Was versteht man bei Lidl Schweiz denn unter Nachhaltigkeit? Und welche Meilensteine konnte Lidl Schweiz in puncto Nachhaltigkeit bereits erreichen?
Pennanen: Nachhaltigkeit bezieht sich bei uns nicht nur auf den Umgang mit der Natur und der Umwelt – diese Dimension kann Julia sicherlich nochmals detaillierter ausführen als ich –, sondern auch auf die Mitarbeitenden. Lidl Schweiz wurde bereits mehrmals als «Great Place to Work» sowie als «Top Employer» ausgezeichnet, unter anderem aufgrund der Förderung von Work-Life-Balance-Themen und Teilzeitarbeitsmodellen. Wir sind auch der Detailhändler mit dem besten durch einen Gesamtarbeitsvertrag abgesicherten Mindestlohn. Ganz allgemein kommt es uns bei all unseren Nachhaltigkeitsbemühungen sehr entgegen, dass Lidl Schweiz als Teil der Schwarz-Gruppe zu einem nicht börsenkotierten Familienunternehmen gehört. So wird nicht von Quartalsergebnis zu Quartalsergebnis, sondern langfristig geplant.
Baumann: Auf gewissen Themen ist Lidl Schweiz seit Markteintritt führend. Dazu gehört nebst dem Lohn auch das Flugverbot, welches seit Beginn an für den Transport von Obst und Gemüse gilt und mittlerweile auch auf frische Kräuter, Frischfleisch oder frischen Fisch ausgeweitet wurde. Ein weiteres Beispiel ist der Ausbau erneuerbarer Energie: Wir setzen seit Jahren auf Photovoltaikanlagen und sind heute so weit, dass wir auf den Dächern all unserer Verteilzentren und eigenen Filialen eine Photovoltaikanlage installiert haben. Wichtig finde ich auch die Erkenntnis, dass zur Bewältigung der grossen Herausforderungen, mit denen wir im Bereich der Nachhaltigkeit konfrontiert sind, starke Partnerschaften das A und O sind. So ist ein Meilenstein sicherlich unsere seit 2017 bestehende Partnerschaft mit dem WWF Schweiz.
Wie wirkt sich die Zusammenarbeit mit dem WWF Schweiz aus?
Pennanen: Gemeinsam haben wir konkrete, verbindliche und ambitionierte Ziele definiert, um ein nachhaltiges Angebot sowie ein umweltverträgliches Handeln bei Lidl Schweiz zu fördern. Die Ziele werden offengelegt, und ein externes Audit-Unternehmen prüft, ob sie auch erreicht werden. Und die bisherigen Ergebnisse können sich sehen lassen: So haben wir beispielsweise unsere betrieblichen Treibhausgasemissionen zwischen 2013 und 2019 mehr als halbiert. Letztes Jahr haben wir diese Zusammenarbeit zum zweiten Mal verlängert und gemeinsam nochmals ambitioniertere Ziele vereinbart – sowohl betreffend unsere Sortimentsgestaltung als auch in Bezug auf unser betriebliches Handeln. Diese beinhalten auch, dass wir uns zu den strengen wissenschaftsfundierten Nachhaltigkeitskriterien der Science Based Targets Initiative (SBTi) verpflichtet haben.
Und was hat sich spezifisch im Sortiment getan? Inwiefern ist das nachhaltiger geworden?
Baumann: Zusammen mit dem WWF haben wir zum Beispiel kritische Rohstoffe definiert. Dazu gehören Kakao, Kaffee, Tee oder Palmöl. Da schauen wir ganz genau hin und haben bereits 2017 eine Roadmap verabschiedet, um solche Rohstoffe in unserem Eigenmarkensortiment nur noch aus nachhaltigen, zertifizierten Quellen zu beziehen. Dass wir diese definierten Ziele auch in die Tat umsetzten, zeigte die eben veröffentlichte Palm Oil Scorecard des WWF Schweiz am Beispiel von Palmöl, das in unseren Eigenprodukten, wie gesagt, zu 100 Prozent aus nachhaltigen, zertifizierten Quellen stammt. In der Scorecard belegen wir unter allen in der Schweiz ansässigen Unternehmen den ersten Platz. Darüber hinaus bauen wir aber auch unser Angebot an klimafreundlichen Produkten immer weiter aus und fördern den Abverkauf dieser pflanzenbasierten Produkte. Das spiegelt sich in einer markanten Steigerung der Produkte wider, die in unserem Sortiment mit dem V-Label ausgezeichnet sind. Für uns ist auch wichtig, dass wir Nachhaltigkeit in unserem Sortiment transparent machen und durch diese Transparenz wiederum auch für einen bewussten Ernährungsstil sensibilisieren können.
Das Ziel, durch Transparenz ganz allgemein einen bewussten Kaufentscheid zu ermöglichen, verfolgen wir natürlich auch in anderen Sortimentsbereichen. So haben wir als erster Detailhändler das Tierwohlrating des Schweizer Tierschutzes STS eingeführt. Dieses gibt dem Konsumenten direkt auf dem Produkt eine Einordung zu den Haltungs- und Lebensbedingungen der Tiere.
Im Zeitalter des gesteigerten Gesundheitsbewusstseins achten Konsumenten nicht nur auf nachhaltig produziertes, sondern auch auf gesundes Essen. Was trägt Lidl Schweiz zur bewussten Ernährung bei?
Pennanen: Das ist für uns ein wichtiges Thema. Konzernweit hat Lidl eine Reduktionsstrategie lanciert, die darauf abzielt, in den Produkten der Eigenmarken den durchschnittlichen Gehalt an zugesetztem Zucker und Salz bis 2030 um jeweils 20 Prozent zu verringern. Wir setzen seit Jahren auch auf mehr Transparenz am Regal und haben den «Nutri-Score», eine ergänzende, freiwillige Nährwertkennzeichnung, eingeführt. Sie ist in Form einer Farbskala vom dunkelgrünen A bis zum roten E gut sichtbar auf den Verpackungen aufgebracht.
Welchen Stellenwert haben für Sie Bioprodukte?
Pennanen: Wir sind stolz darauf, dass Lidl Schweiz den Umsatz mit biologisch produzierten Lebensmitteln in den letzten Jahren weiter steigern konnte. Wir stellen fest, dass es die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten sehr schätzen, dass wir ihnen in Zeiten marktweit steigender Preise hohe Qualität zu fairen Preisen anbieten. Bei Lidl Schweiz sind mittlerweile mehr als 350 Bioprodukte erhältlich, sprich, über 10 Prozent unserer Lebensmittel sind Bio-zertifiziert, Tendenz stets weiter steigend. Darüber hinaus beteiligen wir uns aber auch an Forschungsprojekten für die Erhaltung der Biodiversität und unterstützen Projekte unserer Produzenten für eine biologische Landwirtschaft.
Wie gehen Sie mit Food-Trends, wie zum Beispiel der pflanzenbasierten Ernährung oder High-Protein-Produkten, um?
Pennanen: Es ist wichtig, am Puls der Zeit zu bleiben. Daher beschäftigen wir uns mit Food-Trends. Hier geht es aber noch um mehr. Eine ausgewogene, gesunde Kost ist entscheidend für das persönliche Wohlbefinden. Gleichzeitig können wir mit unserer Ernährung und unserem Einkaufsverhalten dazu beitragen, dass es auch unserem Planeten besser geht. Erwiesen ist, dass pflanzliche Nahrungsmittel das Klima deutlich weniger belasten als tierische Produkte wie Fleisch oder Kuhmilch. Im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie möchten wir daher den Anteil von Nahrungsmitteln aus pflanzlichen Proteinquellen kontinuierlich ausbauen.
Können Sie dazu Zahlen nennen?
Baumann: Aktuell beläuft sich das Verhältnis von pflanzlichen zu tierischen Proteinquellen im Sortiment von Lidl Schweiz auf 16 Prozent pflanzlich zu 84 Prozent tierisch. Diese Zahlen haben wir erstmals für das Geschäftsjahr 2022 anhand eines volumenbasierten Ansatzes ermittelt. Im Rahmen unserer Proteinstrategie haben wir uns nun das Ziel gesetzt, bis 2030 den Anteil pflanzenbasierter Proteinquellen auf 20 Prozent zu erhöhen.
Kommen wir noch einmal zurück auf Ihr Firmenjubiläum. Was wünschen Sie sich zum 15. Geburtstag von Lidl Schweiz?
Pennanen: Einerseits wünsche ich mir, dass wir weiterhin einen respektvollen Umgang miteinander und mit der Natur pflegen. Andererseits möchten wir noch mehr Kunden für unser nachhaltiges Geschäftsmodell begeistern können und bei unseren Stakeholdern – unseren Kunden, Lieferanten und Mitarbeitenden – immer die erste Wahl bleiben.
Baumann: Mein Wunsch ist, dass wir auch in Zukunft mit ungebrochenem Elan am Thema Nachhaltigkeit dranbleiben, um unsere ambitionierten Ziele erreichen zu können. Dazu gehört zum Beispiel auch, die Lebensmittelabfälle hierzulande bis 2030 auf die Hälfte zu reduzieren. Als schweizweit aktiver Detailhändler haben wir die Chance, vieles zu bewegen. Diese Chance wollen wir nutzen.