Angesichts wachsender klimatischer, sozialer und geopolitischer Herausforderungen verfügt die Schweiz, gestützt auf ihre finanzielle und innovative Stärke sowie ihre politische Stabilität, über eine einzigartige Gelegenheit und Verantwortung, eine führende Rolle einzunehmen. Am 1. Oktober brachten InTent und die Stiftung B Lab Schweiz im Rahmen der Swiss Impact & Prosperity Initiative (SIPI) und der Transformative Finance Coalition (TFC) Führungskräfte aus den Bereichen Finanzen, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft beim Building Bridges Summit in Genf zusammen. Ihre Mission: die Rolle der Schweiz bei der Förderung regenerativer Finanzen und Innovationen zu bekräftigen.
Ein Widerspruch im Herzen der Schweiz
Jonathan Normand, CEO von B Lab Schweiz, beschrieb die Ambition von SIPI wie folgt: «Den Diskurs verändern, indem wir Wohlstand als zirkulären Wert, Wohlbefinden, Gesundheit und Resilienz innerhalb planetarer Grenzen und nicht nur anhand des BIP definieren» und die «Infrastruktur für evidenzbasierte Übergangspfade bereitstellen, die uns zeigen, wo wir heute handeln müssen.»
Anjali Nursimulu, Chief Strategy Officer von SIPI, hob das Paradoxon der Schweiz hervor: Das Land steht weltweit an der Spitze in Sachen Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, fällt jedoch in puncto globaler Wirkung zurück und rutscht im Climate Change Performance Index und im Sustainable Development Index ab. Nursimulu fragte: «Was müsste geschehen, damit die Schweiz Nummer 1 in der Krankheitsprävention und der finanziellen Nachhaltigkeit des Gesundheitssystems wird, und damit effektiv vom Modell der Krankheitsversorgung zu einem echten Gesundheitssystem übergeht?»
Diese Frage gab den Anstoss für einen grossen Sprung nach vorne. Um Wohlstand im 21. Jahrhundert zu gestalten, muss die Schweiz von einem neuen Kompass geleitet werden, der definiert, wie Wohlstand gemessen und umgesetzt wird. Nursimulu stellte den SIPI PROSPER Compass vor, einen systemischen Leitfaden, der den Lebenssinn und das Wohlbefinden der Menschen in den Mittelpunkt stellt und gleichzeitig Möglichkeiten für Regeneration, resiliente Wirtschaftssysteme, gerechtes Wachstum, planetare Integrität und letztlich stärkere soziale Kohäsion öffnet.
Systemisches Kapital freisetzen
Beim geschlossenen TFC-Workshop am Vormittag «Unlocking Systemic Capital for Regenerative Impact» trafen sich über 40 Führungskräfte aus Finanzen, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um systemische Engpässe zu identifizieren und praktische Lösungen gemeinsam zu entwickeln. Obwohl die Perspektiven vielfältig waren, konvergierten Diskussionen auf einen gemeinsamen Willen, Trägheit zu überwinden und Finanzflüsse mit langfristigem Wohlstand innerhalb planetarer Grenzen in Einklang zu bringen.
Teilnehmende des TFC-Workshops «Unlocking Systemic Capital for Regenerative Impact». Bild: B Lab Schweiz
Der Workshop machte deutlich, dass das nachhaltige und wirkungsorientierte Finanzökosystem der Schweiz fragmentiert bleibt und hinter Ländern wie den Niederlanden oder Schweden zurückbleibt. Pensionsfonds und institutionelle Investoren bleiben vorsichtig gegenüber Blended Finance, gehemmt durch regulatorische Unsicherheit, Komplexität und Reputationsrisiken. Gleichzeitig treten Family Offices, Stiftungen und Unternehmensführer als frühe Vorreiter voran.
Um die Schweiz als führend im Bereich Impact Finance zu etablieren, ist eine koordinierte Aktion in Politik, Finanzwesen und Industrie erforderlich. Dies bedeutet, eine Koalition von Vermögensinhabern aufzubauen, robuste Mess- und Transparenzrahmen zu entwickeln und Plattformen zu schaffen, die privates Kapital mit wirkungsvollen Möglichkeiten verbinden, unterstützt durch Spielregeln des 21. Jahrhunderts, die langfristige, regenerative Ergebnisse belohnen.
Von Innovation zu Impact: Das Schweizer Innovationsökosystem aktivieren
Das Nachmittags-Panel untersuchte, wie die Schweiz ihre finanzielle Stärke und ihr Innovationsökosystem nutzen kann, um als globaler Vorreiter für regenerative Modelle zu wirken. Trotz unterschiedlicher Perspektiven waren sich die Redner in diesen Punkten einig: Vertrauen aufbauen, indem Risiko und Wert neu definiert werden und Kapital bewusst mobilisieren.
Angela de Wolff betonte, dass Vertrauen mit Transparenz und Nachverfolgbarkeit beginnt. Investoren müssen zuerst verstehen, was sich in ihren Portfolios befindet—Risiken, Chancen und Nachhaltigkeitsexpositionen—bevor sie zu einer stärkeren Impact-Allokation übergehen. Sie forderte harmonisierte, vereinfachte Indikatoren, um eine Überfrachtung mit Kennzahlen zu vermeiden, die eher verwirren als leiten. Angela sprach auch über die Notwendigkeit eines langfristigen Investitionsdenkens.
«Vertrauen aufzubauen bedeutet Transparenz und Nachverfolgbarkeit. Investoren müssen zuerst verstehen, was sie besitzen, bevor sie zu grösserem Impact übergehen können.»
Angela de Wolff
Aus politischer Sicht betonte Markus Reubi, dass Vertrauen auch auf Regierungsebene auf dem Spiel steht. In einer Zeit, in der der Multilateralismus herausgefordert wird, muss die Schweiz internationale Verpflichtungen (wie die Agenda 2030) einhalten, positive Ansätze unterstützen und ihre Erfahrungen in kollaborativer Politikgestaltung teilen. Ein Übergang «über das BIP hinaus» hin zu regenerativen Rahmenwerken sei entscheidend, um Glaubwürdigkeit und Führungsanspruch zu wahren.
«Vertrauen steht auf dem Spiel. Regierungen müssen ihre Verpflichtungen einhalten, Schuldzuweisungen stoppen und konstruktive Ansätze entwickeln, um regenerativere Systeme zu erkunden.»
Markus Reubi
Rosa Sangiorgio erinnerte das Publikum daran, dass die Schweiz 9 Bio. CHF an verwalteten Vermögenswerten besitzt. Für 97 Prozent davon wisse man jedoch nicht, ob sie positive oder negative Auswirkungen haben. Um weiterhin global führend zu bleiben, müsse die Fragmentierung des Ökosystems überwunden und Kapital bewusst allokiert werden. Sie forderte, Risikobewertungsrahmen so neu zu gestalten, dass zukünftige Szenarien einbezogen werden, insbesondere angesichts geopolitischer, technologischer und klimatischer Herausforderungen.
«Die Schweiz verwaltet 9 Billionen Franken an Vermögenswerten — aber weniger als 3% werden mit positivem Impact investiert. Um auch künftig führend zu bleiben, müssen wir systemisches Denken und Intentionalität in die Kapitalallokation einbringen.»
Rosa Sangiorgio
Tim Polaszek weitete den Blick und stellte fest, dass das heutige Wirtschaftssystem der Natur, Beziehungen, Sicherheit und Wohlbefinden «null Wert» beimisst. Er erklärte, dass eine integrierte Wertbilanzierung notwendig sei, um Entscheidungen mit planetaren Grenzen in Einklang zu bringen.
«Die Wirtschaft ist ein soziales Konstrukt. Wenn wir sie erschaffen haben, können wir sie auch neu gestalten — eine, die Natur, Beziehungen und Wohlbefinden wertschätzt.»
Tim Polaszek
Abschliessend warnte Patrick Odier vor Risikoverleugnung und betonte die Bedeutung der Freisetzung privaten Kapitals für den Globalen Süden. Er wies darauf hin, dass nachhaltige Finanzen in einfachen, zugänglichen Begriffen kommuniziert werden müssen, damit die Bürger die Transformation unterstützen. Übermässige Komplexität könne das Momentum verlangsamen. Patrick ermutigte dazu, die öffentliche Meinung einzubeziehen, um eine schnelle und erfolgreiche Transformation zu fördern, und lobte SIPI für die Verankerung von Vereinfachung als eines ihrer Grundprinzipien.
«Für echte Transformation müssen wir alles vereinfachen. Wenn die Bürger es nicht verstehen, werden sie es nicht unterstützen.»
Patrick Odier
Gemeinsam vermittelte das Panel die Botschaft, dass die Schweiz zum Wahrzeichen des Wohlstands im 21. Jahrhundert werden kann, indem Vertrauen aufgebaut, Intentionalität begrüsst und Finanzflüsse mit den langfristigen gesellschaftlichen Bedürfnissen in Einklang gebracht werden.
Ausblick
Die Gespräche von SIPI beim Building Bridges Summit unterstrichen eine grundlegende Wahrheit: Die Freisetzung regenerativer Innovation und Finanzierungen für das 21. Jahrhundert erfordert einheitliche Sprache, vertrauenswürdige Messungen und kollektives Handeln.
SIPI bietet die transformative Plattform, um Stakeholder zu verbinden, Komplexität zu vereinfachen und die finanzielle Stärke der Schweiz mit ihrem globalen Einfluss in Einklang zu bringen.
Wir laden Sie ein, Teil dieser Transformation zu werden, Ihre Lösungen, Herausforderungen und Ihr Engagement einzubringen, damit wir gemeinsam den Wohlstand des 21. Jahrhunderts durch Regeneration gestalten können.
Wandeln Sie Erkenntnisse in Handeln um — arbeiten Sie mit uns zusammen und erzielen Sie echten Impact auf impact.swiss.
Deklaration: Dieser Inhalt wurde von B Lab Schweiz im Rahmen der Partnerschaft mit Sustainable Switzerland selbst erstellt.
Das könnte Sie auch interessieren
Wirtschaft
Integration gegen Fachkräftemangel: Powercoders qualifiziert Geflüchtete für Tech-Jobs
Gesellschaft
Globale Umfrage: Grosse Mehrheit für aktiven Klimaschutz
Wirtschaft
Sustainable Switzerland Forum 2025: Orientierung in Zeiten der Transformation