Obwohl das KI-Modell genauer in der Vorhersage ist, braucht es für seine Berechnungen deutlich weniger Zeit als das konventionelle Modell. Bisher betrug die Rechenzeit 30 Minuten. Mit dem neuen Modell sind es laut dem EZMW nur 3 Minuten.
Ausserdem spart das neue Vorhersagemodell Energie: Es schluckt nur ein Tausendstel der Energiemenge, die das konventionelle Modell benötigt. Für das Trainieren der KI wird zwar viel Strom gebraucht, ähnlich wie bei Sprachmodellen. Hat das Vorhersagemodell aber einmal ausgelernt, arbeitet es sehr effizient. Trainiert wurde die KI mit historischen Wetterdaten.
Vorhersagen mit KI basieren nicht auf Physik
Die Vorhersage mit dem KI-Modell des EZMW läuft fundamental anders als gewohnt: Ein konventionelles Modell basiert auf physikalischen Gleichungen, darum gehorcht die Berechnung automatisch den physikalischen Gesetzen. Das ist bei dem KI-Modell ganz anders. Selbst wenn es mit Millionen von Wetterdaten trainiert worden ist, müssen ihm gelegentlich die Grenzen der Physik aufgezeigt werden.
Ein schlagendes Beispiel ist der Niederschlag: Ein Vorläufer des KI-Modells produzierte in den Vorhersagen ab und zu Niederschlag mit negativen Zahlenwerten. Den gibt es in der realen Welt selbstverständlich nicht; Regen fällt nicht nach oben. Darum wird dem neuen Modell explizit vorgeschrieben, dass Niederschlag immer einen positiven Zahlenwert haben muss.
Es wäre ohnehin verfrüht, konventionelle Vorhersagemodelle wegen der Erfolge der KI zum alten Eisen zu zählen. Manche Aufgaben erledigen die etablierten Modelle nach wie vor besser. Auch dies lässt sich gut anhand der tropischen Wirbelstürme erläutern. Zwar ist die KI genauer, wenn es darum geht, den Pfad eines Sturms zu prognostizieren, aber sie unterschätzt oft die Windstärke der Wirbelstürme.
Es dauert, bis die KI-Vorhersagen beim Nutzer ankommen
Oliver Fuhrer von Meteo Schweiz hält die Entwicklung des neuen KI-Modells für einen bedeutenden Schritt. Der Physiker leitet bei dem Schweizer Wetterdienst die Abteilung Numerische Vorhersage. Betrachte man einen Vorhersagezeitraum von zehn Tagen, sei die Verbesserung durch die KI so gross, wie sie bei konventionellen Modellen normalerweise in einem Entwicklungszeitraum von fünf bis zehn Jahren erreicht werde, sagt Fuhrer.
Bis die verbesserten Vorhersagen des KI-Modells bei Privatpersonen und anderen Nutzern ankommen, wird es allerdings noch eine Weile dauern. In die tägliche Arbeit von Meteo Schweiz werde das neue Modell des EZMW noch nicht standardmässig einbezogen, sagt Fuhrer. Zunächst würden die Prognosen des Modells intern ausgewertet. Anschliessend werde man schauen, welche Teile der Prognosen übernommen werden könnten. Erste Tests sind vielversprechend: «Wir wissen bereits, dass das KI-Modell zwischen dem fünften und dem zehnten Vorhersagetag eine Verbesserung bringen kann.»