Eine Illustration des geplanten Speichers. Bild: Northern Lights
Auf Speicher in der Nordsee muss die Schweiz zurückgreifen, weil das Potenzial im Inland noch kaum abgeschätzt wurde. Zwar wollen Bund und ETH in den nächsten Jahren in einem alten Bohrloch der Nagra im zürcherischen Trüllikon testen, in welchem Ausmass CO2 in der Schweiz gelagert werden könnte. Doch schätzt der Bund, dass geologische Speicher frühestens in 15 bis 20 Jahren zur Verfügung stehen werden.
«Ob es genügend geeignete Speicherstätten im Inland gibt und ob sich diese erschliessen lassen, wurde in der Vergangenheit nur unzureichend erkundet», sagt Cyril Brunner vom Institut für Atmosphäre und Klima an der ETH Zürich. Auch fehle hierzulande das Know-how für die Technologie, bei der CO2 Hunderte Meter tief in den Untergrund injiziert wird. «Der Schweiz bleibt darum nichts anderes übrig, als einstweilen auf den Export von CO2 zu setzen», sagt der Klimawissenschafter. Weil dafür länderübergreifende Regulatorien und Qualitätskriterien fehlten, ergebe es Sinn, dass die Schweiz mit bilateralen Verträgen für Planungssicherheit sorge.
Deutschland plant Pipelinesystem
Hinzu kommt die logistische Herausforderung. Das Flüssiggas muss in Containern per Bahn und Schiff an den Lagerstandort befördert werden – was sehr aufwendig ist. So zeigt sich, dass die Kosten für den Transport derzeit stärker ins Gewicht fallen als die Speicherung. Ändern würde sich dies erst, wenn das CO2 via Pipelines an die Nordsee gelangen kann. Dabei könnte etwa eine Leitung von Karlsruhe in Baden-Württemberg nach Basel gelegt werden, um eidgenössisches CO2 aufzunehmen. In Deutschland gibt es Pläne für die Schaffung einer solchen Infrastruktur. Doch noch stehen die Gespräche für den Aufbau eines Pipeline-Netzes erst am Anfang.
Angesichts der grossen Unsicherheiten scheuen sich private Unternehmen aus energieintensiven Branchen noch, in Anlagen zu investieren, mit denen das CO2 abgeschieden werden kann. Bislang lanciert wurden bloss Pionieranlagen, die zum überwiegenden Teil durch Mittel der öffentlichen Hand finanziert wurden. Ein Beispiel dafür ist das Zementwerk Brevik. Ab nächstem Jahr soll dort erstmals klimaverträglicher Zement hergestellt werden. Mit der neuen Anlage, für die zu 80 Prozent der norwegische Staat aufkam, können jährlich 400 000 Tonnen CO2 abgeschieden und unter dem Meeresboden entsorgt werden.
In der Schweiz ist die Industrie noch nicht so weit. «Für die klimaneutrale Zementproduktion müssten die Kosten wohl an die Endkunden weitergegeben werden», sagt Stefan Vannoni, Direktor des Branchenverbands Cemsuisse. Selbst wenn die Kosten für den Transport und die Speicherung sänken, würde sich der Preis für Zement damit wohl etwa verdoppeln.
Ohne eine Unterstützung durch den Staat beim CO2-Transport sowie bei der Bereitstellung von klimaneutraler Energie wäre dies laut Vannoni für die Zementhersteller kaum zu verkraften. Dies nicht zuletzt auch, weil die Schweiz sich davor scheue, einen Grenzausgleich einzuführen, welcher die heimischen Unternehmen vor Konkurrenten schütze, die keinen Klimaschutzvorgaben unterliegen.
Bereits Pionierprojekte lanciert haben in der Schweiz derweil Betriebe der öffentlichen Hand. So investiert die Stadt Zürich 35 Millionen Franken in eine Anlage, die das CO2 einfängt, das bei der Verbrennung von Klärschlamm entsteht. Die eine Hälfte davon soll in Recyclingbeton gebunden, die andere Hälfte in eine Speicherstätte in der Nordsee eingebracht werden.
Die Anlage im Werdhölzli soll indes bloss die Vorstufe sein für deutlich grössere Projekte. So plant die Stadt Zürich auch bei der Kehrichtverbrennungsanlage Hagenholz CO2 abzuscheiden. Ebenso will die Kehrichtverbrennungsanlage Linth im Kanton Glarus bis 2030 eine Abscheideanlage für mindestens 100 000 Tonnen CO2 pro Jahr in Betrieb nehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Gas dereinst unter dem Meeresboden der Nordsee verbunkert wird, ist in den letzten Tagen gewachsen.