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Klima & Energie

Das vergangene Jahr war mit Abstand das heisseste seit Beginn der Messungen – und jetzt?

2023 ist die globale Mitteltemperatur erstmals um 1,5 Grad über das vorindustrielle Niveau gestiegen. Das Klima-Limit des Pariser Abkommens ist erreicht. Und überholt?

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Jetzt ist es amtlich: Wärmer war es noch nie, seit man mit den Messungen begann. Das gab der europäische Copernicus Climate Change Service am 9. Januar bekannt. Am 12. Januar bestätigte das auch die Weltmeteorologieorganisation (WMO), die auf weitere Auswertungen gewartet hat.

Im Jahr 2023 wurde demnach erstmals eine globale Mitteltemperatur erreicht, die knapp 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau lag. Der bisherige Rekord von 2016 wurde laut WMO um 0,16 Grad übertroffen.

Die 1,5-Grad-Grenze wird prominent im Pariser Klimaabkommen genannt. Darin heisst es, dass die Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad gehalten werden sollte; man sollte aber auch Anstrengungen unternehmen, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen – dies würde die Klimarisiken merklich reduzieren.

Überschreiten wir also gerade die ambitionierte Temperaturgrenze des Pariser Abkommens? Nein, sagen Klimaforscher, so weit ist es noch nicht. Dafür gibt es zwei Gründe.

Die 1,5-Grad-Grenze ist noch nicht vollends überschritten

Der Hauptgrund ist, dass sich das Temperaturlimit nach allgemeinem Verständnis auf die langfristige klimatische Entwicklung bezieht. Nur weil in einem einzelnen Jahr die 1,5-Grad-Marke erreicht wird, sind wir noch nicht kurz davor, das Ziel des Pariser Abkommens zu verpassen. Das ist erst dann der Fall, wenn der Temperaturmittelwert über einen vorgegebenen Zeitraum von mehreren Jahren höher als 1,5 Grad steigt.

Doch für welchen Mittelungszeitraum wurde die 1,5-Grad-Grenze eigentlich definiert? «Die ehrliche Antwort lautet: Das kann keiner aufklären», sagt Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Im Pariser Abkommen fehlt eine Präzisierung. In der Fachwelt kursieren vor allem zwei Zahlen: Nimmt man eine Definition der Weltmeteorologieorganisation, ist der Mittelungszeitraum dreissig Jahre lang; nimmt man eine Definition des Uno-Klimarats, sind es zwanzig Jahre. «Keiner kann mit Autorität sagen, welche Definition die zutreffende ist», sagt Geden.

Es gibt noch einen weiteren Grund, weshalb die Definition der 1,5-Grad-Grenze unklar ist: Die globalen Temperaturdaten werden von mehreren Klimadiensten ausgewertet. Die Japan Meteorological Agency meldete ihre Daten bereits vergangene Woche, Copernicus folgte am vergangenen Montag. Das Goddard Institute for Space Studies der Nasa, die amerikanische Klimabehörde Noaa, ein Team an der University of California in Berkeley sowie das Hadley Centre in England gaben ihre Temperaturdaten am 12. Januar heraus.

Zwischen den Analysen bestehen geringe Unterschiede

Die Temperaturdaten der sechs Institutionen unterscheiden sich leicht. Diese Differenzen haben vor allem damit zu tun, dass es schwierig ist, das vorindustrielle Temperaturniveau abzuschätzen.

Die Gruppe in Berkeley kommt für 2023 auf die stärkste Erwärmung – um 1,54 Grad. Alle anderen Institutionen gaben etwas niedrigere Werte bekannt.

Wahrscheinlich seien die Temperaturen von 2023 die höchsten in den vergangenen 100 000 Jahren, sagt Samantha Burgess, Vizedirektorin des Copernicus Climate Change Service, laut einer Medienmitteilung. Diese Aussage beruht neben den Temperaturmessungen auch auf Rekonstruktionen früherer Temperaturen, zum Beispiel anhand von Eisbohrkernen und Baumringen.

Treibhausgase und der Pazifik haben zum Rekord beigetragen

Vor allem zwei Ursachen werden für den neuen Temperaturrekord im Jahr 2023 genannt: der Ausstoss von Treibhausgasen und das Wetterphänomen El Niño.

Dass die Temperatur langfristig steigt, liegt an der Emission von Treibhausgasen. Die Verantwortung dafür trägt also der Mensch. Die bodennahe Erdatmosphäre sendet immer weniger Wärme ins Weltall hinaus, weil Kohlendioxid, Methan und andere Treibhausgase einen Teil der Wärmestrahlung abfangen. Darum steigt die Temperatur immer weiter an.

Dass es nicht jedes Jahr einen neuen Temperaturrekord gibt, hat vor allem mit El Niño zu tun. So nennt man die alle paar Jahre wiederkehrende Erwärmung des tropischen Pazifiks – ein natürliches Phänomen. Immer wenn El Niño wiederkehrt, steigt die globale Mitteltemperatur mit einer gewissen Verzögerung um ein paar Zehntelgrad. In anderen Jahren sinkt sie dann wieder.

Wird 2024 wegen El Niño ein weiteres Rekordjahr?

Im vergangenen Jahr hat sich ein El-Niño-Ereignis aufgebaut, das im Dezember seinen Höhepunkt erreichte. Ursprünglich war darum für 2024 ein neuer Temperaturrekord erwartet worden, doch nun ist er schon früher gekommen. Klimaforscher hat die starke Erwärmung im vergangenen Jahr überrascht.

Gut möglich, dass diesmal zwei Rekordjahre in Folge auftreten. Denn der volle Erwärmungsschub durch El Niño macht sich global oft erst in den Monaten danach bemerkbar. Die Fachleute vom Hadley Centre jedenfalls rechnen für 2024 mit einem weiteren Temperaturrekord.

Langfristig dürfte der Erwärmungstrend anhalten, denn die Konzentrationen der Treibhausgase steigen weiter. Es wäre darum nicht überraschend, wenn es nur noch ein bis zwei Jahrzehnte dauerte, bis die 1,5-Grad-Marke aus dem Pariser Abkommen offiziell überschritten wird.

Sven Titz, «Neue Zürcher Zeitung» (12.01.2024)

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Dieser Artikel behandelt folgende SDGs

Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.

13 - Massnahmen zum Klimaschutz

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