Und weiter?
Um in allen Bereichen klimapositiv zu werden, haben wir die folgenden Massnahmen festgelegt:Als Erstes geht es darum, den Energieverbrauch zu reduzieren, wo immer dies möglich ist. Dann setzen wir die Modernisierung der in unseren Fabriken genutzten Energiequellen fort, um bis 2025 einen Anteil von 100 Prozent erneuerbarer Elektrizität zu erreichen, was den Weg für eine Reduzierung der Emissionen um 70 Prozent (in absoluten Zahlen) bis 2030 ebnet. Dies wird durch das schrittweise Umstellen von fossilen Energieträgern auf nicht-fossile Brennstoffe möglich sein – zum Beispiel Ersatz von Erdgas durch Biogas, wo dies möglich und sinnvoll ist.
Und wie ist es mit Scope 3?
Für alle Branchen ist Scope 3 das komplexeste Thema, wenn es um Kohlenstoffemissionen geht. Es erfordert ein tiefes Verständnis der Lieferkette und der Emissionsfaktoren, die sich beim Kauf von natürlichen Rohstoffen deutlich von denen beim Kauf industriell gefertigter Verpackungen unterscheiden. Wir sind zuversichtlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind, um Scope 3 bis 2030 um 20 Prozent zu reduzieren. Wir nutzen Innovationen und Partnerschaften mit unseren Zulieferern, fördern die Kreislaufwirtschaft und das Upcycling bei der Beschaffung von Rohstoffen und optimieren Verpackungen, Warentransporte und Geschäftsreisen. Es gibt viele Innovationen, die eine rasche Reduzierung von Scope 3 ermöglichen werden, während wir Fortschritte machen. Wir untersuchen auch natürliche Klimalösungen und Technologien zur Kohlenstoffabscheidung, die in etwa einem Jahrzehnt erforderlich sein werden, um die restlichen Emissionen zu neutralisieren und auszugleichen, wenn wir uns dem Jahr 2050 nähern. Wir haben unsere Klima-Journey vor mehr als einem Jahrzehnt auf dem Weg zur Pariser Klimakonferenz 2015 (COP 21) und zum Pariser Abkommen begonnen und unseren Ansatz im Laufe der Jahre mit Hilfe unserer globalen Experten verbessert. Das ermöglicht uns, sehr transparent und klar zu sein, wie wir eine positive Klimabilanz erreichen können.
Die Umsetzung Ihrer Klimastrategie dürfte in einem Konzern wie Givaudan sehr komplex sein. Wie schaffen Sie es, die Strategie umzusetzen?
Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt unserer Geschäftstätigkeit, und unser Umgang mit diesem Thema ist gut etabliert. Der Verwaltungsrat legt unsere Gesamtstrategie fest und hat die Aufsicht über unsere Nachhaltigkeitsstrategie. Unsere Konzernleitung ist für die Umsetzung der Gesamtstrategie verantwortlich, und Themen im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit sind Teil der regelmässigen Sitzungen unseres Executive Committees. Jedes unserer Ziele, einschliesslich unseres Klimaziels, ist einem bestimmten Konzernleitungsmitglied zugeordnet. Das tägliche Management unserer Klima-Journey wird durch interne Richtlinien wie beispielsweise unsere Richtlinien für nachhaltige Betriebsabläufe und für nachhaltige Beschaffung gesteuert. Unser Führungsteam für Nachhaltigkeit, das sich aus Themenexperten zusammensetzt, unterstützt das gesamte Unternehmen beim Erreichen seiner Ziele. Wir monitoren unsere Fortschritte genau und legen darüber Rechenschaft ab. Zum Beispiel durch unseren GRI-Nachhaltigkeitsbericht und unsere Klima-Roadmap, die wir in diesem Bericht veröffentlichen.
Inwiefern helfen Ihnen wissenschaftsbasierte Klimaziele dabei?
Wissenschaftlich fundierte Zielvorgaben sind ein wichtiger Teil unseres Vorhabens. Sie bieten uns einen unabhängigen Rahmen, der es uns ermöglicht, unsere Fortschritte extern zu überprüfen und zu bewerten. Es ist uns wichtig, dass unsere Ziele diesem Anspruch gerecht werden und direkt auf die Schlussfolgerungen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) eingehen.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für Givaudan, die Sie vielleicht auch von anderen Unternehmen unterscheiden?
Die meisten Unternehmen weltweit stehen erst am Anfang ihrer Klima-Journey oder haben sie noch nicht begonnen, vor allem weil es keine klaren Anreize oder Mittel gibt, um kollektives Handeln zu erzwingen. Dies ist eine Herausforderung. Deshalb ist es so wichtig, die Lieferanten einzubinden. Auch Kooperationen wie beispielsweise unsere Mitgliedschaft im CDP-Supply-Chain-Programm sind von entscheidender Bedeutung. Als ein Unternehmen, das weltweit tätig ist, berücksichtigt unser mutiger und umfassender Ansatz alle Dimensionen der Nachhaltigkeit, von der verantwortungsvollen Beschaffung über das Klima bis hin zur Kreislaufwirtschaft. Das bedeutet, dass wir wirklich etwas bewirken, was uns mit unserem Pioniergeist von anderen Unternehmen positiv abhebt.
Dekarbonisierung bedeutet Elektrifizierung: Was erwarten Sie an Regulierung von der Politik, damit die Klimaziele nicht nur Ihres Unternehmens erreicht werden können?
Dekarbonisierung bedeutet zwar Elektrifizierung, aber sie ist die Folge der Modernisierung! Es ist wie beim Fahren eines Elektroautos: Man hat nicht das Gefühl, ein futuristisches Auto zu fahren, sondern man fühlt sich als Teil einer «neuen Norm». Das Erreichen der Klimaziele erfordert eine länderübergreifende Angleichung und Anreize, um die Modernisierung der Energiequellen voranzutreiben. Die politischen Entscheidungsträger müssen dazu beitragen, das Thema verständlich, pragmatisch und erstrebenswert zu machen, um der Trägheit und Konfusion entgegenzuwirken, die sich aus seiner Komplexität ergeben.
Was spricht aus Ihrer Sicht für das geplante Klimaschutzgesetz des Bundes?
Das Klimaschutzgesetz setzt die richtigen Anreize: Es unterstützt die Bemühungen von Unternehmen und Bürgern, die sich engagieren, ohne dabei in dogmatisches und praxisfernes Terrain abzugleiten. Die bevorstehende Ausweitung des gesetzlichen Rahmens und die Berichterstattung in den Medien werden für eine grosse Reichweite sorgen, und ich hoffe, dass sich mehr Menschen und Unternehmen der Bewegung für eine nachhaltige Entwicklung anschliessen werden, um gemeinsam an einer modernen und sauberen Zukunft für uns alle zu arbeiten.