Die CO2-Entnahme müsste erheblich wachsen
Das Engagement für die CO2-Entnahme ist derzeit aber nicht einmal annähernd so gross, wie es eigentlich sein müsste. Zwischen Soll und Haben klafft eine geradezu gigantische Lücke. Das geht aus einem Bericht zum Stand der CO2-Entnahme-Technologien hervor, der am heutigen Donnerstag erschienen ist. 26 Fachleute haben daran mitgewirkt. Es handelt sich um den ersten Bericht seiner Art. Geleitet wurde das Vorhaben von der Smith School of Enterprise and the Environment an der University of Oxford.
Der Status quo sieht äusserst bescheiden aus: Im Jahr 2020 wurden rund zwei Milliarden Tonnen CO2 aus der Luft entfernt. Dem standen global weit mehr als 30 Milliarden Tonnen an CO2-Emissionen gegenüber.
Wie lässt sich das Zwei-Grad-Ziel da noch einhalten? Die Wissenschafter analysierten dazu eine Reihe von Szenarien. Im Mittel über diese Szenarien müsste die CO2-Entnahme bis 2030 um die Hälfte gesteigert werden – also um eine Milliarde Tonnen CO2 pro Jahr. Und im Jahr 2050 müssten sogar fünf Milliarden Tonnen mehr CO2 der Luft entzogen werden, als dies heute der Fall ist.
Aufforstung und Vernässung ist nicht alles
Die Frage ist natürlich, wie das konkret funktionieren soll. Die derzeit eingesetzten Methoden zur CO2-Beseitigung sind im Wesentlichen konventioneller Art und stützen sich auf das Land: Die Aufforstung zählt ebenso dazu wie die nachhaltige Bewirtschaftung bestehender Wälder, die Renaturierung von Feuchtgebieten und die Speicherung von Kohlenstoff in dauerhaften Holzprodukten.
Es gibt inzwischen aber auch eine ganze Reihe von neuartigen Methoden, um CO2 der Luft zu entziehen. Mehrere Firmen, zum Beispiel Climeworks in der Schweiz, haben chemische Filter entwickelt. Bei der Verwitterung von Gestein wird CO2 gebunden. Das Meer kann mit Eisen gedüngt oder mit Gesteinsmehl versetzt werden. Die Kombination von Bioenergie mit der Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff (Carbon Capture and Storage, kurz CCS) vermag ebenfalls CO2 zu beseitigen. Eine weitere diskutierte Methode ist die Einbringung von Pflanzenkohle in die Erde, um die Böden zu verbessern und dabei Kohlenstoff zu speichern.
Bis anhin werden der Luft mit neuartigen Methoden allerdings erst 2,3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr entzogen – das sind nur 1,1 Promille von der Menge, die man mit konventionellen Methoden beseitigt. Viel zu wenig also. Laut den Autoren des Berichts müsste die CO2-Beseitigung mit neuartigen Methoden bis 2030 um das 30-Fache und bis 2050 sogar um das 1300-Fache zunehmen, wenn man das Zwei-Grad-Limit einhalten will. Es sind atemberaubende Zahlen.
Auch die konventionellen Methoden müssten noch wachsen, bis 2050 allerdings bloss um die Hälfte. Hinter dieser eher mässigen Zunahme steckt das Problem, dass ihr Ausbau an Grenzen stösst: Viele Flächen werden vorrangig für die Landwirtschaft benötigt. Sie können nicht der Aufforstung oder anderen landgestützten Methoden gewidmet werden, ohne erhebliche Konflikte heraufzubeschwören.