Sanieren ist ökologischer als Bauen
Bisher wird in der Schweiz jährlich nur ein Prozent der insgesamt 1,8 Millionen Gebäude erneuert. Fachleute sprechen von einem «Sanierungsstau». Um das Netto-Null Ziel bis 2050 zu erreichen, muss sich die Rate mindestens verdreifachen.
Unter Berücksichtigung des gesamten Fussabdrucks sind Sanierungen meist ökologischer als Neubauten. Im UBS-Whitepaper wird dieser Vorteil beziffert: Eine Sanierung spart 50 bis 75 Prozent des Kohlenstoffdioxids ein, den ein vergleichbarer Neubau verursachen würde. Wieso hinken so viele Altbauten der Zeit hinterher, obwohl die Vorteile einer umweltfreundlichen Renovation auf der Hand liegen?
Langfristige Vorteile auf dem Markt
Die Gründe sind vielschichtig. Wenn alte Gebäude abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden, können diese oft besser vermarktet, verkauft oder vermietet werden. Viele Eigentümerinnen und Eigentümer sehen zwar, dass Sanierungen zunächst einen Kapitaleinsatz erfordern, erkennen aber oft nicht, dass damit auch finanzieller Mehrwert geschaffen wird. Während die Mietenden sofort von den Vorteilen wie tieferen Nebenkosten und höherem Wohnkomfort profitieren, macht sich eine Wertsteigerung des Gebäudes erst nach und nach bemerkbar. Längerfristig könnten sich nicht energetisch sanierte Gebäue somit als «Ladenhüter» auf dem Mieter- wie dem Käufermarkt erweisen.
Öko-Finanzierungen mit Nachholbedarf
Nachhaltige Immobilienanleihen und Hypothekardarlehen haben hingegen noch Aufhohlbedarf. Sie verzeichnen laut dem UBS-Whitepaper erst einen Marktanteil von 1,5 Prozent. Das Potenzial ist entsprechend gross. Der Weg zur umweltfreundlichen Kapitalallokation muss durch konkrete Daten und transparente Informationsflüsse geebnet werden.
«Finanzinstitute können diese Hürden überwinden, indem sie sich zunächst auf einen Standard für einheitliche Kohlenstoffdioxiddaten einigen», postuliert UBS im Whitepaper. Ziel sei es, zu einer Risiko-Nutzen-Benchmark für ökologische Bauten zu gelangen. Noch reflektieren die gängigen Ansätze der Immobilienbewertung die Umweltrisiken zu wenig. Schätzungen des Gebäudewerts basieren oft auf aktuellen Marktdaten. Sie blenden aus, dass Regierungen die Umweltvorschriften laufend verschärfen – und selbst moderne Gebäude in Zukunft «Upgrades» benötigen werden. Einige Modelle erlauben es aber schon heute, künftige Cashflows in die Bewertungen miteinzubeziehen und somit die Umweltrisiken zu berücksichtigen.
Finanzbranche: Katalysator des Wandels?
Banken bewegen sich in Ökosystemen mit verschiedenen Partnern und Dienstleistern. In der Schweiz hat UBS beispielsweise mit dem unabhängigen Immobiliendienstleister Wüest Partner einen Online-Renovationsrechner lanciert. In wenigen Schritten lässt sich damit ermitteln, was eine Renovation bringt – und welches Budget dafür nötig ist. Darüber hinaus können Finanzinstitute öffentlich-private Partnerschaften anregen, um visionären Projekten zum Durchbruch zu verhelfen.
Schliesslich können Finanzinstitute dazu beitragen, grüne Immobilienanleihen in verschiedenen Ländern vergleichbar zu machen und die Standardisierung voranzutreiben. Ein hilfreiches Instrument für die Immobilienbranche ist dabei der Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM). Er hilft, Gebäude mit Blick auf den Dekarbonisierungspfad gemäss den Pariser Klimazielen zu bewerten.
Banken können den nachhaltigen Wandel ausserdem vorantreiben, indem sie die Immobilienportfolios in ihrem Anlagegeschäft umweltbewusst bewirtschaften, zu besseren Finanzierungen beitragen und die Wertschöpfungskette im Bausektor verbessern.
Im Investmentbereich sind ESG-Kriterien (das Kürzel steht für Environment, Social, Governance) weit verbreitet. Das gilt auch für den Immobiliensektor: So hat UBS die Anlagepolitik und -ziele für ihre Immobilienfonds 2022 erweitert und Nachhaltigkeitsziele verbindlich festgelegt. Zu diesen Zielen gehört es, die Treibhausgas- und Energieintensität der Gebäude zu reduzieren, den Anteil erneuerbarer Energie am Gesamtverbrauch zu erhöhen, die Datenbasis weiter zu verbessern und die Nachhaltigkeitszertifizierung der Gebäude voranzutreiben. Pro Portfolio wurde ein Absenkpfad erstellt. Er misst die Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität und hilft als Planungsinstrument. Die aktuellen Resultate der Absenkpfadberechnungen zeigen, dass die Immobilienanlageprodukte auf gutem Weg sind, die Zwischenziele im Hinblick auf das Pariser Klimaabkommen im Jahr 2030 sowie den CO₂-neutralen Betrieb bis 2050 zu erreichen. Um neben dem Betrieb auch beim Bau Emissionen einzusparen, hat UBS Asset Management im Sommer 2023 zudem als Gründungsmitglied die «Charta kreislauforientiertes Bauen» unterzeichnet.