Diesen Sommer waren wir wieder einmal in Berlin. Die Stadt würde ich nicht als «schön» im eigentlichen Sinne bezeichnen. Aber was sie auszeichnet, sind die wunderbar grosszügigen Parks und Grünanlagen: Der Tiergarten, das Tempelhofer Feld oder auch der Park des Schlosses Charlottenburg sind so gross, dass man sich drin verlaufen könnte. Die Hektik der Grossstadt geht beinahe vergessen. Dazu kommen unzählige kleinere Parks und viele Strassenzüge mit altem Baumbestand.
Eine grüne Stadt ist eine schöne Stadt, finde ich. Auch in der Schweiz wird das Thema der Grünanlagen in Stadtentwicklung und Raumplanung immer wichtiger. Gemäss dem Bundesamt für Statistik wohnen mittlerweile 74 Prozent der Schweizer Bevölkerung in Städten oder in Ballungsräumen, nur 14 Prozent auf dem Land. Ganz ähnlich sieht es in Deutschland aus. Beide Länder sind also bereits ziemlich verstädtert, und der Trend dürfte sich noch fortsetzen.
Parks, Gärten und Bäume leisten einen grossen Beitrag zur Lebensqualität in urbanen Räumen. Eine grüne Stadt ist nicht nur schön, sondern auch gesund. Grüne Oasen reduzieren erwiesenermassen das Stresslevel ihrer Besucher. Und sie sorgen für ein besseres Klima. Den kühlenden Effekt von Bäumen und Vegetation konnten wir in diesem zeitweilig sehr heissen Sommer bei Spaziergängen im Wald am eigenen Leib erfahren. Dort ist die Temperatur durchschnittlich drei bis vier Grad tiefer als im Siedlungsraum.
Grosse Stadtbäume kühlen selbst bei Rekordhitze
Auch Stadtbäume kühlen ihre Umgebung selbst bei grosser Hitze sehr effektiv. Das zeigt eine eben veröffentlichte Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Eigentlich erwarteten die Forschenden, dass Bäume bei Temperaturen zwischen 30 und 35 Grad Celsius ihre Blattporen schliessen und die Verdunstung einstellen, um Wasser zu sparen. Doch ihre Messungen an Platanen im Genfer Vorort Lancy zeigten, dass die grossen, alten Bäume selbst bei Temperaturen von nahezu 40 Grad Celsius reichlich Wasser verdunsten und ihre Umgebung so effizient kühlen.
Wie sieht eine Stadt aus, in der es sich auch mit fortschreitendem Klimawandel noch gut leben lässt? Der niederländische Forstwissenschafter Cecil Konijnendijk hat 2023 die 3-30-300-Regel als Mindeststandard für eine gesundheitsfördernde und dem Klimawandel gerechte Begrünung der Stadt vorgeschlagen. Nach dieser Regel sollte erstens jeder Stadtbewohner von zu Hause aus 3 Bäume sehen können, zweitens sollten mindestens 30 Prozent der Quartierfläche mit Bäumen oder anderer Vegetation bedeckt sein, und drittens sollte kein Einwohner mehr als 300 Meter bis zum nächsten Park gehen müssen.
Auch Zürich strebt offiziell eine solche Entwicklung an. Doch davon ist die Stadt noch weit entfernt. Eine Vegetationsquote von 30 Prozent erreicht Zürich gerade einmal im Villenquartier am Zürichberg. Dichtbesiedelte Quartiere wie das Industriequartier, Aussersihl, Altstetten oder Oerlikon haben weniger als 10 Prozent, und der Grünanteil in Entwicklungsgebieten wie Schwamendingen nimmt tendenziell sogar ab – trotz dem wacker hochgehaltenen Label «Gartenstadt».
Der vorteilhafte Eindruck von Berlin dagegen täuscht nicht. Eine Auswertung der Liegenschaftskatasterdaten von 2023 kürte die deutsche Hauptstadt gar zur grünsten und erholsamsten Stadt Deutschlands.