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Mehr als 130 Rettungseinheiten suchen in Albacete nach Verschütteten.

Mehr als 130 Rettungseinheiten suchen in Albacete nach Verschütteten. Bild: Imago

Lebensräume

Unwetter in Spanien: Die wichtigsten Fragen und Antworten zur «Jahrhundertkatastrophe»

In der Nacht auf Mittwoch kam es in Spanien zu massiven Überschwemmungen. Die Region um Valencia traf es besonders hart. Hunderte Personen werden noch vermisst, die Versorgungslage der Hinterbliebenen ist prekär. Derweil drohen neue Unwetter.

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Unwetter in Spanien: Die wichtigsten Fragen und Antworten zur «Jahrhundertkatastrophe»

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Was ist passiert, und welche Regionen sind am stärksten betroffen?

In mehreren Regionen Spaniens kam es Anfang vergangener Woche zu massiven Regenfällen und heftigen Sturmböen, die mindestens 214 Todesopfer gefordert haben. Betroffen waren die autonomen Regionen Valencia, Kastilien-La Mancha, Aragonien, Katalonien, Andalusien und Murcia.

Die schwersten Schäden entstanden in Valencia, wo bisher von den insgesamt 214 Toten allein 210 Opfer geborgen wurden. Dort hatten sich am vergangenen Dienstag die Regenfälle so stark intensiviert, dass Flüsse innerhalb weniger Stunden über die Ufer traten. Strassen verwandelten sich in Ströme, und ganze Siedlungen wurden mitgerissen. Besonders hart getroffen wurden Valencias Vororte und ländliche Gebiete nahe der Küste und südwestlich von Valencia.

Auch über den beliebten Baleareninseln regnete es in der letzten Woche aussergewöhnlich viel. Unwetterschäden wurden bisher allerdings keine gemeldet.

Was sind die Ursachen für das Ausmass der Katastrophe?

In Spanien ist die Rede von einer «Jahrhundertkatastrophe». Auslöser dieser Unwetter war ein Wetterphänomen, das im Mittelmeerraum immer wieder auftritt: ein sogenannter Kaltlufttropfen, auf Spanisch «gota fría». Der Name kommt von der kühlen Lufttemperatur in dem Tiefdruckgebiet. Dieser Kaltlufttropfen stammte von den Britischen Inseln und zog gegen Süden. Dort traf er auf die feuchtwarme Luft über dem Mittelmeer. Der grosse Temperaturunterschied führte schliesslich zu heftigen Gewittern.

In einigen betroffenen Regionen fielen bis zu 400 Millimeter Regen, was die Flüsse binnen kurzer Zeit anschwellen liess. In der Gemeinde Chiva, westlich von Valencia, waren es sogar knapp 491 Millimeter innerhalb von nur acht Stunden – das ist fast halb so viel Regen, wie in Zürich oder Bern innerhalb eines ganzen Jahres fällt.

Kritisch ist die geografische Lage Valencias, die von Bergzügen umgeben und durch den Verlauf ausgetrockneter Flussbetten bereits anfällig für Überflutungen ist.

Wurde die Bevölkerung rechtzeitig gewarnt?

Die Rechenmodelle, die dem spanischen Wetterdienst zur Verfügung standen, zeigten die Heftigkeit der zu erwartenden Regenfälle klar und rechtzeitig an, auch die räumlichen Details stimmten. Doch nicht bei allen Einwohnern der Provinz kamen die Warnungen rechtzeitig an.

Rettungskräfte befreien im Dorf Letur in der Region Albacete mehrere Personen aus ihren Häusern.

Rettungskräfte befreien im Dorf Letur in der Region Albacete mehrere Personen aus ihren Häusern.

Der spanische Wetterdienst Aemet warnte bereits am Sonntag (27. 10.) vor starkem Regen und erhöhte die Alarmstufe am Dienstagmorgen auf Rot und schrieb sowohl in den sozialen Netzwerken als auch auf X von einer extremen Gefahr. Doch die Zivilschutzwarnung auf Handys erreichte die Bevölkerung erst am Dienstagabend um 20 Uhr 15. Da waren viele Orte bereits überschwemmt, das Internet beeinträchtigt und Menschen gestorben.

Schon am Tag nach den ersten Unwettern begann das Fingerzeigen unter den Politikern. Der Regionalpräsident Valencias, Carlos Mazón, gab der Zentralregierung des Sozialisten Pedro Sánchez die Schuld. Madrid hätte den nationalen Notstand ausrufen müssen, dann wäre alles schneller gegangen, so der Politiker des konservativen Partido Popular.

In Letur trat der Fluss, der durch das Dorf fliesst, über die Ufer. Rund 30 Personen waren deswegen in ihren Häusern gefangen.

In Letur trat der Fluss, der durch das Dorf fliesst, über die Ufer. Rund 30 Personen waren deswegen in ihren Häusern gefangen. Bild: Imago

Mazón selbst hatte am Dienstag um 13 Uhr noch ein Treffen mit Vertretern der Tourismusbranche. Bei einem kurzen Auftritt vor der Presse sagte er, man erwarte, dass der Sturm bis 18 Uhr abflauen und ins Landesinnere weiterziehen werde. Diese Stellungnahme hat Mazón inzwischen von seinem X-Account gelöscht. Mit seinem regionalen Krisenkomitee setzte sich Mazón erst um 17 Uhr zur Sitzung zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

Welche Hilfsmassnahmen laufen zurzeit?

Der Regierungschef Pedro Sánchez hatte am Samstag angekündigt, das Militär vor Ort um weitere 5000 Soldaten aufzustocken und auch 5000 Polizisten und weitere Einsatzkräfte zu entsenden. Mittlerweile sind knapp 4000 Militärangehörige in den am schlimmsten betroffenen Ortschaften nahe der Grossstadt Valencia im Einsatz, wie die spanische Zentralregierung in Madrid verkündete. Allerdings klagten Bewohner, die Hilfe komme zu langsam. Noch immer blockieren Trümmer und Schlamm Dutzende von Kellern, Strassenunterführungen und Garagen.

In der Stadt Valencia stapeln sich am Tag nach den Unwettern die Autos in den Strassen.

In der Stadt Valencia stapeln sich am Tag nach den Unwettern die Autos in den Strassen. Bild: Imago

Um den Einsatz der Rettungsdienste zu erleichtern, hat die Regierung der spanischen Mittelmeerregion Valencia Verkehrsbeschränkungen angeordnet. Ab Samstag und für zunächst 48 Stunden werde nur noch in besonders begründeten Fällen der Verkehr auf den wichtigen Verbindungsstrassen um die betroffenen Orten erlaubt, kündigte der für Infrastruktur zuständige Beamte, Vicente Martínez Mus, an.

Inzwischen haben sich Tausende Freiwillige aus weniger betroffenen Gebieten zum Teil zu Fuss auf den Weg gemacht, um den Betroffenen zu helfen. Sie haben Besen, Rechen und Schaufeln dabei, um mit anzupacken.

Hunderte Freiwillige kamen zu Fuss aus dem Umland Valencias, um zu helfen. Sie brachten Besen, Schaufeln und Rechen mit.

Hunderte Freiwillige kamen zu Fuss aus dem Umland Valencias, um zu helfen. Sie brachten Besen, Schaufeln und Rechen mit. Bild: Imago

Julia Monn, «Neue Zürcher Zeitung» (05.11.2024)

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