Experten gehen davon aus, dass in der Schweiz der Gebäudepark insgesamt für gut 40 Prozent des Energieverbrauchs und für etwa einen Viertel des CO2-Ausstosses verantwortlich ist. Rund 60 Prozent der Gebäude werden nach wie vor mit fossiler Energie beheizt. Vor allem Liegenschaften, die vor 1990 erstellt worden sind, müssten mit Blick auf die ökologischen Eckwerte dringend saniert werden. Das sind beeindruckende Zahlen, wie ich finde. Gleichzeitig sieht die Klimastrategie des Bundes bis zum Jahr 2050 einen kompletten Verzicht auf Treibhausgasemissionen aus dem Schweizer Gebäudepark vor. Allein diese wenigen Fakten untermauern sicherlich die Dringlichkeit des Handelns.
Sind sich die Gebäudebesitzerinnen und Hauseigentümer dessen bewusst?
Ich formuliere es mal so: Angesichts der immensen Bedeutung der Thematik ist die Sensibilisierung bezüglich klimafreundlichem Sanieren durchaus steigerungsfähig. Viele Eigentümerinnen und Eigentümer haben den Einbau einer Wärmepumpe oder die Erneuerung der Gebäudedämmung zwar auf der Pendenzenliste, mit der konkreten Umsetzung lassen sie sich aber Zeit. Allerdings: Die Corona-Pandemie und die Energie-Unsicherheit haben bei vielen zu einem Umdenken geführt.
Sie sprechen das Bestreben nach Unabhängigkeit in der Energieversorgung an?
Genau. Ein hehres und gleichzeitig visionäres Ziel: Häuser und Liegenschaften werden energetisch autark. Die Selbstversorgung ist die übergeordnete Vision. Es gibt in der Schweiz tatsächlich mit Photovoltaik und Wärmepumpen ausgestattete Neubauten, die so viel Eigenstrom produzieren, dass sie nie ans Stromnetz angebunden werden müssen. Bei älteren Liegenschaften kann dies mittels Sanierung manchmal auch erreicht werden. Zwei Faktoren spielen dabei eine zentrale Rolle: die Gebäudedämmung und der Heizungstyp.
Womit wir bereits bei den konkreten Massnahmen wären. Vorab aber eine ganz grundlegende Frage: Was verstehen Sie eigentlich unter einem «klimafreundlichen » oder «nachhaltigen» Gebäude?
Dazu gibt es unterschiedliche Definitionen, die sich aber alle in der Prämisse treffen, wonach eine Liegenschaft ihren Wert über die nächsten Jahrzehnte hinweg halten soll. Das klingt simpel – und ist es tatsächlich, denn: Nur eine Liegenschaft, die heute energieeffizient ist, die mit Komfort punktet, Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz bewerkstelligt oder aber auch Hitzewellen, wie wir sie immer mehr erleben, zu trotzen weiss, nur solch eine Liegenschaft wird den Herausforderungen und Ansprüchen der Zukunft gerecht. Diese Gebäude behalten oder steigern ihren Wert und sind auch morgen noch am Markt gefragt. Der ökologische Anspruch wirkt sich also direkt ökonomisch aus. Dies nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die laufenden Heizkosten deutlich gesenkt werden, manchmal sogar auf null.
Bis dahin ist es ein langer Weg. Und am Anfang stellt sich immer die Frage nach dem Sinn, nach den Kosten und nach der Finanzierbarkeit einer Sanierung.
Berücksichtigt man auch die «graue Energie», also jene Emissionen, die beispielsweise durch Transporte oder die Herstellung von Baumaterialien entstehen, so schneidet eine zielgerichtete Renovation in 95 Prozent der Fälle ökologisch und energetisch besser ab, als Abriss und Neubau es tun. Wie bereits erwähnt, liegt der finanzielle Vorteil einer klimafreundlichen Sanierung letztlich in den tieferen laufenden Kosten. Und je mehr Sie anfänglich in zukunftsträchtige Technologien investieren, desto rascher erreichen Sie dieses Ziel.
«Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, seine Liegenschaft ökologisch und energetisch auf Vordermann zu bringen. Denn je früher man es macht, desto länger profitiert man.»
Und wie sieht es mit der Finanzierung aus?
Bund und Kantone fördern energetische Sanierungen seit 2010 mit finanziellen Beiträgen. Es gibt Subventionen, auch Steuervorteile winken. Wir als Bank reichen im Zuge energetischer Sanierungen ebenfalls Hand, etwa mit der «UBS Hypothek Energy» für den Heizungsersatz und den Einbau einer Photovoltaikanlage oder der «UBS Hypothek Renovation», beide zu Vorzugskonditionen. Manchmal gelingt eine umfassende Sanierung sogar zum Nulltarif, weil sie durch Vergünstigungen bei der Hypothek und mit tieferen laufenden Kosten selbstfinanzierend sein kann. Zusätzlich steigt aber der Wiederverkaufswert der jeweiligen Liegenschaft, was beispielsweise den Erbinnen und Erben zugutekommen kann.
Sie beziehen sich dabei auf die vielen «Babyboomer», die sich aktuell die Frage stellen müssen, was einmal mit ihrem Haus geschehen soll?
Genau. Während die nachrückenden Generationen sich heutzutage ganz explizit ihre Gedanken zu ökologischen und nachhaltigen Aspekten des Wohnens machen, leben viele Gebäudebesitzerinnen und Hausbesitzer in einem gewissen Alter so, wie sie es schon immer getan haben. Sie denken eventuell: Für mich lohnt sich eine Renovation nicht mehr.
Ein legitimer Gedanke, oder?
Vordergründig vielleicht. Mit Blick auf die allgemeine Lebenserwartung darf man jedoch gut und gerne behaupten: Natürlich lohnt sich so ein Projekt auch noch für ältere Personen, schliesslich geht damit immer eine Erhöhung des Wohnkomforts einher. Gleichfalls kommt der gesellschaftliche Umstand hinzu, wonach es heutzutage schlicht und einfach nicht mehr salonfähig ist, unsanierte Energieschleudern an die nächste Generation zu vererben.
Deutliche Worte – trotzdem: Nebst dem finanziellen Aufwand sind es häufig Begleitumstände wie rechtliche Fragen, Planung oder aber auch ganz einfach die zeitliche Inanspruchnahme, die Eigentümer vor einer Sanierung zurückschrecken lassen.
Aktuell haben wir tatsächlich Engpässe in den Lieferketten für Bauteile, das ist bekannt. Wenn eine Renovation vor der Pandemie vielleicht in vier Monaten machbar war, so kann daraus inzwischen schon ein Jahr werden. Darauf gilt es sich einzustellen.
Oder man harrt aus, bis dieser Engpass behoben ist…
Ehrlich gesagt, glaube ich nicht daran, dass sich an diesem Umstand so schnell etwas ändern wird. Im Gegenteil. Ich gehe davon aus, dass Renovationen und Sanierungen so stark zunehmen werden, dass sie das Angebot an Bauteilen über die nächsten Jahrzehnte übersteigen dürften. Insofern ist jetzt der richtige Zeitpunkt, seine Liegenschaft ökologisch und energetisch auf Vordermann zu bringen. Denn je früher man es macht, desto länger profitiert man.
Alles andere als einfach für den Laien ist indes die Sanierung an sich. Haben Sie diesbezüglich einen Tipp?
Wir haben seitens UBS zusammen mit Fachleuten vom Bund und aus der Privatwirtschaft einen neuen, umfangreichen Leitfaden mit Checklisten, Anleitungen und Ratschlägen erarbeitet, der hier weiterhilft (siehe Kasten). Ich persönlich bin jemand, der gerne möglichst alles selbst macht. Im Zuge der Erarbeitung unseres Leitfadens ist aber auch bei mir die Erkenntnis gereift: Ohne Fachleute sollte man so ein Projekt nicht angehen. Und damit meine ich neben Finanzierungsexperten vor allem Energieplanerinnen oder Architekten, die einen durch die unterschiedlichen Prozesse einer ökologischen Sanierung begleiten. Grundsätzlich kann man heute praktisch jedes Haus auf Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit trimmen und es gibt Fördermassnahmen, die zu erhalten keine Hexerei ist – wenn man denn weiss, wie es geht.
Sie haben es erwähnt: Manchmal würden Sie tatsächlich gerne die Klingel eines Hauses betätigen, um dessen Eigentümer auf den Zustand seines Gebäudes hinzuweisen. Lassen Sie es uns doch einfach tun: Sie klingeln, ich öffne, was sagen Sie zu mir?
Natürlich, dass Sie ein schönes Haus haben. Und dann würde ich Sie darauf hinweisen, dass eine klima- und umweltfreundliche Sanierung des Gebäudes viele Vorteile hat. Auf der einen Seite direkt für Sie als Eigentümer, weil Sie zusätzlichen Komfort schaffen, mittelfristig Geld sparen und den Wert der Liegenschaft sichern, wenn nicht sogar steigern. Ich sage Ihnen aber auch, dass dank Ihrem Zutun die nachrückende Generation und die Gesellschaft insgesamt profitiert, weil die Umweltbelastung reduziert wird. Also ich persönlich finde, dass das ein ziemlich attraktives Paket ist.