«Life in plastic, it’s fantastic», singt die Band Aqua in «Barbie Girl». Nicht nur das Leben der Plastikpuppe, sondern auch unser Alltag besteht mittlerweile zu einem grossen Teil aus Plastik: Möbel, Kleider, allerlei Gebrauchsgegenstände und viel Verpackungsmaterial werden aus verschiedenen Kunststoffen hergestellt. Leider finden sich auch die Abbauprodukte überall. Wir atmen winzige Plastikpartikel mit der Luft ein, wir essen und trinken sie mit der Nahrung.
Kürzlich zeigte eine Studie, dass kommerziell erhältliches Wasser in PET-Flaschen 240 000 Plastikteilchen pro Liter enthält. Das ist laut Forschung 10 bis 100 Mal so viel, wie frühere Messungen gezeigt haben. Sie verwendeten eine Messmethode, die nicht nur Mikroplastik, sondern auch das viel kleinere Nanoplastik detektiert.
Allein mit den täglich empfohlenen zwei Litern Wasser nimmt man somit eine halbe Million Plastikteilchen auf. Das ist unheimlich. Denn die Nanopartikel können durch die Darmwand in die Blutgefässe schlüpfen. Mit dem Blut werden sie ins Herz und ins Gehirn gespült und kommen sogar in die Zellen hinein. Im Labor wurde beobachtet, dass Immunzellen grössere Mengen Mikroplastik aufnehmen können. Ich stelle mir vor, wie die winzigen Plastikteilchen über die Jahre meine Zellen auffüllen – bis ich selbst zu Plastik werde. Und dann singe ich: «I’m a barbie girl, in a barbie world . . .»
Aber was für Barbie ein körpereigenes Material ist, ist für unsere Zellen ein Fremdstoff und in grossen Mengen wahrscheinlich nicht bekömmlich. Zum Glück werden die meisten Plastikpartikel mit den Nahrungsabfällen wieder ausgeschieden. Wie viele davon die Darmwand überwinden und in den Körper hineinkommen und wie schädlich das ist, darüber weiss man noch viel zu wenig. Die Plastikpartikel sind bezüglich ihrer Grösse und chemischen Beschaffenheit sehr unterschiedlich und damit auch in ihrer potenziell schädlichen Wirkung.
Es ist denkbar, dass Partikelansammlungen in den Organen chronische Entzündungen auslösen. Man kann sich auch vorstellen, dass mit Plastikteilchen befüllte Zellen nicht mehr gut funktionieren. Um die potenzielle Gefahr abschätzen zu können, ist es wichtig, die aufgenommene Menge zu kennen. Deshalb wollen die Forscherinnen und Forscher in Zukunft auch menschliche Gewebe mit ihrer Messmethode untersuchen.
Ich nehme mir vor, nur noch Hahnenwasser aus meiner Edelstahlflasche zu trinken. Früher habe ich wochenlang dieselbe PET-Flasche mit frischem Wasser befüllt. Das ist nicht ratsam. Denn laut Forschern lösen sich bei jedem Quetschen oder bei der Erwärmung der Flasche Nanopartikel heraus. Laut einer Studie entsteht bei jedem Auf- und Zuschrauben des Deckels Abrieb, der ins Getränk rieselt.
Aber Plastik ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Es ist überall in uns und um uns herum. Archäologen sagten vor einigen Jahren voraus, dass sich die Archäologie der Zukunft vor allem mit Plastikmüll beschäftigen wird. Wir sind also gar nicht so weit entfernt von einem Leben in Plastik. Aber phantastisch finde ich das nicht. Natürlich schätze ich das Material in seinen unterschiedlichen Formen und Verwendungszwecken, aber die Allgegenwärtigkeit der winzigen Abbaustoffe ist beunruhigend.
In der wöchentlichen Rubrik «Hauptsache, gesund» werfen die Autorinnen und Autoren einen persönlichen Blick auf Themen aus Medizin, Gesundheit, Ernährung und Fitness. Bereits erschienene Texte finden sich hier.