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China hat viel Landfläche, um den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen: riesige Solaranlagen in der Wüste der Provinz Xinjiang.
China hat viel Landfläche, um den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen: riesige Solaranlagen in der Wüste der Provinz Xinjiang.

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Klima & Energie

Weltmeister in Sachen schmutzige Energie – aber auch bei den grünen Technologien: China dominiert die globale Energielandschaft

China ist die zweitgrösste Wirtschaftsmacht und der grösste Verschmutzer der Welt. Gleichzeitig dominiert China die Herstellung sauberer Technologien. Das alles macht es zum Schlüsselland für die internationale Energie- und Klimapolitik. Jetzt hat China neue Klimaziele verkündet.

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Weltmeister in Sachen schmutzige Energie – aber auch bei den grünen Technologien: China dominiert die globale Energielandschaft

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Ohne China werden europäische Startups, die in saubere Technologien investieren, nicht überleben. Das ist die Schlussfolgerung einer Gruppe von europäischen Investoren, die im Juli laut einem Bloomberg-Bericht durch Chinas grüne Tech-Szene tourten.

Ob Windturbinen, Solarpanels, Batterien oder Elektroautos – kein Land investiert mehr in saubere Energien oder installiert mehr grüne Anlagen. Zudem kontrolliert China auch noch die Wertschöpfungsketten für die Rohstoffe, die dafür nötig sind – mit Folgen für Europas Pläne, eigene grüne Lieferketten aufzubauen und zu etablieren.

Die Investoren raten europäischen Firmen der Branche, nach China zu kommen, um von den Marktführern vor Ort zu lernen und Fähigkeiten zu übernehmen – ganz so, wie es China erst noch vor wenigen Jahren mit europäischen Unternehmen tat.

«Auf dem Papier wirken [Chinas] Netto-Null-Ziele wenig ambitioniert. In der Praxis ist die Einführung sauberer Technologien jedoch atemberaubend», schrieb der deutsche Investor Sebastian Heitmann am Dienstag auf Linkedin. Er war im Juli Teil der Reisegruppe.

Chinas Klimaziele sind nicht ideologisch, sondern strategisch

Die Gründe dahinter hätten weniger mit der Umwelt zu tun als mit geo- und wirtschaftspolitischen Interessen. «Bei Nachhaltigkeit geht es auch um Widerstandsfähigkeit, Sicherheit und langfristige strategische Vorteile. China hat dies verstanden – und handelt mit beispielloser Geschwindigkeit und in beispiellosem Umfang», schrieb Heitmann.

Ein Blick auf die jüngsten Daten stützt diese Analyse.

Allein im letzten Jahr investierte China gemäss den Daten der Denkfabrik Ember 625 Milliarden Dollar in den Ausbau sauberer Energien. Das ist ein Drittel von dem, was von allen Ländern weltweit insgesamt investiert wird (2 Billionen Dollar). Kein anderes Land baut zudem mehr Solar- und Windanlagen. Seit 2021 hat China laut Ember den Zubau auch noch beschleunigt.

Seit Anfang dieses Jahres könnten die Wind- und Solaranlagen bei günstigen Bedingungen gemeinsam sogar mehr Strom produzieren als Kohle, die bisher die dominante Stromquelle Chinas war. Auch der Einsatz von Batterien wächst immer schneller, China fügte allein im vergangenen Jahr mehr Batteriespeicher hinzu als die USA und die EU zusammen.

Saubere Technologien bremsen fossile Brennstoffe

Autos, Heizung, Kühlung und Industrieanlagen funktionieren in China immer öfter elektrisch. Das bremst das Wachstum bei den fossilen Brennstoffen. Vor zwei Jahren wurde Strom zur grössten Energiequelle für die Industrie und überholte damit die Kohle.

30 Prozent des Energiebedarfs in China werden heute aus Strom gedeckt. Das ist mehr als in vielen Industrienationen. Saubere Stromquellen, allen voran die Solar- und die Windenergie, drängen derweil den Anteil fossiler Brennstoffe an der Stromproduktion zunehmend zurück.

Experten gehen davon aus, dass Chinas Emissionen womöglich schon ab diesem Jahr ihren Höhepunkt erlangen könnten und danach sinken – auch wenn das Land offiziell angegeben hat, dieses Ziel erst 2030 zu erreichen.

Grüne Technologien als Wirtschaftsmotor

Zudem exportiert China immer mehr grüne Energietechnologien – von Solarpanels über Elektroautos bis zu Batterietechnologien – in Entwicklungs- und Schwellenländer und unterstützt damit die dortige Energiewende. Denn die meisten neuen Wind- und Solaranlagen sind laut der Ember-Studie heute kostengünstiger als fossile Brennstoffe. Chinesische Fabriken produzieren rund 60 Prozent der weltweiten Windkraftanlagen und 80 Prozent der Solarmodule. Die massiven Investitionen und Produktionsmengen haben weltweit die Kosten der Technologien gesenkt.

Beide Trends «schaffen die Voraussetzungen dafür, dass der weltweite Energieverbrauch aus fossilen Brennstoffen seinen Höhepunkt erreicht und dann zurückgeht», sagen die Analysten bei Ember.

Das bisherige Klimaziel Chinas ist nicht ambitioniert

Noch ist China jedoch der grösste Verursacher von Emissionen weltweit – und somit des Klimawandels. Es ist vor allem Chinas Energiehunger, der die wachsende Nachfrage nach den fossilen Brennstoffen ab 2012 angetrieben hat. Kein Land produziert und verbraucht mehr Kohle. Kein Land ist mehr dafür verantwortlich, dass die Kohlenachfrage weltweit steigt, als China.

Chinas offizielle Klimaziele sind vor diesem Hintergrund nicht ambitioniert. Peking plant, netto null Emissionen erst ab 2060 zu erreichen, also zehn Jahre später als Europa und andere Industriestaaten. Das Klimaziel für 2030 sieht gar keine Emissionsminderungen vor und ist damit eigentlich überholt.

Am Mittwoch hat China ein neues Klimaziel verkünden. Das hatte Xi Jinping schon im April in Aussicht gestellt. In der Logik des Pariser Klimaabkommens müssen Regierungen in diesem Jahr neue Emissionsziele für 2035 setzen.

Dabei zählen vor allem die Pläne der grossen Verschmutzer und der aufstrebenden Wirtschaftsmächte. Denn es hängt von ihnen ab, ob und zu welchem Grad sich die Emissionen in den kommenden Jahren senken lassen. Kein Land ist für diese Rechnung so ausschlaggebend wie China.

In diesem Jahr gibt es einen weiteren Grund, warum Experten die Ankündigung kaum abwarten konnten. Denn China hat zum ersten Mal ein konkretes Reduktionsziel festgelegt. Die Emissionen sollen um 7 bis 10 Prozent zurückgehen. Und zum ersten Mal schliesst der Plan alle Sektoren der Wirtschaft und alle Treibhausgase ein.

Klimaexperten forderten vor der Ankündigung jedoch Minderungen von 30 Prozent und waren entsprechend enttäuscht. «Die Glaubwürdigkeit der chinesischen Klimaziele erfordert substanzielle Emissionsreduktionen», sagte der China-Experte Lauri Myllyvirta von der Denkfabrik Crea.

Gleichwohl gingen Myllyvirta und andere Beobachter davon aus, dass sich Chinas Regierung wohl kaum auf ambitionierte Ziele festlegen und dadurch mit der Politik der vergangenen Klimaziele brechen würde. Xi hat die Klimaziele entsprechend vage verankert. Es wird weder gesagt, ab wann Emissionen fallen müssen – was Unternehmen laut Experten weiterhin Freiraum gibt, ihren Ausstoss bis 2030 zu steigern – noch wurden ehrgeizige Ausbauziele für die Solar- und Windkraft formuliert.

Die internationale Klimapolitik ist unter Druck

Das stellt für viele Klimadiplomaten ein Problem dar. Denn vor den Klimaverhandlungen im November in Brasilien gibt es sonst kaum mehr überzeugende Fackelträger.

Die USA sind unter Donald Trump aus dem Abkommen ausgestiegen, am Dienstag noch hatte Trump den Klimawandel als grössten Schwindel aller Zeiten bezeichnet. Die EU ist intern so zerrissen, dass sich die Mitgliedstaaten bisher noch nicht auf ein neues Klimaziel für 2035 und 2040 einigen konnten. Damit entfällt der selbsternannte Verfechter der internationalen Klimapolitik.

Brasilien versucht sich derweil im Spagat zwischen der klimapolitischen Leitfigur und den wirtschaftlichen Ambitionen, die heimischen Erdölreserven, so lange es geht, auszubeuten.

Im Gegensatz zu Europa gilt in der Klimapolitik im Falle Chinas jedoch der Leitsatz: «Weniger versprechen, dafür mehr liefern.» Myllyvirta und Kollegen mildern wohl aus diesem Grund schon heute ihre Kritik. Sie sagen, dass Chinas Vorsatz nicht als endgültiges Klimaziel, sondern als Ausgangspunkt und Leitlinie für Chinas Entwicklung gesehen werden sollte.

Denn noch bestimmender als internationale Abkommen sind für China die Fünfjahrespläne. Chinas nächster Plan bis 2030 ist zurzeit in Arbeit. Auf die Details darin kommt es an. Das gilt nicht nur für Chinas Wirtschaftswachstum, sondern auch für die Entwicklung der weltweiten Emissionen.

Kalina Oroschakoff, «Neue Zürcher Zeitung» (26.09.2025)

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Dieser Artikel behandelt folgende SDGs

Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.

7 - Bezahlbare und saubere Energie
9 - Industrie, Innovation und Infrastruktur
13 - Massnahmen zum Klimaschutz

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