Womit kann man denn eher bei Konsumenten punkten?
Wie wir wissen, rangiert Nachhaltigkeit bei den Kaufkriterien erst an vierter, fünfter Stelle. Entscheidender sind der Preis, die Qualität und der persönliche Lifestyle. Wir müssen die Konsumenten deshalb anders abholen – indem wir gezielt auf diese Kriterien eingehen. Viele Unternehmen tun sich schwer damit: Sie wissen zwar, dass sie mehr Akzeptanz für grüne Produkte schaffen müssen, geraten dabei aber in die Öko-Falle: Sie wählen für ihre Produkte oftmals grüne, blaue oder braune Farbtöne, welche für die Umwelt stehen sollen. Das mag Öko-Fans ansprechen, die breite Masse lockt man damit nicht. Die sagt sich: «Ich möchte ein Produkt, das zu mir passt, das auch ästhetisch ansprechend ist.»
Haben Sie ein Beispiel?
Spannend ist das Beispiel Magnum. Die Glace-Marke hat erst einmal 20 Jahre investiert, um ihre Eiscreme mit Vanillegeschmack vegan herzustellen. Zuerst hat man das Produkt in den typisch grünen Farben samt dem Schriftzug «vegan» kommuniziert, welches die Öko-Fans anspricht, nicht aber die breite Masse. Also wurde die Kommunikation umgestellt: Das Grün verschwand und wurde durch ein leuchtendes Violett ersetzt. Ausserdem rückte der Schriftzug «vegan» in den Hintergrund. In den Vordergrund trat dafür das Erlebnis, das ich mit einem «Magnum» auf der Zunge spüre.
Können Sie uns auch ein interessantes Beispiel aus der Schweiz nennen?
Nehmen wir Weleda. Die DNA des Unternehmens ist seit jeher ausgeprägt grün und nachhaltig. Als der Umsatz mit Naturkosmetikprodukten nicht mehr so gut lief, wurde das Führungsteam ausgetauscht und durch Leitungspersönlichkeiten, die von Douglas und Nivea kamen, ersetzt. Diese beiden Marken stehen für Produkte, die die breite Masse ansprechen. Das sieht man nun auch in der Kommunikation von Weleda, die zuvor schon etwas angestaubt war. Jetzt werden die Produkte auf TikTok und in Zusammenarbeit mit Influencern lifestyliger kommuniziert, ausgerichtet an den Erwartungen der Konsumenten und weniger an einer bestimmten Ideologie.
Was raten Sie Entscheidungspersonen in Unternehmen ausserdem?
Heutzutage sieht man viele Unternehmen, die ihre Ziele zum Absatz nachhaltiger Produkte revidieren oder wieder zurückschrauben. Es fehle dafür schlicht die Nachfrage der Konsumentinnen und Konsumenten, heisst es dann. Solchen Unternehmen rate ich, stärker das «60%-Potenzial» ins Visier zu nehmen und ihr Businessmodell zu überdenken. Und das beginnt schon bei der Preissetzung. Wenn jemand aus der Konsumentengruppe der 60 Prozent im Laden Tofuwürste in der einen Hand hält und St. Galler in der anderen, wird er sich, wenn das Fleisch günstiger ist, für das Fleischprodukt entscheiden. Aus Umfragen geht hervor, dass Menschen zu einem 50-prozentigen Preisaufschlag für nachhaltige Produkte bereit sind. Das deckt sich nur leider nicht mit der Realität.