«20 bis 40 Prozent weniger Energieverbrauch»: viboo reduziert den Heizbedarf alter Gebäude mit KI
Junge Schweizer Unternehmerinnen und Unternehmer gestalten den Wandel – mit kreativen Lösungen für eine nachhaltigere Zukunft. In der Serie «Sustainable Startups» porträtieren wir innovative Geschäftsideen, beleuchten ihren nachhaltigen Impact und geben Einblick in die Visionen der Gründerinnen und Gründer.
7
Teilen
Hören
«20 bis 40 Prozent weniger Energieverbrauch»: viboo reduziert den Heizbedarf alter Gebäude mit KI
Teilen
Hören
0.25
0.5
1
1.25
1.5
1.75
2
«20 bis 40 Prozent weniger Energieverbrauch»: viboo reduziert den Heizbedarf alter Gebäude mit KI
00:00
00:00
5 Min.
• • Anja Ruoss, Sustainable Switzerland Editorial Team
Die Geschäftsidee
«Die Geschäftsidee von viboo ist es, den Betrieb von Bestandsgebäuden durch eine cloudbasierte, KI-gestützte Gebäudeautomation grundlegend zu transformieren. Mit einer selbstlernenden, prädiktiven Steuerungslösung ermöglicht viboo, den Heizenergieverbrauch in kommerziellen Gebäuden um 20 bis 40 Prozent zu senken – und das ohne Komforteinbussen für die Nutzerinnen und Nutzer. Das System arbeitet hardwareunabhängig mit smarten Thermostaten und Sensoren führender Hersteller und kann innerhalb weniger Stunden installiert werden, ohne den laufenden Betrieb zu stören. Über eine zentrale Web-App erhalten Facility Manager datengestützte Einblicke, können Heizpläne anpassen und frühzeitig Fehler erkennen. Die Lösung ist besonders für die schnelle und wirtschaftliche Nachrüstung älterer Gebäude konzipiert und amortisiert sich in der Regel innerhalb von drei Jahren.»
Die Gründerinnen und Gründer
Felix Bünning hat Energietechnik an der RWTH Aachen und TU Delft studiert, forschte am Lawrence Berkeley National Lab und promovierte an der ETH Zürich im Bereich Machine Learning und Regelungstechnik für Gebäude.
Benjamin Huber-Steinemann studierte Maschinenbau an der ETH Zürich mit Fokus auf Gebäudeautomation und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Urban Energy Systems Lab der Empa.
Matthias Sulzer ist ein erfahrener Energieunternehmer mit erfolgreichem IPO, Direktor der Empa, Dozent an der ETH Zürich sowie Visiting Faculty am Berkeley Lab.
Nachhaltiger Impact
«Gebäude sind für rund 40 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich und verursachen enorme Energiekosten. Gerade ältere Bestandsgebäude sind oft ineffizient, und herkömmliche Sanierungen sind teuer, aufwendig und mit Betriebsunterbrechungen verbunden. viboo adressiert dieses Problem mit einer Lösung, die schnell, kosteneffizient und ohne Komfortverlust Heizenergie einspart. Damit unterstützt viboo nicht nur Gebäudebesitzer und Betreiber bei der Einhaltung verschärfter Umweltauflagen und ESG-Ziele, sondern leistet auch einen direkten Beitrag zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors und zur Erreichung der Klimaziele»
Die Lösung von viboo ist besonders für die schnelle und wirtschaftliche Nachrüstung älterer Gebäude konzipiert. Bild: zvg
Innovation und Alleinstellungsmerkmal
«Die Lösung von viboo unterscheidet sich durch mehrere Alleinstellungsmerkmale von bestehenden Angeboten:
Viboo ist hardwareunabhängig und kann mit einer Vielzahl etablierter Thermostate und Sensoren kombiniert werden. Das macht die Nachrüstung in Bestandsgebäuden erheblich einfacher, denn jeder Installateur kann das System verbauen. Ausserdem ist das Investitionsrisiko für Immobilienbesitzer geringer, da sowohl Software als auch Hardware austauschbar sind.
Die Steuerung basiert auf selbstlernenden, prädiktiven Algorithmen, die das thermische Verhalten jedes einzelnen Raumes modellieren und so individuell und kontinuierlich optimieren – herkömmliche Systeme steuern meist nur zentral und weniger präzise.
Wir setzen in Zukunft auf die gleichzeitige Optimierung der Wärmeverteilung und Wärmeerzeugung im Gebäude. Das erlaubt maximale Energieeinsparungen und erfüllt auch die höchsten regulatorischen Anforderungen für Gebäudeautomatisierung.»
Zielgruppe und Marktpotenzial
«Die Technologie von viboo richtet sich vor allem an Eigentümer und Betreiber älterer kommerzieller Gebäude, die bisher kaum digitalisiert sind – etwa Schulen, Büro- und Verwaltungsgebäude, Logistikzentren oder Immobilienportfolios von Unternehmen und der öffentlichen Hand. Zur Zielgruppe zählen Städte und Gemeinden, Unternehmen mit eigenem Immobilienbestand sowie spezialisierte Immobilienfirmen.
Der adressierbare Markt ist enorm: Allein in Europa müssen laut EU-Gebäuderichtlinie bis 2030 über fünf Millionen kommerzielle Bestandsgebäude energetisch modernisiert werden – 80 Prozent davon verfügen noch über kein Gebäudemanagementsystem. Für diese Zielgruppe wird das Marktvolumen auf über 300 Milliarden Euro geschätzt. Zusätzliche Chancen ergeben sich in angrenzenden Bereichen wie der Heizkostenabrechnung oder digitalen Energiedienstleistungen.
Regulatorische Vorgaben wie die EU-Building Performance Directive, das Gebäudeenergiegesetz in Deutschland oder das französische BACS-Dekret erhöhen den Handlungsdruck. Parallel wächst der Bedarf an ESG-konformen Lösungen. Die fortschreitende Digitalisierung des Gebäudesektors, Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz und der Ausbau erneuerbarer Energien schaffen günstige Voraussetzungen für skalierbare, cloudbasierte Angebote – wie jene von viboo.»
Über die zentrale Web-App von viboo erhalten Facility Manager datengestützte Einblicke, können Heizpläne anpassen und frühzeitig Fehler erkennen. Bild: zvg
Erfolge und Meilensteine
«Unser grösster Erfolg ist, dass wir es bereits als junges Unternehmen in der Immobilienbranche schaffen, nach erfolgreichen Pilotprojekten grössere Roll-outs mit unseren Kunden umzusetzen. Im Schnitt erhöhen Kunden Ihr Vertragsvolumen nach einem erfolgreichen Piloten um den Faktor 8 mit uns. Darüber hinaus wurde viboo mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der GreenTech Start-up Battle, der Empa Innovation Award, die ETH-Medaille und die Aufnahme in die SET100-Liste der besten CleanTech-Start-ups weltweit. Zu den Referenzkunden zählen namhafte Unternehmen wie Swisscom, SBB, das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL), Rhenus Logistics sowie mehrere Städte und Gemeinden.»
Herausforderungen
«Der Markt für Gebäudetechnik und Immobilien allgemein ist traditionell konservativ und von etablierten Anbietern dominiert, was die Marktdurchdringung für innovative Start-ups erschwert. Anders als andere Start-ups in dem Bereich setzen wir aber auf bestehende Vertriebskanäle, die sich in der Branche bewährt haben, anstatt zu versuchen an der Branche vorbeizuagieren. Z.B. arbeiten wir eng mit Installations- und Facility Management Unternehmen wie Hälg zusammen. Die Strategie hat sich bisher bewährt.»
«Bis 2030 sollen Millionen von Gebäuden mit der viboo-Technologie ausgestattet sein, und so die Gebäudemasse effektiv zum grössten Energiespeicher machen.»
Felix Bünning
Co-Founder viboo
Vision und Ausblick
«In fünf bis zehn Jahren sieht sich viboo als führender Anbieter von cloudbasierten, KI-gestützten Automationslösungen für den gesamten Gebäudesektor in Europa – und darüber hinaus. Die Vision ist, dass Gebäude nicht mehr nur Energie verbrauchen, sondern als intelligente Energieassets aktiv mit dem Energiesystem interagieren. viboo will dazu beitragen, dass energieeffiziente Gebäude zum neuen Standard werden und nicht mehr nur weniger Energie konsumieren, sondern so Energie konsumieren, dass sie netto einen positiven Einfluss auf den globalen Energieverbrauch haben. Z.B. in dem sie mit einer Wärmepumpe dann Energie beziehen, wenn Erneuerbare einspeisen und Zeiten vermeiden, wenn der Strom fossil hergestellt wird. Bis 2030 sollen Millionen von Gebäuden mit der viboo-Technologie ausgestattet sein, und so die Gebäudemasse effektiv zum grössten Energiespeicher machen.»
Partnerschaften
«viboo arbeitet eng mit einer Vielzahl von Partnern aus Wirtschaft, öffentlicher Hand und Forschung zusammen. Strategische Partnerschaften bestehen mit Hardwareherstellern wie Siemens, Danfoss, MClimate sowie mit der Hälg Group, einem der führenden Gebäudetechnik- und Facility-Management-Dienstleister der Schweiz. Diese Partner erleichtern die schnelle und effiziente Installation sowie den Vertrieb der viboo-Lösung. Darüber hinaus kooperiert viboo mit Städten und Gemeinden (z.B. Schaffhausen, Zug, Männedorf, Flums), Bundesbehörden (BBL), Bahnunternehmen (SBB) und Unternehmen wie Swisscom und Rhenus Logistics, um deren Immobilienportfolios zu dekarbonisieren. Mitgliedschaften in Branchenverbänden wie Swiss PropTech und ZIA sowie Forschungskooperationen mit Empa und ETH Zürich fördern den Wissenstransfer und die Weiterentwicklung der Technologie. Diese Kooperationen sind zentral, um die Marktdurchdringung zu beschleunigen und gemeinsam nachhaltige Wirkung zu erzielen.»
Deklaration: Dieser Beitrag zu viboo ist Teil der Serie «Sustainable Startups». Swisscom hat als Partner von Sustainable Switzerland den Kontakt zum Unternehmen vermittelt, war jedoch inhaltlich nicht an der Erstellung des Artikels beteiligt.
Das könnte Sie auch interessieren
Wirtschaft
«Vermutlich sollte ich manchmal opportunistischer denken»
Wirtschaft
Wo keine Lkw hinkommen, fliegen Drohnen: Dufour Aerospace denkt Logistik neu
Wirtschaft
Wie «digitale Lasagne» die CO₂-Bilanz verbessert
Dieser Artikel behandelt folgende SDGs
Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.