«Vermutlich sollte ich manchmal opportunistischer denken»
Als Jury-Mitglied des «Sustainable Shapers» Awards zeigt Nicole Blum, wie unternehmerische Weitsicht und Nachhaltigkeit zusammenwirken. Im Interview erklärt sie, wo Firmen ansetzen können – strategisch wie im Alltag.
0
Teilen
Hören
«Vermutlich sollte ich manchmal opportunistischer denken»
Teilen
Hören
0.25
0.5
1
1.25
1.5
1.75
2
«Vermutlich sollte ich manchmal opportunistischer denken»
00:00
00:00
3 Min.
• • Anja Ruoss
Gab es einen Moment, in dem Sie Ihre Haltung zur Nachhaltigkeit grundsätzlich überdenken mussten?
Nicole Blum: «Nein, keinen konkreten Moment. Aber im Alltag merke ich immer wieder, dass Nachhaltigkeit oft unbequem ist – gerade bei der Entwicklung neuer Produkte. Trotzdem treffe ich bewusst die Entscheidungen, die ich für richtig halte.»
Was bedeutet nachhaltige Führung für Sie persönlich?
Blum: «Ganz persönlich glaube ich nicht, dass ich in Sachen nachhaltiger Führung einen Unterschied mache. Für mich ist inklusive, faire und ehrliche Führung selbstverständlich – der Mensch steht im Zentrum. In einem kleinen Team lässt sich das bestimmt auch einfacher umsetzen als in grossen Unternehmen.»
«Ich halte an unseren Werten fest, selbst wenn das mit Umsatzeinbussen oder längeren Entwicklungszeiten verbunden ist.»
Nicole Blum
Gründerin und CEO No Bullsh!t GmbH
Wie gelingt es Ihnen, Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen?
Blum: «Ganz ehrlich – das gelingt mir wohl nicht immer. Darin liegt auch die grosse Herausforderung: an den eigenen Werten festzuhalten, das braucht viel Überzeugung – gerade als kleines Unternehmen. Vermutlich sollte ich manchmal opportunistischer denken – aber das fühlt sich einfach nicht richtig an.»
Wo sehen Sie aktuell den grössten Hebel für nachhaltiges Wirtschaften in Ihrer Branche?
Blum: «Die grössten Hebel sehe ich in der Kosmetikbranche bei den Rohstoffen, ihrer Gewinnung und den Verpackungen. Nachhaltige Verpackungen und Produkte, die schon bei der Herstellung Ressourcen sparen, sind entscheidend.»
Gibt es eine Entscheidung, die Sie als Führungskraft getroffen haben, auf die Sie in puncto Nachhaltigkeit besonders stolz sind?
Blum: «Es gibt nicht die eine Entscheidung – eher die Konsequenz, mit der ich an unseren Werten festhalte, selbst wenn das mit Umsatzeinbussen oder längeren Entwicklungszeiten verbunden ist. Ich bin stolz darauf, dass unsere Kundinnen und Kunden uns vertrauen können und wir stets nach der besten, nachhaltigsten Lösung suchen.»
«Bei Konsumierenden ist eine gewisse ‹Nachhaltigkeits-Müdigkeit› zu spüren.»
Nicole Blum
Gründerin und CEO No Bullsh!t GmbH
Was sind aus Ihrer Sicht die grössten Hürden für nachhaltige Transformation in der Schweiz?
Blum: «Ein grosses Hindernis ist das fehlende Know-how – und dass wirtschaftliche Interessen oft über nachhaltige Ziele gestellt werden. Ausserdem ist bei Konsumierenden eine gewisse ‹Nachhaltigkeits-Müdigkeit› zu spüren.»
Welche Innovation, Technologie oder Initiative begeistert Sie aktuell besonders?
Blum: «Alles was dazu führt, Plastik zu vermeiden.»
Wer oder was inspiriert Sie persönlich in Ihrem Engagement für eine nachhaltige Zukunft?
Blum: «Nachhaltige Marken wie Patagonia und innovative Start-ups wie Noriware inspirieren mich.»
«Ich wünsche mir, dass Nachhaltigkeit nicht länger nur ein Marketing-Claim ist, sondern als echte Haltung verstanden wird.»
Nicole Blum
Gründerin und CEO No Bullsh!t GmbH
Welchen Nachhaltigkeitsmythos würden Sie gern ein für alle Mal aus der Welt schaffen?
Blum: «Ich wünsche mir, dass Nachhaltigkeit nicht länger nur ein Marketing-Claim ist, sondern als echte Haltung verstanden wird. Dass wir sie ernst nehmen – nicht als Kür zur Kundengewinnung, sondern aus ehrlicher Überzeugung, um gemeinsame Ziele zu erfolgen.»
Welcher einfache, aber wirksame Nachhaltigkeitstipp hat sich in Ihrem Führungsalltag bewährt?
Blum: «Reduzieren – und unsere Mitarbeitenden sowie Kunden dafür zu sensibilisieren, dass wir in allen Bereichen des Alltags mit weniger auskommen können. Vielleicht untypisch für eine Unternehmerin, aber genau das unterscheidet Purpose-Driven von Performance-Driven Unternehmen: Das grosse Ganze zählt.»
Sustainable Shapers 2025
Sustainable Switzerland, die Nachhaltigkeitsplattform der NZZ, zeichnet erstmals die «Sustainable Shapers» der Schweiz aus: Herausragende Persönlichkeiten, welche die nachhaltige Entwicklung gestalten und vorantreiben. Ausgezeichnet werden Pioniere und Vordenker, die mit ihrem Engagement und innovativen Konzepten starke Zeichen für eine nachhaltige Zukunft setzen – ökologisch , unternehmerisch und sozial.
Eine unabhängige Jury kürt die «Sustainable Shapers» in den drei Kategorien «Leadership & Transformation», «Knowledge & Opinion» sowie «Vision & Innovation». Die Auszeichnung erfolgt am Sustainable Switzerland Forum am 2. September 2025 in Bern.
«20 bis 40 Prozent weniger Energieverbrauch»: viboo reduziert den Heizbedarf alter Gebäude mit KI
Wirtschaft
Wo keine Lkw hinkommen, fliegen Drohnen: Dufour Aerospace denkt Logistik neu
Wirtschaft
Wie «digitale Lasagne» die CO₂-Bilanz verbessert
Dieser Artikel behandelt folgende SDGs
Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.