Der CO2-Ausstoss, die Klimabelastung, der Umgang mit der Umwelt ganz allgemein: Alles das wird zu einem eigenständigen Differenzierungsmerkmal. Und nachhaltiges Wirtschaften ist schon heute ein wichtiger Wettbewerbsfaktor – einer, der zwangsläufig an Bedeutung zulegen dürfte. Darin sind sich die Fachleute einig. Doch wie lassen sich die mit der Dekarbonisierung verknüpften Ziele überhaupt erreichen? Wo kann gerade ein kleineres Unternehmen den Faden aufnehmen? Welche Werkzeuge sind für welche Prozesse vorhanden? Und: Welchen Aufwand in administrativer, personeller und nicht zuletzt finanzieller Hinsicht bringt ein solches Unterfangen mit sich?
Fragen, mit denen sich Michele Savino tagtäglich auseinandersetzt. Er ist Business Analyst Marketing & Digital Interaction bei Swisscom. Für ihn ist klar: «Gerade KMU finden in den neuen Technologien und digitalen Abläufen jene Werkzeuge, die es ihnen ermöglichen, als Betrieb nachhaltiger zu wirtschaften.» Dreh- und Angelpunkt bildet dabei eine datenbasierte Klimabilanz. Sie ist die Grundlage für jeden Massnahmenkatalog und für jede Nachhaltigkeitsstrategie. Swisscom bietet dazu eine breite Palette an modular nutzbaren Services und Lösungen an, die bei der Klimabilanzierung wertvolle Dienste leisten. Als Erstes werde eine unterstützende Softwarelösung benötigt, erklärt Savino. «Daran schliesst sich eine Beratungsleistung an, wenn es um die Entwicklung einer nachhaltigen Klimastrategie geht. Mit zusätzlichen Zertifizierungs-Dienstleistungen können die Bemühungen des Unternehmens durch Auditoren bestätigt werden.» Als weitere wichtige Komponente führt Savino schliesslich die Daten an, welche über Sensoren (IoT) gewonnen werden und genaue Informationen über das Umweltverhalten eines Unternehmens liefern. Damit könne beispielsweise eine nachhaltige Mobilität und die Gebäudeeffizienz messbar gemacht werden. «Diese Daten werden in cloudbasierten Plattformen gespeichert, um dann mittels künstlicher Intelligenz zu smarten Informationen verarbeitet zu werden. So wird eine Reduktion des ökologischen Fussabdrucks ermöglicht.»
Herausforderung Lieferkette
Im Unterschied zu gängigen CO2-Fussabdruckanalysen, die sich vielfach noch auf Umfragen, Schätzungen, Modellen und Exceltabellen abstützen, ist die datengetriebene Analyse faktenbasiert und daher logischerweise auch viel präziser. Sie bietet eine Grundlage für messbare Zielsetzungen, ausserdem lässt sich mit ihrer Hilfe die Wirkung von bereits ergriffenen Massnahmen genau erfassen. «Letztlich verhält es sich mit der Klimabilanzierung oder dem «Carbon Accounting» nicht viel anders als mit einer Finanzplanung», bemerkt dazu Othmar Hug. Diese funktioniere auch nur, wenn Eingaben und Ausgaben korrekt ausgewiesen würden. «Carbon Accounting und Klimabilanz werden in den nächsten drei Jahren für mittelständische und grosse Unternehmen praktisch zur Pflicht werden», ist sich der CEO von Swiss Climate sicher.
Klar ist: Um eine saubere «Buchhaltung» zu erstellen, müssen umfangreiche Emissionsdaten verfügbar gemacht werden. Das bezieht sich nicht nur auf das Wirtschaften im eigenen Haus, sondern eben auch auf die gesamte Lieferkette. Und hier wartet die wohl grösste Herausforderung. Denn Hand aufs Herz: Wer ist schon imstande, wirklich lückenlos aufzuzeigen, wo, wann, weshalb und in welchem Ausmass er die Umwelt belastet hat? Die Marktforscher von PAC jedenfalls haben im Auftrag von Swisscom eruiert, dass aktuell weniger als 15 Prozent der (namhaften) europäischen Unternehmen den vollständigen Überblick über ihre hausgemachten Emissionen haben, geschweige denn in der Lage sind, die gesamte Lieferkette bezüglich umweltbelastender Faktoren zu protokollieren. «Wenn man bedenkt, dass der grösste Teil der Emissionen gerade in der Lieferkette entsteht oder, fachlich korrekt bezeichnet, in Scope 3 (entsprechend dem Standard des internationalen Treibhausgasprotokolls, Anm. d. Red.), und diese nicht immer Bestandteil der Klimabilanzen sind, dann besteht da doch einiges an Nachholbedarf», gibt sich Michele Savino diplomatisch. Immerhin haben in derselben Erhebung 43 Prozent der befragten Unternehmen ebenfalls angegeben, sie wollten noch vor dem Jahr 2030 klimaneutral wirtschaften. 44 Prozent gaben an, dieses Ziel bis spätestens 2030 erreichen zu wollen. Zahlen, die grundsätzlich Mut machen.
Gross und klein – gemeinsam unterwegs
Swisscom selber verfolgt ebenfalls äusserst ambitionierte Ziele im Klimaschutzbereich. Das Unternehmen verfügt bereits über viel Erfahrung im Umgang mit Technologien, Daten und einem grünen Portfolio in der Informations- und Kommunikationstechnologie. «Auf dem Weg zur Klimaneutralität sind Daten ein Schlüsselelement», betont Urs Lehner. Dank dem jahrzehntelangen Engagement für die Umwelt gilt Swisscom heute als nachhaltigstes Telekommunikationsunternehmen der Welt. Bis ins Jahr 2025 will der Konzern nach eigener Aussage Klimaneutralität über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg erreichen. Und nicht nur das, wie Lehner weiter ausführt: «Zusätzlich wollen wir einen positiven CO2-Beitrag leisten und zusammen mit unseren Kundinnen und Kunden eine Million Tonnen an Emissionen pro Jahr einsparen.»
Weil Alleingänge kaum effizient seien, müsse es darum gehen, ein datengetriebenes Ökosystem zu etablieren, dem sowohl grosse Betriebe als auch mittelständische und kleine Unternehmen angehörten, betont Michele Savino. «Nur wenn wir alle mit an Bord holen können, erreichen wir letztlich das Ziel Netto-Null.» Er ist sich sicher, dass selbst kleinere KMU oder Handwerksbetriebe mit einfachen und pragmatisch aufgesetzten Lösungen, den richtigen Services und der einen oder anderen Hilfestellung eine saubere Klimabilanz erstellen und somit auch mehr Nachhaltigkeit erzielen können. Die Herausforderung sieht der Business Analyst andernorts: «Wie im Zuge der gesamten Digitalisierung ist es auch hier wichtig, die gewohnten Wege zu verlassen und neue Möglichkeiten als Chance zu sehen – und nicht als Gefahr.»