Druck, einst die Familienfirma zu übernehmen und die Firmengeschichte weiter zu schreiben, habe er hingegen nie gespürt. Das «Bau-Gen» indes glaubt er schon immer in sich getragen zu haben. Als Zwölfjähriger verdiente er auf dem Bau sein erstes Geld, zum Stundenlohn von 3.50 Franken. Mit sechzehn hatte er genug von der Schule und wurde Strassenarbeiter. Jeder der drei jungen Firmeninhaber erlernte zuerst einen Handwerksberuf. «Wir alle haben mit Schaufeln und Schrauben begonnen.» Später liess sich Patrick Eberhard zum Bauingenieur FH und Bauführer ausbilden, bevor er 2016 ins Familienunternehmen einstieg.
Das finanzielle Risiko ist für den jungen Unternehmer und Familienvater, dessen Frau im März die zweite Tochter erwartet, beträchtlich. Doch diese Risikofreude und ein Urvertrauen, dass es am Ende irgendwie gut kommt, scheinen typisch für die Eberhard-Familie zu sein.
Eigentlich wären die beiden Gründer am liebsten Grossbauern geworden. Doch der Bau des Flughafens Zürich machte diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen habe sich der Grossvater als gelernter Schlosser entschieden, ins Geschäft mit Baggern und Baumaschinen einzusteigen, sagt Patrick Eberhard. So konnten die beiden vom Flughafenbau, der ihre Pläne in der Landwirtschaft stoppte, wenigstens anderweitig profitieren. Bei jeder späteren Ausbauetappe des Flughafens war die Firma Eberhard mit von der Partie.
Richtig eng wurde es während der Erdölkrise Mitte der 1970er Jahre. Um finanziell über die Runden zu kommen, hätten die zuvor erworbenen Kiesgruben wieder verkauft werden müssen. Weil es in der Schweiz zu wenig Arbeit gab, seien die Gründer nach Saudiarabien als Unterakkordanten gegangen, wo sie auf zwei riesigen Baustellen gearbeitet hätten, erzählt Patrick Eberhard.
Die alten Eberhards seien schon immer von möglichst grossen Maschinen begeistert gewesen. Mittlerweile umfasst der Fuhrpark der Firma rund 250 Baumaschinen und 70 Lastwagen. Die Fahrzeuge, die wie alle Gebäude der Firma einen wasserblau-gelben Anstrich haben, befinden sich vollständig im Eigenbesitz. «Nichts ist geleast», betont der designierte Firmenchef.
Schon früh auf Ökologie gesetzt
Eberhards Spezialisierung auf die Ökologie begann in den 1980er Jahren. Auslöser war die Einführung einer neuen Abfallverordnung in der Schweiz. Seither können kontaminierte Böden nicht mehr einfach deponiert werden. Für die Eberhards bedeutet Ökologie mehr als ein Schlagwort oder eine neue Geschäftsmöglichkeit. Schon früh und freiwillig haben sie konkrete Massnahmen eingeführt, welche die Umweltbelastung reduzieren. Biologisch abbaubares Hydrauliköl für die Baumaschinen, Russpartikelfilter für die Lastwagen oder Bordcomputer für verbrauchsarmes Fahren gibt es bei Eberhard schon seit Jahrzehnten.
So überrascht es auch nicht, dass die Firma Anfang der 1990er Jahre die erste und grösste Bodenwaschanlage Europas errichtete. Sie war so teuer, dass ein Teil extern finanziert werden musste. Als sie gebaut war, gab es noch keine Kunden. Ihren Grosseinsatz hatte sie erst einige Jahre später durch eine schicksalhafte Fügung. Im März 1994 explodierte am Bahnhof Zürich Affoltern ein mit Benzin gefüllter Zisternenwagen und steckte angrenzende Häuser in Brand. Dabei gelangten viele Schadstoffe in den Boden. Eine Waschanlage, die den verschmutzten Abraum siebt, saubere Steine und Kies heraussortiert und den Filterstaub für die Zementherstellung oder eine sichere Deponierung aufbereitet, kam da wie gerufen. Die Anlage mit der Bezeichnung Esar ist noch heute in Rümlang im Betrieb.
In den Jahren danach baute die Firma auch eine Anlage, die Bauschutt aufbereitet, um aus Abfall Sekundärrohstoffe zu gewinnen. Auch dafür gab es anfänglich keinen Markt. Die Besitzer von Kiesgruben und Steinbrüchen zeigten wenig Interesse, solche Rohstoffe einzusetzen. Das gelte übrigens noch heute, fügt Patrick Eberhard bei.
Eine fehlende Kundenbasis hinderte die Firma jedoch nie, auf eigenes Risiko weitere solche Anlagen zu bauen. Wie ein entsprechendes Geschäftsmodell aussehen muss, hätten sie bei Baubeginn meist nicht gewusst. «Wären die nackten Zahlen im Vordergrund gestanden, hätten wir es nie gemacht», erklärt Patrick Eberhard die Situation, in der sich der Recycling-Pionier wiederholt befand. Diese Eigenschaft, sich nicht von Marktgegebenheiten einschränken zu lassen, sondern auf seinen eigenen Geschäftssinn zu vertrauen, habe schon die Vorgängergeneration gehabt.
Die Mine in der Stadt
Bei der jüngsten Bauschuttanlage Ebimik ist es genauso. Es dauerte Jahre, bis das Projekt reif war. Die Pilotanlage lief schon 2015. Die Kosten sind enorm, denn für die Trennung des Mischabbruchs werden selbstlernende Sortierroboter eingesetzt, welche die Fremdstoffe einzeln aussortieren. Nach dem anschliessenden mechanischen Nassverfahren kämen 99 Prozent des Materials als gleichwertiger Sekundärrohstoff heraus, sagt Eberhard. Details will er nicht verraten, noch läuft die Anlage nicht optimal. Deshalb stapeln sich zurzeit rund 60 000 Tonnen vorsortierter Bauschutt in der riesigen Halle. Die Dächer des auf mehrere Gebäude verteilten Komplexes sind mit Solarpaneelen belegt, deren Stromproduktion dem Eigenbedarf dient.
Ebimik könnte das Herzstück von Urban Mining werden. Bei diesem Konzept der Kreislaufwirtschaft wird die Bausubstanz einer Stadt als Rohstofflager für neue Bauten betrachtet. Angesichts der riesigen CO2-Emissionen, die mit der Zementherstellung und dem Bau verbunden sind, käme eine Wiederverwertung von Materialien dem Klima zugute. Für Patrick Eberhard ist Ebimik eine zwanzigjährige Wette. «Fünf Jahre säen, fünfzehn Jahre ernten.» Wenigstens die ersten Kunden seien an Bord, einen richtigen Markt für Sekundärrohstoffe gebe es jedoch noch nicht.
Dies war auch ein Grund, weshalb Eberhard in die Produktion von Beton eingestiegen ist. Mit ihrem Recyclingbeton Zirkulit, der zum grössten Teil aus Sekundärrohstoffen besteht und sogar einen Teil des CO2 binden kann, seien sie die Nummer eins in der Schweiz. Die Technologie hat Eberhard selbst entwickelt. Pro Kubikmeter Beton, in dem in der Regel rund 200 Kilogramm CO2 stecken, könnten damit rund 10 Kilogramm eingespart werden. Gesamthaft würden sich laut Eberhard die Treibhausgase mit Zirkulit um rund 10 Prozent reduzieren lassen. Die statischen Eigenschaften des Betons blieben gleich. Und die Kunden seien bereit, dafür rund 20 Prozent mehr zu zahlen.
Paradoxerweise schneidet der übliche Recyclingbeton, bei dem nur etwa ein Viertel des Sands und Kieses von Sekundärrohstoffen kommt, in Sachen Klimabelastung sogar noch schlechter ab als Primärbeton. Schuld daran ist der etwas höhere Zementanteil. In der Schweiz gibt es eine vorgeschriebene Mindestmenge von 280 Kilogramm pro Kubikmeter, an die sich auch der Zirkulit halten muss. Das passt natürlich den Zementherstellern. Geforscht wird indes schon jetzt an zementfreiem Beton. «Die Zukunft muss ein kreislauffähiges Haus auf mineralischer Basis sein», sagt Eberhard.
Baubranche in der Krise
Die Spezialisierung von Eberhard bei der Altlastsanierung, Wiederverwertung und ökologischen Baustoffen hängt auch damit zusammen, dass die traditionelle Bauwirtschaft trotz Bauboom strukturelle Probleme hat. Laut Eberhard liegen die Gewinnmargen im Bau am Boden. Kaum eine Firma verfüge über Reserven; der Preiskampf sei brutal. Hinzu komme ein extremer Fachkräftemangel.
Er wisse, wovon er rede, er selbst sei früher ja Bauleiter und Bauführer gewesen, sagt Patrick Eberhard. Auf den Baustellen herrsche ein System, bei dem die Fehler des Gegenübers die einzige Gelegenheit seien, selbst den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Dass diese Kultur nicht die attraktivste sei, liege auf der Hand, folgert der Unternehmer.
Zudem werde ständig versucht, dem Konkurrenten Mitarbeiter abzuwerben. «Unsere besten Leute erhalten zwei Mal pro Monat ein Telefon mit der Anfrage, ob sie nicht für mehr Lohn wechseln wollten. Sogar ich bekomme manchmal solche Angebote», sagt Eberhard schmunzelnd. Trotzdem gibt es für ihn nichts Besseres als den Bau: «Wo sonst sieht man tagtäglich, wie etwas Neues entsteht, was einen Mehrwert für viele generiert?»