Unsere Welt verändert sich rasant. Klimawandel, Digitalisierung und Urbanisierung stellen uns und unsere Lebensräume vor neue Herausforderungen. Gleichzeitig bieten sich Chancen für Innovationen. Die Initiative «Lebensräume 2025» der BKW bietet eine Plattform für die Gestaltung von zukunftsweisenden Lösungen für lebenswerte Lebensräume. Mit sogenannten Ateliers schafft die Initiative Raum für Zusammenarbeit – und strebt einen konstruktiven Dialog zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik an.
Was genau ist ein lebenswertes Quartier?
Besonders aktuell ist das Atelier «Lebenswerte Quartiere». Denn Verdichtung und Klimawandel setzen insbesondere unsere urbanen Lebensräume stark unter Druck. Im Atelier wird der Frage nachgegangen, wie Quartiere künftig gestaltet werden können, um eine hohe Lebensqualität für alle sicherzustellen. Um das herauszufinden, muss aber erst klar sein, was ein Quartier überhaupt lebenswert macht.
«In meiner jetzigen Situation würde ich sagen: kurze Wege zur Arbeit, kurze Alltagswege und genug Platz zum Leben», bringt es Fynn Rösch, Teamleiter Holzbau- und Tragwerksplanung bei Assmann Beraten + Planen, einer Konzerngesellschaft der BKW, auf den Punkt. Zusammen mit dem Hamburger Architekten Cornelius Voss ist er ausserdem Host des Ateliers. Ein erster Workshop zum Atelier hat Ende November in Hamburg stattgefunden. Am 17. und 18. Januar 2024 folgen im Rahmen des Swissbau Labs zwei Weitere. Das Atelier richtet sich an Stadtplaner:innen, Architekt:innen, Gemeindevertreter: innen und alle, die daran interessiert sind, nachhaltige und lebenswerte Quartiere zu schaffen. Tatsächlich sind die Schlüsselkomponenten zur Schaffung lebenswerter Quartiere vielfältig. Eine solide Infrastruktur, die den Bedürfnissen einer sich entwickelnden Gesellschaft gerecht wird, ist unerlässlich. Dazu gehören angemessene Wohnmöglichkeiten, effiziente Verkehrswege, Grünflächen und öffentliche Plätze, die das Miteinander fördern. Aber auch die Einbindung der Menschen ist entscheidend. Erst ein aktives Miteinander ermöglicht es, Bedürfnisse zu äussern und die Entwicklung des eigenen Lebensraums mitzugestalten. Bildung, Kultur und soziale Einrichtungen sind ebenfalls zentral, da sie das Gemeinschaftsgefühl stärken und die Vielfalt fördern. «Architekten spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung dieser Umgebung», sagt Voss. Er betont, dass die Architektur funktional, nachhaltig und sozial gestaltet sein muss, um wirklich lebenswerte Quartiere zu schaffen. Zumal die Ansprüche in all diesen Bereichen steigen.
«Verantwortungseigentum» als Katalysator
Die Frage lautet deshalb: Wie bringt man steigende Ansprüche und höhere Preise für Wohnflächen unter einen Hut? Die Entwicklung in vielen Städten, in denen Wohneigentum unerschwinglich wird, sei sicher nicht gut, sagen beide: «Unsere Aufgabe ist es, Konzepte zu entwickeln, mit denen wir Interessen bündeln und gemeinsam mit der Politik und kommunalen Behörden Wohnraum schaffen können». Dabei spiele die Vergabe der Flächen und die Überlegungen dahinter eine wichtige Rolle.
«Die HafenCity hier in Hamburg ist ein Beispiel, das aufzeigt, dass in Stadtentwicklungsprojekten allzu oft das Versprechen einer lebendigen Stadt nicht oder noch nicht eingehalten werden konnte», sagt Voss. Auch wenn Hamburg andere Voraussetzungen hat als viele Schweizer Städte, sind die Probleme im DACH-Raum ähnlich. «Was Deutschland und die Schweiz verbindet, ist die
enorm niedrige Quote an Grundstückeigentum. Wir glauben, dass das keine gute Entwicklung ist», so Voss. Man müsse versuchen, die Eigentumsquote zu erhöhen. «Nur so entwickelt man auch ein soziales Engagement im Quartier.» Neben ökologischen Aspekten wie ressourcenschonendem Bau und CO2-Einsparungen gehört zur Lebensqualität im Quartier deshalb auch die Nachhaltigkeit der Besitzstruktur. Denn das Konzept des «Verantwortungseigentums» geht über blosses Eigentum hinaus. Es schafft langfristige Bindungen und funktionierende Nachbarschaften. Eine Stadt, die ausschliesslich auf Investorenrendite ausgerichtet ist, schadet hingegen der Lebendigkeit ihrer Quartiere. So kann es vorkommen, dass ganze Geschosse oder Gebäude leer stehen – weil sie für die Bedürfnisse von Investor:innen, nicht der Bewohner:innen entwickelt wurden. Ein zentraler Fokus des Ateliers liegt deshalb auf der Integration der politischen Agenda. Der Einbezug von Entscheidungsträgern ist unerlässlich, um die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. «Die Politik muss die Visionen unterstützen und Strategien entwickeln, die diese Konzepte umsetzbar machen», sagen die Hosts. Auch Banken haben eine wichtige Rolle im Transformationsprozess. Als Finanzierende von Projekten haben sie die Möglichkeit, nachhaltige Entwicklungen zu unterstützen und Anreize für Investitionen zu schaffen.