Verwaltet wird er von der brasilianischen Entwicklungsbank BNDES und ist damit der einzige REDD+-Fonds in dieser Grösse, bei dem das Land selbst, und nicht eine internationale Organisation, die Zügel in der Hand hat.
Bisherige Unterstützung gab es vor allem von Norwegen mit 1,2 Milliarden und Deutschland mit 68 Millionen Dollar – da es Unstimmigkeiten über die Verwendung der Gelder gab, froren die beiden Länder ihre Zahlungen zeitweise ein.
In den vergangenen Wochen haben eine Reihe anderer Länder eine Beteiligung gesprochen oder prüfen diese, darunter die USA, Frankreich, Grossbritannien – und die Schweiz. Bundesrat Guy Parmelin hatte bereits bei seinem Besuch in Brasilien am 5. Juli 2023 angekündigt, die Schweiz werde Partnerin des Amazonien-Fonds werden.
Das Seco bestätigt auf Anfrage: "Die Schweiz wird diesen wichtigen Fonds demnächst mit einer ersten Zahlung von fünf Millionen Franken unterstützen." Damit würdige man das erneute Engagement der brasilianischen Regierung unter Präsident Lula da Silva zugunsten des Umweltschutzes und der Bekämpfung der Regenwald-Abholzung.
Was ist mit den Indigenen?
Christoph Wiedmer, Co-Geschäftsführer der NGO Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), begrüsst grundsätzlich den Entscheid. Er gibt jedoch zu bedenken: "Der Betrag ist im Vergleich zu der Dringlichkeit der Situation sehr bescheiden." Die Bäume im Amazonas sind ein Speicher für riesige Mengen Kohlenstoffdioxid. Diese Funktion ist jedoch durch die starke Rodung der vergangenen Jahrzehnte zunehmend bedroht. Ein Fünftel des Waldes ist bereits vernichtet worden.
Ausserdem kritisiert Wiedmer, dass die Gelder des Fonds in den meisten Fällen in staatliche Projekte oder grosse Umweltorganisationen fliessen. Kleinere Projekte, die von indigenen Bevölkerungsgruppen geleitet werden, gingen dabei leer aus. Und das bei einem Fonds, der die Unterstützung indigener Gebiete als Hauptschwerpunkt ausweist.
Auch indigene Bevölkerungsgruppen selbst kritisierten immer wieder eine unzureichende Beteiligung und zu hohe Hürden für Projektfinanzierungen, sowie komplexe Ansprüche an das ProjektmanagementExterner Link. Versuche, dieses Dilemma zu umgehen gibt es bereits, etwa mit einem Subfond für kleinere Organisationen oder thematischen Projektausschreibungen. Trotzdem bleibt der Zugang laut einer aktuellen AnalyseExterner Link der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung "immer noch begrenzt und sehr bürokratisch."
Christoph Wiedmer von GfbV sieht dabei auch die Schweiz in der Verantwortung: "Wir erwarten von der Schweiz, dass sie Druck aufsetzt damit die gesprochenen Gelder direkt an zivilgesellschaftliche oder indigene Organisationen fliessen."
Wie und wo sollen die Gelder eingesetzt werden?
Die Schweiz habe keinen Einfluss darauf, welche Projekte konkret gefördert würden, sagt hingegen das Seco: "Das Steuerungskomitee des Fonds definiert die Auswahlkriterien. Danach findet ein Auswahlverfahren unter der Federführung der Brasilianischen Entwicklungsbank statt."
Die Summe von fünf Millionen entspreche einem "für solche Initiativen üblichen Betrag." Ausserdem zahle die Schweiz acht Millionen in einen Fonds der Interamerikanische Entwicklungsbank ein, der die Bioökonomie im Amazonas fördern willExterner Link, etwa mit nachhaltigen Wertschöpfungsketten und der Rehabilitierung degradierter Landschaften.
Das Engagement der Schweiz in Brasilien gehe zudem über den Schutz des Amazonas hinaus. So beteilige sie sich an einem Programm, das eine nachhaltige Fleisch- und Sojaproduktion fördert oder an einem Klima-Investitionsfonds (Climate Investment Funds).
Der Amazonien-Fonds ist nur ein Weg zum Ziel von Lula da Silva, die Abholzung bis 2030 zu stoppen. Anfang August lud der Präsident die acht Anrainerstaaten in der brasilianischen Stadt Belém zu einer gemeinsamen Konferenz zum Schutz des Amazonas ein.
Am Ende unterzeichneten die Teilnehmer:innen eine Abschlusserklärung, in der unter anderem die Gründung einer Amazonas-Allianz zur Bekämpfung der Abholzung, ein gemeinsames Luftverkehrskontrollsystem gegen das organisierte Verbrechen und eine bessere Zusammenarbeit im Bereich der Wissenschaft, Finanzen und Menschenrechte vereinbart wurde.
Auf verbindliche Massnahmen konnten sie sich jedoch nicht einigen. So haben sich Venezuela und Bolivien bis zuletzt geweigert, die Forderung einer Null-Abholzungsstrategie des brasilianischen Präsidenten zu unterzeichnen.
Und: Ausgerechnet Brasilien stellte sich gegen die Forderung von Kolumbiens Präsident Gustavo Petro, ein Verbot der Ölförderung im Regenwaldgebiet zu erreichen. Schliesslich plant der brasilianische halbstaatliche Ölkonzern Petrobras gerade ein riesiges Offshore-Projekt an der Mündung des Amazonas. Der gleiche Konzern, der auch den Amazonien-Fonds mit rund sieben Millionen Dollar unterstützt.