Denn durch die intelligente Steuerung von Immobilien kann deren Energieverbrauch erheblich gesenkt, der Komfort gesteigert und die CO₂-Emissionen gesenkt werden. Mit der Initiative «Lebensräume 2025» hat die BKW eine Plattform geschaffen für die Gestaltung von zukunftsweisenden Lösungen für lebenswerte Lebensräume. In verschiedenen Ateliers wird der konstruktive Dialog zwischen Stakeholdern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik gefördert. Dabei werden konkrete Fragestellungen zur Schaffung von lebenswerten Lebensräumen thematisiert und gemeinsam innovative Lösungsansätze für Energie, Gebäude und Infrastruktur und neue Projekte entwickelt. Am jährlichen Treffen der Initiative «Lebensräume 2025» werden die in den Ateliers erarbeiteten Resultate und Lösungen reflektiert und daraus für die nächsten Jahre neue Ziele abgeleitet.
Im Zentrum steht das Handeln in der Gegenwart, denn die BKW strebt zeitnahe Lösungen an, die alle ab 2025 etappenweise ihren Teil zu den grossen Klimazielen 2050 beisteuern. Im Atelier «Automation als Hebel in der Dekarbonisierung», das im Rahmen der Initiative «Lebensräume 2025» im März in Brugg stattfand, entstand als Endprodukt ein Whitepaper. In diesem sind Hypothesen und Lösungsansätze festgehalten, wie die Gebäudeautomation massgeblich zur Dekarbonisierung beitragen kann. Die BKW verfolgt diese Ansätze weiter und möchte wichtige Stakeholder für das Anliegen sensibilisieren und gewinnen.
Grosse Hebelwirkung bei Neubauten und bestehenden Gebäuden
Gerade bei Liegenschaften sind zahlreiche Parteien – von Investoren über Architekten bis Immobilienverwaltungen – involviert, die alle am selben Strick ziehen müssen, um die Gebäudeautomation in der Schweiz im grossen Stil voranzubringen. Nur gemeinsam lässt sich eine spürbare Wirkung auf die Nachhaltigkeitsbestrebungen erreichen, um den Ressourcenverbrauch und die Emissionen zu senken. Der Gebäudesektor verbraucht für die Erstellung und den Betrieb gegenwärtig rund 45% der gesamten Energie und verursacht rund 40% Prozent der Treibhausgasemissionen in der Schweiz – und trägt deshalb eine besonders grosse Verantwortung.
Gebäudeautomation entfaltet nicht nur bei Neubauten ihre Wirkung, sondern kann gleichermassen auch bei bestehenden Gebäuden angewendet werden. Da in der Schweiz grundsätzlich robuste Gebäude gebaut werden, sind Sanierungen sinnvoll, denn sie sind ressourcenschonender und folglich umweltschonender. Durch die Gebäudeautomation entsteht im Zusammenspiel mit intelligenten Technologien eine grosse Hebelwirkung, da sie Heizung, Lüftung, Kälte, Klima, Elektro, Beleuchtung, Beschattung, Alarmmanagement und vieles mehr steuert. Für die bestehenden Liegenschaften des Gebäudeparks Schweiz wurde im Whitepaper ein potenzieller Beitrag der Gebäudeautomation zur Dekarbonisierung von etwa 3 bis 4 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten pro Jahr identifiziert.
Um dieses Potenzial realisieren zu können, sind im Whitepaper verschiedene Empfehlungen aufgelistet. Die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele bis 2050 erfordere eine signifikante Steigerung der Sanierungsquote, wobei die Gebäudeautomation im Immobilienbestand eine entscheidende Rolle spielen werde. Und um die mit der Gebäudeautomation verbundenen Effizienzsteigerungen und Kostenoptimierungen auszuschöpfen sowie Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sei eine gesamthafte Betrachtung aus Mieterund Eigentümerperspektive erforderlich.
Whitepaper mit Empfehlungen zur Effizienzsteigerung
Im Whitepaper wird auch ein grundlegendes Verständnis für die Rolle und das Potenzial der Gebäudeautomation empfohlen, da sonst die Akteure entlang des Immobilienlebenszyklus die Chance auf optimierte Betriebskosten durch Effizienzgewinne verpassen. Wichtig sei sodann der gezielte Einbezug von Gebäudeautomation in die politische und regulative Landschaft, da sonst die Gefahr bestehe, dass Effizienzgewinne ungenutzt bleiben. Schliesslich müsse die Gebäudeautomation bereits in der strategischen Planung von einem Bauprojekt mitberücksichtigt werden, um den wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Nutzen einer Immobilie vollständig aktivieren zu können.
Die alleinige Betrachtung der Gebäudeautomation verhilft uns noch nicht dazu, die Klimaziele 2050 zu erreichen. Um die Nettonull zu erreichen, sind über das Whitepaper hinaus weitere Massnahmen nötig, wie beispielsweise Direct Air Capture von Climeworks. Mit dieser Carbon-Removal- Technologie filtert Climeworks Kohlenstoffdioxid direkt aus der Umgebungsluft und speichert es für Tausende von Jahren tief im Boden. «Die Reduktion der positiven Emissionen um rund die Hälfte ist in der nächsten Dekade zentral, sonst schaffen wir die Nettonull bis 2050 nicht. Reduktion allein wird allerdings nicht ausreichen. Wir können davon ausgehen, dass die letzten 10%, also die Emissionen, die selbst unter grössten Anstrengungen nicht beseitigt werden können, durch negative Emissionen kompensiert werden müssen», erklärt Carlos Härtel, Technologieexperte der Firma Climeworks.
Er misst der Dekarbonisierung bei Gebäuden, wie sie auch im Whitepaper festgehalten ist, dennoch eine grosse Bedeutung zu. «Automatisation, Dämmung, intelligente Steuerungen und die Verwendung nachhaltiger Energie sind dabei effektive Instrumente», sagt er im Gespräch. Bei Neubauten könne mit Holz, CO₂-reduziertem Zement und Recycling viel erreicht werden. Und alter Beton sei zum Beispiel als Granulat für Strassen verwendbar und diene dabei auch gleich als CO₂-Speicher. Die Substitution der Emissionen von heute brauche aber ihre Zeit, da die Sanierungsquote von Gebäuden in der Schweiz bei rund 1 Prozent liege. «Deshalb ist es wichtig, diese Quote zu erhöhen.» Das Whitepaper stellt denn auch die Aussage in den Raum, dass durch den Nutzen der Gebäudeautomation im Immobilienbestand die Sanierungsquote markant vorangetrieben werden kann.
Carbon-Removal-Technologie mit viel Potenzial
Er ist überzeugt, dass Carbon Removal in den nächsten Jahren so weit sei, um weltweit einen relevanten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. «Wir sprechen da im internationalen Massstab von Hunderten von Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr bis 2040.» Es sei gut denkbar, dass die Carbon-Removal- Industrie in einer defossilisierten Welt den gleichen Stellenwert haben werde wie jetzt die Öl- und Gasbranche. Zum Vergleich: Heute werden durch negative Emissionen sowohl durch naturbasierte als auch technologische Lösungen der Atmosphäre erst etwa 2 Millionen Tonnen CO₂ entzogen.