Logo image

Bildungskompass

newsletter image

Finde schneller zur passenden Aus- oder Weiterbildung.

Beantworte ein paar Fragen und erhalte personalisierte Vorschläge – oder vergleiche nach deinen eigenen Kriterien.

Jetzt loslegen
Zukunftsvision des Pariser Architektenbüros PCA-Stream: Champs Élysées als «aussergewöhnlicher Lebensraum».
Zukunftsvision des Pariser Architektenbüros PCA-Stream: Champs Élysées als «aussergewöhnlicher Lebensraum».

Zukunftsvision des Pariser Architektenbüros PCA-Stream: Champs Élysées als «aussergewöhnlicher Lebensraum». Rendering: Pca-Stream

Gesellschaft Partner Inhalt: One Planet Lab

Im Zickzackkurs zur Transformation

Wer Nachhaltigkeit als linearen Fortschrittsprozess versteht, wird zwangsläufig enttäuscht. Doch das sollte uns nicht vom Weg abbringen.

0

Teilen
Hören
Logo image

Im Zickzackkurs zur Transformation

Teilen
Hören

3 Min.  •   • 

Seit wann verläuft Geschichte linear? Das war noch nie so – wie jede Historikerin und jeder Historiker weiss. Und doch erwarten wir genau das, wenn es um Nachhaltigkeit geht: stetigen Fortschritt, ohne Rückschritt, ohne Umwege.

Wir wollen Veränderung, aber nur, wenn sie ohne Querelen verläuft. Nachhaltigkeit soll die Welt retten, ohne unseren Alltag zu stören. Doch wer glaubt, die ökologische Transformation verlaufe reibungslos, hat die Geschichte sozialer Umbrüche nicht verstanden. Denn auch wenn Transformation Technik braucht, ist sie vor allem eines: ein grosser gesellschaftlicher Anpassungsprozess. Und dieser verlangt nach sozialen Innovationen – und nach Debatten, die nicht immer harmonisch verlaufen.

Falsche Erwartungen

Die gegenwärtige Ernüchterung angesichts der unübersichtlichen Weltlage ist daher kein Zufall, sondern Folge falscher Erwartungen und Annahmen.

Erstens sind Gesellschaften vielschichtige Systeme. Man kann nicht an X drehen und erwarten, dass Y herauskommt. Transformation ist komplex, besonders in hochspezialisierten Gesellschaften wie den unseren. Dies anzuerkennen ist eine grundlegende Einsicht.

Zweitens beruhen demokratische Gesellschaften auf Auseinandersetzung. Wer definiert, was die «richtige» Nachhaltigkeitstransformation ist? Der Verweis auf die Wissenschaft greift hier zu kurz. Gewiss liefert die (Natur-)Wissenschaft Fakten – etwa, dass netto null als Zielbild gesetzt ist. Doch über den Weg dorthin entscheidet keine Formel, sondern die demokratische Debatte. Sie ist anstrengend, aber notwendig.

Drittens folgt menschliches Verhalten selten reiner Vernunft. Erkenntnis führt nicht automatisch zu Handlung. Wissen ist Voraussetzung, doch neue Infrastrukturen und persönliche Erfahrungen sind ebenso entscheidend.

«Transformation ist kein Sprint, sondern ein Dauerlauf – mit Richtungswechseln und Pausen.»

Leonard Creutzburg

Co-Leiter One Planet Lab

Was bedeutet das für die derzeit sichtbaren – vermeintlichen oder tatsächlichen – Rückschritte in der Nachhaltigkeitspolitik?

Erstens muss die ökologische Transformation ganzheitlich gedacht werden. Jede lokale oder persönliche Anpassung ist Teil des grösseren Ganzen; jedes kleine Projekt trägt zum Mosaik bei.

Zweitens ist die demokratische Streitkultur kein «Kulturkampf», sondern Ausdruck funktionierender Demokratie. Dieses inflationär genutzte Unwort verschleiert, dass Demokratie von Debatte lebt – allerdings auf der Basis gemeinsamer Tatsachen. Über die Klimaerhitzung kann nur gesprochen wenn, wenn ihre Existenz anerkannt wird. Und das ist, entgegen manchen Schlagzeilen, der Fall: In der Schweiz sehen 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung die Klimakrise als ernstzunehmende Bedrohung an.

Drittens braucht Wandel Zeit. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier; Anpassungen erfordern Übung und soziale Einbettung – im Freundeskreis, im Quartier, in der Nachbarschaft.

Am Beispiel der Verkehrspolitik lässt sich das gut illustrieren. Viele Städte wollen den öffentlichen Raum sicherer und lebenswerter gestalten – mehr Freiheit für die Mehrheit. Dazu braucht es weniger Autos. Solche Prozesse sind langwierig und umstritten: Wer darf wann noch wohin fahren? Welche Ausnahmen gelten? Doch Erfahrungen zeigen: Nach Pilotphasen bleiben autofreie Strassen fast überall bestehen. Weil die Menschen merken, dass das Leben in einem grüneren, ruhigeren und sichereren Umfeld angenehmer ist – und sich ihre Gewohnheiten anpassen. Solche Erfahrungen sind entscheidend: Sie übersetzen abstrakte Nachhaltigkeitsziele in konkrete Lebensqualität. So wird Transformation erfahr- und erlebbar – und damit politisch tragfähig.

Das grosse Ziel

Was folgt daraus? Transformation ist kein Sprint, sondern ein Dauerlauf – mit Umwegen, Pausen und Richtungswechseln. Entscheidend ist, dass wir uns weiterbewegen, Schritt für Schritt – Rückschläge gehören dazu. Und manchmal kann es plötzlich sehr schnell gehen: Sozialer Wandel verläuft eben nicht linear, sondern kann zuweilen auch Sprünge nach vorn machen.

Ob nun Donald Trump im Weissen Haus sitzt oder nicht: Der Weg bleibt derselbe. Zukunft entsteht im Zickzack. Das grosse Ziel müssen wir dabei stets im Blick behalten: wieder innerhalb der planetaren Grenzen zu agieren – denn nur so kann unsere Gesellschaft langfristig bestehen. In diesem Sinne: Laufen wir weiter!

Der Autor ist Verantwortlicher für neue Wirtschaftsmodelle und Zukunftsfragen bei WWF Schweiz.

Dieser Artikel behandelt folgende SDGs

Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.

11 - Nachhaltige Städte und Gemeinde

Werbung

Beliebteste Artikel

Empfohlene Artikel für Sie

Zukunftsvision Bern 2045, ein Visual aus der «Infothek für Realutopien»
Lebensräume

Die Zukunft ist mehr als Technik

After Work
Gesellschaft

Haben wir für Nachhaltigkeit in der Krise überhaupt Zeit?

Foto: NZZ
Gesellschaft

«Nachhaltig heisst fair teilen»

Ähnliche Artikel

https://pixabay.com/photos/books-education-school-literature-462579/
Gesellschaft

Nachhaltigkeit im Unternehmen wirksam vorantreiben

Portätbild von Nicole Blum
Wirtschaft

«Vermutlich sollte ich manchmal opportunistischer denken»

Teaserbild für Sustainable Shapers
Wirtschaft

Neue Auszeichnung für Gestalter der Nachhaltigkeit