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«Wir müssen die Wechselwirkungen zwischen der Wertschöpfungskette eines Unternehmens und der Umwelt vertieft verstehen», betont Simone Pedrazzini. Foto: Adobe Stock

Wirtschaft Partner Inhalt: Boston Consulting Group (BCG)

«Wir müssen umdenken und Mutiges wagen»

Zwar hat der Umweltschutz die Chefetagen der Unternehmen erreicht, doch vom guten Willen zum nachhaltigen Wirtschaften ist es noch ein weiter Weg. Simone Pedrazzini, Leiter von Quantis Schweiz, betont: Der erste Schritt zu einem grünen Geschäftsmodell ist ein unvoreingenommener wissenschaftlicher Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette.

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Emissionen, Biodiversität, Rohstoffbeschaffung: Wie können Unternehmen ihren ökologischen Fussabdruck besser verstehen?

Simone Pedrazzini: Den ökologischen Fussabdruck zu verstehen bedeutet, das grosse Ganze zu betrachten. Es ist vergleichbar damit, sich ein Bild vom Mond zu machen: Wir beginnen nicht damit, die Mondoberfläche mikroskopisch zu untersuchen. Zunächst fällt uns vielleicht auf, dass einige Bereiche dunkler und andere heller sind. So identifizieren wir die Hotspots und entscheiden anschliessend, welche Aspekte wir genauer unter die Lupe nehmen wollen. Für Unternehmen reicht es daher nicht, sich nur auf lokale Aktivitäten zu konzentrieren. Sie müssen über den Tellerrand hinausblicken und alle Bereiche einbeziehen – von der Produktion über die Logistik bis hin zur Rohstoffbeschaffung. Die Erfahrung zeigt, dass vor allem die Rohstoffbeschaffung die Umwelt stark belastet. Und wir wissen: Man kann nur das managen, was man auch messen kann. Deshalb sollten wir uns darauf konzentrieren, das zu messen, was wirklich wichtig ist.

Empfehlen Sie dieses Vorgehen allen Branchen?

Auf jeden Fall. Unternehmen aus der Lebensmittel-, Mode- und Kosmetikbranche arbeiten bereits seit vielen Jahren mit diesem Ansatz. Warum? Sie verkaufen ihre Produkte direkt an die Endverbraucher, die oft sensibel auf Umweltthemen reagieren. Ausserdem sind diese Branchen untrennbar mit der Landwirtschaft verbunden – man denke nur an die Produktion von Agrarrohstoffen, den Baumwollanbau oder die Inhaltsstoffe bestimmter Kosmetika. Um die komplexe Wertschöpfungskette bis hin zur Landwirtschaft nachhaltig auszurichten, bedarf es fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden. Mittlerweile bemühen sich jedoch auch andere Branchen – so die Uhren- und Pharmaindustrie sowie die Finanzbranche – um ein ganzheitliches Verständnis ihres Fussabdrucks.

Was sind die grössten Herausforderungen für Unternehmen, die ihren ökologischen Fussabdruck quantifizieren wollen?

Unabhängig von der Branche sehe ich drei Herausforderungen: die Daten, die Digitalisierung und den Blick über den CO₂-Ausstoss hinaus. Idealerweise sollte eine Firma auf alle relevanten Daten seiner Zulieferer zugreifen können – das ist jedoch oft kaum möglich. Deshalb verfolgen wir hier einen pragmatischen Ansatz und nutzen beispielsweise Kennzahlen, die speziell für bestimmte Branchen relevant sind. Zweitens besteht im digitalen Zeitalter die Gefahr, dass man Lösungen auf dem Markt entdeckt und glaubt, man könne mit einem Klick den gesamten Fussabdruck erfassen. Tatsächlich erfordert es jedoch intensive Arbeit, bis eine digitale Lösung die komplexe Realität präzise abbildet. Drittens neigen manche Unternehmen dazu, sich ausschliesslich auf Treibhausgasemissionen zu konzentrieren. Es bringt jedoch wenig, den CO₂-Ausstoss zu senken, wenn dadurch der Wasserverbrauch steigt oder die Biodiversität gefährdet wird.

Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren unterwegs zu einem nachhaltigen Wandel?

Wir arbeiten mit dem Denkrahmen der planetaren Grenzen. Vereinfacht gesagt gibt es neun planetare Grenzen, vom Klimawandel über die Biosphäre bis hin zum Wasserverbrauch und der Ozeanversauerung. Das Ziel ist, menschlichen Aktivitäten so zu steuern, dass die Kapazitäten unseres Planeten nicht überschritten werden. Eine Voraussetzung dafür ist, dass wir die Wechselwirkungen zwischen der Wertschöpfungskette eines Unternehmens und der Umwelt tiefgehend verstehen. Es reicht jedoch nicht aus, lediglich ein Nachhaltigkeitsteam zu gründen oder Initiativen zu starten – alle Geschäftsbereiche und Funktionen müssen einbezogen werden. In jeder Phase gilt es, ehrlich zu sich selbst sein: Das «business as usual» ist kein tragbares Szenario. Kleine, positive Veränderungen genügen nicht. Es braucht ein radikales Umdenken und mutige Schritte. Schliesslich sollten alle Stakeholder gemeinsam an einem Strang ziehen.

«Statt linear immer mehr Güter – und somit Abfälle – zu produzieren, sollten wir auf regenerative Systeme hinarbeiten.»

Wie unterstützen Sie Unternehmen bei der Suche nach nachhaltigen Lösungen?

Zuerst evaluieren wir den ökologischen Fussabdruck eines Unternehmens und verschaffen uns ein wissenschaftlich fundiertes Verständnis des Status quo – dies war ursprünglich unsere Kernkompetenz. Anschliessend begleiten wir es in die Transformationsphase. Dabei legen wir besonderen Wert darauf, die richtigen Anreize und Hebel für Veränderungen zu setzen. Unser Ziel ist es nicht, lediglich beeindruckende Präsentationen zu liefern, sondern das Unternehmen in Zusammenarbeit mit internen und externen Stakeholdern nachhaltig voranzubringen.

Jedes börsenkotierte Unternehmen hat klare Wachstumsziele. Wie passen diese mit den planetaren Grenzen zusammen?

Eines ist klar: Unsere Wirtschaft ist nicht nachhaltig. Gemäss dem Ansatz der planetaren Grenzen müssen wir uns als Gesellschaft neu ausrichten. Mindestens sollte jedes Geschäftsmodell hinterfragt werden. Ein einfaches Beispiel: Ich muss keinen Fotokopierer besitzen, um Kopien zu machen. Es reicht, die Dienstleistung bei Bedarf zu nutzen. Statt linear immer mehr Güter – und somit Abfälle – zu produzieren, sollten wir auf regenerative Systeme hinarbeiten. So können wir qualitativ statt quantitativ wachsen.

Können Sie uns eine konkrete Erfolgsgeschichte nennen?

Zusammen mit dem Schokoladenproduzenten Barry Callebaut haben wir eine Methode entwickelt, um zu bewerten, wie sich der Kakaoanbau auf den CO₂-Fussabdruck auswirkt. Dabei kombinieren wir GPS-Daten, Satellitenbilder und betriebliche Daten auf innovative Weise. Besonders spannend war es für uns, mit der Coop-Gruppe ein transformatives Programm für eine ganzheitliche Klimastrategie auszuarbeiten. Angesichts der Produktvielfalt von Coop war es eine Herausfordung, den Überblick zu behalten. Darüber hinaus unterstützen wir den World Business Council for Sustainable Development bei der Verbesserung von Methoden, um die Auswirkungen von Unternehmen auf Natur und Biodiversität zu reduzieren.

Jedes Unternehmen existiert nur, solange es Gewinne erwirtschaftet. Was bringt es ihm, nachhaltig zu wirtschaften?

Früher gaben sich viele Unternehmen aus Marketinggründen einen grünen Anstrich. Heute müssen Unternehmen jedoch aus handfesten Gründen ein nachhaltiges Geschäftsmodell entwickeln, da die Umweltgesetzgebung weltweit immer restriktiver wird. Hinzu kommen operative Risiken, etwa durch den Klimawandel. Wir unterstützen Unternehmen dabei, die drängendsten Risiken zu identifizieren und sie wirksam abzufedern und zu vermeiden.

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Simone Pedrazzini Managing Director von Quantis Schweiz

Nachhaltig handeln

Pionier des Umweltresearchs

Am Anfang von Quantis stand eine Idee: Unternehmen mit wissenschaftlichen Methoden darin zu unterstützen, ihre Umweltrisiken zu reduzieren. Quantis startete 2006 als Spin-off der ETH Lausanne (EPFL) und fasste innert weniger Jahre auf verschiedenen Kontinenten Fuss. Seit zwei Jahren gehört Quantis zur Boston Consulting Group (BCG), was den Spezialisten für Umweltresearch die Türen bis ins Topmanagement der Grosskonzerne geöffnet hat. Bis heute unterstützt Quantis globale Unternehmen dabei, ihren ökologischen Fussabdruck besser zu bestehen und ihn wirksam zu reduzieren. Quantis-Schweiz-Chef Simone Pedrazzini hat das Unternehmen seit den Anfangsjahren mitgeprägt.

Deklaration: Dieser Inhalt wurde vom Sustainable Switzerland Editorial Team im Auftrag von Boston Consulting Group (BCG) erstellt.

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