Das heisst, für die umsetzbaren neun Terawattstunden müssten noch jede Menge Windturbinen gebaut werden?
Ja, das ist so. Wir gehen von bis zu 1000 Turbinen aus, die wir dafür benötigen würden. Ungefähr 300 bis 400 dieser Turbinen können in den Alpen installiert werden.
Das werden aber viele Leute nicht wollen, aus Gründen des Naturschutzes oder der Ästhetik im Landschaftsbild.
Genau das ist die Herausforderung. Wenn wir letztendlich auf nachhaltige Energie umsteigen wollen, um die Abhängigkeit von importierten fossilen Brennstoffen zu verringern, und die Energie preisgünstig sein soll, dann müssen wir Kompromisse eingehen und akzeptieren, dass wir nicht nur von der Infrastruktur leben können, die unsere Vorfahren hier aufgebaut haben. Ich sage gerne, dass es keine Technologie gibt, die alle Herausforderungen gleichzeitig löst. Wir müssen das akzeptieren. Sinnvoll ist aber sicher ein Strommix aus unterschiedlichen erneuerbaren Energiequellen.
Damit kommen wir auch auf die Solarenergie zu sprechen. Gibt es in der Schweiz überhaupt genügend Sonnenschein, um damit erfolgreich zu sein?
Auch bei der Solarenergie verfügen wir über ein grosses Potenzial, vor allem in der Alpenregion. Die Sonneneinstrahlung ist in 2000 Metern Höhe intensiv. Ausserdem können wir hier den Effekt nutzen, dass die Sonne durch den Schnee reflektiert und durch die kühlere Luft ein höherer Wirkungsgrad der Solarmodule erreicht wird. Das führt dazu, dass der Anteil vom Winterstrom einer alpinen Solaranlage auf circa 50 Prozent der Gesamtproduktion ansteigt.
Welche Pläne verfolgt die BKW im Bereich der Solarenergie?
Wir treiben den Ausbau der Solarenergie umfassend voran: Nach dem bereits lancierten Vorhaben «BelpmoosSolar», einer Freiflächen-Solaranlage am Regionalflughafen Bern-Belp, haben wir im Kanton Bern auch verschiedene alpine Solarprojekte, darunter Adelboden Schwandfäl, MontSol (Saint Imier) und Schattenhalb Tschingel Ost und Tschingel West, gestartet. Alle geplanten Anlagen sind Teil des «SolarExpress»-Programms, mit dem der Bund bis Ende 2025 den Bau alpiner Photovoltaikanlagen fördert.
Welche Rolle spielen bei der Auswahl der Solarprojekte, abgesehen von der technischen Machbarkeit, die Umweltbelange?
Wir versuchen, die berechtigten Klima- und Umweltschutzinteressen soweit wie möglich zu berücksichtigen und setzen dabei auf den Dialog mit allen Beteiligten, um gemeinsame, tragfähige Lösungen zu finden.
Wie gross sind die geplanten alpinen Photovoltaikprojekte?
Verglichen mit üblichen Photovoltaikanlagen im Ausland, sind sie eher klein. Die geplanten alpinen Photovoltaikanlagen verfügen über eine durchschnittliche installierte Leistung von acht bis zwölf Megawatt und produzieren voraussichtlich zehn bis zwölf Gigawattstunden pro Jahr.
Auch im Rahmen der Initiative «Lebensräume 2025» will die BKW einen Beitrag zum Erreichen der Energieziele des Bundes leisten. Ins Leben gerufen wurde etwa ein «Atelier» zum Thema «Alpiner Lebensraum». Worum geht es dabei?
Mit dem Atelier bieten wir eine Plattform für Dialog und Erfahrungsaustausch – und eine «Lösungsschmiede ». Unsere Kernfrage lautet: Wie kann die Infrastruktur in den Alpenregionen optimiert und erweitert werden, um die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und gleichzeitig den Lebensraum zu schützen? Damit dies möglich ist, müssen anhand einer ganzheitlichen Betrachtung aller Interessen und in enger Zusammenarbeit mit allen Akteurinnen und Akteuren zeitnahe Lösungsansätze erarbeitet werden – mit dem Ziel, diesen einzigartigen Lebensund Wirtschaftsraum langfristig zu erhalten. Dafür bietet das Atelier genau das notwendige Gefäss.