhang mit dem Klimawandel darf man sich nicht auf einzelne Bäume fokussieren, man muss das gesamte Ökosystem Wald betrachten.» Für das Klima ist entscheidend, wie viel Kohlenstoff in einem Wald gebunden wird. «Und hier spielen neben den Bäumen auch Sträucher und vor allem der Boden eine Rolle», erklärt Andreas Fischlin.
Waldprojekt in Thüringen
Die Post CDR hat akribisch nach einem Wald gesucht, der als guter CO₂-Speicher und Lieferant für langlebige Holzprodukte dienen kann, gleichzeitig gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen erfüllt und erst noch verfügbar ist. Fündig wurde sie im ostdeutschen Thüringen. Sie unterzeichnete dort einen Kaufvertrag über 2400 Hektar Wald – etwa die Fläche der Stadt Basel – und wird diesen nachhaltig bewirtschaften. Denn damit Wälder ihre Speicher- und Produktionsaufgaben übernehmen können, muss die ganze Landschaft gemanagt werden – «eine riesige Herausforderung», wie Andreas Fischlin sagt.
Zu dieser Bewirtschaftung gehört neben vielem anderem auch, alte Bäume nicht einfach verrotten zu lassen, denn dann würde das gespeicherte CO₂ wieder freigesetzt. Vielmehr sollen Bäume im richtigen Moment effizient und waldschonend geschlagen und der holzverarbeitenden Industrie zugeführt werden. Auf diese Weise können sie als Baumaterialien oder Möbelstücke noch Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte lang ihre Speicherfunktion beibehalten. «Die Post leistet hier vorbildliche Arbeit», sagt Andreas Fischlin. Und er hofft, dass ihr wissenschaftlich fundiertes Vorgehen Schule machen wird.