Logo image
The Good Ole' Days Coffee and Ice Cream, Punta Gorda, Florida

Bild: Jeffrey Greenberg / Getty Images

Produktion & Konsum

Sind Ernährungstrends der Schlüssel zu einer nachhaltigen Lebensmittelwirtschaft?

Eine neue Agroscope-Studie zeigt die langfristigen Ernährungstrends der unterschiedlichen Generationen auf. Richtig gedeutet, bereiten diese Einsichten den Weg zu einer nachhaltigen Ernährungswirtschaft.

4

Teilen
Link kopieren LinkedIn
Hören
Logo image

Sind Ernährungstrends der Schlüssel zu einer nachhaltigen Lebensmittelwirtschaft?

Teilen
Link kopieren LinkedIn
Hören

3 Min.  •   • 

Alt und Jung isst anders, Geschmäcker verändern sich über Generationen hinweg. Die grossmütterliche «Gschwellti» weicht dem «Fushion Prawn Pad Thai» und das in den 1950er-Jahren entstandene Jahrhundertgewürz «Aromat» will auch nicht so recht zum veganen Schnitzel passen.

Doch wieso verändert sich unsere Küche? Verschiebungen in der Ernährung sind trotz ihrer hohen potenziellen Relevanz nicht vollständig verstanden. Einen Konsens in der Wissenschaft gibt es zumindest betreffend der Art der Veränderung: Der Energiebedarf (sprich Kalorien) einer Gesellschaft wird durch soziodemografische Umschwünge gesteuert. Verändertes Ernährungsverhalten (sprich Vorlieben) hingegen resultiert daraus, dass wir uns anders verhalten. Zum Beispiel – durch die Globalisierung angetrieben – leben wir internationaler. Diese Umorientierung schlägt früher oder später auf den Magen.

Soll heissen, die Schweiz kocht immer mehr internationale, wenn auch nicht zwingend exotische Küche. «Zwiebeln werden immer beliebter, sie werden ja auch in jeder Pastasauce benötigt. Hingegen wissen viele Leute nicht mehr, was sie mit Wurzelgemüse wie Rettich anfangen sollen», sagt Stefan Mann von Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung.

Trends über Generationen hinweg

Der Agrarökonom und Forschungsgruppenleiter Mann ist Autor einer neuen Langzeitstudie, die nicht nur Ernährungsgewohnheiten von einzelnen Generationen analysiert, sondern verschiedene Generationen über einen längeren Zeitraum hinweg vergleicht. In diesem Fall wurde der Lebensmittelkonsum von sechs Generationen über den Zeitraum von 30 Jahren hinweg untersucht. Diese Konsum-Trends sind gerade für die Ernährungswirtschaft wegweisend, zeigen sie doch, welche Produkte langfristig beliebter werden und welche in den Verkaufsregalen zurück bleiben.

«Für mich war die wichtigste Erkenntnis, dass es Produkte gibt, bei denen der Trend bei den Generationen in eine unterschiedliche Richtung geht, bei andern in die gleiche. Es gibt alle möglichen Kombinationen», so Mann. Die Nachfrage nach Zitrusfrüchten stieg bei jüngeren Generationen während des Untersuchungszeitraums zum Beispiel deutlich an, während bei älteren Menschen genau das Gegenteil geschah. Beim Fleisch sei die Lage uneinheitlich, so Mann. Die 50 bis 70-Jährigen schwenken in Richtung Geflügel, während bei Jüngeren Lammfleisch immer beliebter wird.

Ebenso gebe es übergreifende Entwicklungen: Über alle Generationen isst die Schweiz heute mehr Bohnen- und Erbsen. Deutlich allerdings auch: Schweizerinnen und Schweizer konsumieren weniger Milch als früher.

Stefan Mann

«Flüssigmilch ist heute längst nicht mehr das wichtigste Segment der Milchproduzenten.»

Stefan Mann

Agroscope

Signalwirkung für Markt und Umweltpolitik

Nebst breiteren Trends wie Veganismus sind gerade die Einsichten in die Beliebtheit von Einzelprodukten wie Trinkmilch wegweisend: Erkennen Entscheidungsträger deren Wichtigkeit, kann nachhaltiger Ernährung der Weg bereitet werden – und zwar politisch und marktwirtschaftlich.

Wobei gerade der Markt mehr aus den Ernährungsprognosen mache als die öffentliche Hand, sagt Mann. Das Angebot würde einfach angepasst. «Flüssigmilch ist heute längst nicht mehr das wichtigste Segment der Milchproduzenten. Man kann das Beispiel Emmi nehmen: Die machen ihr Geld nicht mehr mit Milch, sondern mit ihrem Kaffeegetränk.»

Der Ernährungspolitik fehle diese Flexibilität und Effizienz heute noch. «Das ist sicher ein Defizit, an dem man arbeiten sollte», sagt Mann. Die Politik stehe in der Pflicht, Ernährungstrends zu berücksichtigen und prosoziales Verhalten wie die Reduzierung des Fleischkonsums zu fördern.

Nicht zuletzt haben Konsumgewohnheiten von Lebensmitteln einen erheblichen Einfluss auf unseren ökologischen Fussabdruck. Tendiert eine Generation dazu, weniger Fleisch zu essen, hat das Einfluss auf die Umwelt: Der Anteil der Viehzucht an den verursachten Treibhausgasemissionen liegt bei rund 14,5 Prozent.

Dieser Artikel behandelt folgende SDGs

Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.

3 - Gesundheit und Wohlergehen
12 - Verantwortungvoller Konsum und Produktion
13 - Massnahmen zum Klimaschutz

Werbung

Beliebteste Artikel

Empfohlene Artikel für Sie

Teller mit Fleischgericht
Produktion & Konsum

Adieu, argentinisches Rindsfilet: Die Stadt Zürich will Restaurants mit einer Charta zu mehr Nachhaltigkeit bewegen

Bild einer Schüssel Kornflakes mit Beeren und Milch
Produktion & Konsum

Junk Food: Woran man hochverarbeitete Lebensmittel erkennt und weshalb nicht alle schädlich sind

Schweizer Agrarfläche
Produktion & Konsum

Mehr Menschen, mehr Nahrung: Woher soll das Essen in einer Zehn-Millionen-Schweiz kommen?

Ähnliche Artikel

Gemüsekorb
Produktion & Konsum

Ist die Zukunft der Food-Branche weiblich, fleischlos und regenerativ?

«Die Lösung: Essbare Algen von Schweizer Bauernhöfen»
Produktion & Konsum

«Die Lösung: Essbare Algen von Schweizer Bauernhöfen»

Regionale Lebensmittel schonen die Umwelt, das stimmt nicht immer – aber es gibt andere Wege, wie Konsumenten ihre Ökobilanz tatsächlich verbessern können
Produktion & Konsum

Regionale Lebensmittel schonen die Umwelt, das stimmt nicht immer – aber es gibt andere Wege, wie Konsumenten ihre Ökobilanz tatsächlich verbessern können