Mit den ersten Schneefällen verändert sich nicht nur die Landschaft, sondern auch die Situation auf den Strassen: Rutschige Fahrbahnen und eine schlechte Sicht erhöhen die Unfallgefahr und führen Jahr für Jahr zu einem Anstieg der Carrosserieschäden. Deren Reparatur ist komplex, aufwendig und vor allem energieintensiv. Besonders Lackierkabinen und Trocknungsanlagen sowie die Arbeit mit Kompressoren und Schweissgeräten verbrauchen sehr viel Energie. Werden ganze Teile wie Türen, Stossstangen oder Kühlerhauben ersetzt statt repariert, steigt der Ressourcenverbrauch zusätzlich an. Alles in allem ist mit einer Fahrzeugreparatur in den Carrosserie- und Lackbetrieben ein erheblicher CO₂-Ausstoss verbunden.
Umso mehr braucht es griffige Massnahmen, will die Branche, wie im Dekarbonisierungsfahrplan festgehalten, bis 2050 das Ziel Netto-Null erreichen. Denn viele Betriebe – insbesondere KMU – stehen erst am Anfang ihrer Reise. Zwar erfassen sie schon heute zahlreiche Daten zur CO₂-Berechnung für Kunden, Regulatoren oder Versicherungen. Doch die reine Messung reicht nicht aus. Damit sich der Aufwand längerfristig lohnt, sind auch effektive und kosteneffiziente Massnahmen erforderlich. Noch mangelt es allerdings an geeigneten Hilfestellungen für die Betriebe, die sowohl die Messungen als auch die Massnahmenplanung übernehmen.
Druck aus der Lieferkette
Gleichzeitig wird der Ruf nach mehr Nachhaltigkeit aus der Lieferkette immer lauter. Wollen die vor- und nachgelagerten Unternehmen ihre Verantwortung vollständig wahrnehmen, reicht es nicht, wenn sie sich nur auf ihren eigenen Betrieb konzentrieren. «CO₂-Emissionen entstehen nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auch vor- und nachgelagert, etwa beim Ein- oder Verkauf von Produkten oder Dienstleistungen», erklärt Christian Zeunert, Strategie und Nachhaltigkeit bei der Zurich Versicherung Schweiz.
Daher liegt es im Interesse aller Beteiligten, die Emissionen der einzelnen Betriebe möglichst gering zu halten. «Die Carrosserie- und Lackbetriebe können einige Massnahmen ergreifen, um in Zusammenarbeit mit Partnern aus ihrer Wertschöpfungskette energie- und ressourceneffizienter zu werden – inklusive des Grundsatzes «Reparatur vor Ersatz, wo sinnvoll», ergänzt Zeunert.
Um ihnen ein geeignetes Werkzeug bereitzustellen, haben sich mit dem Lackhersteller AkzoNobel, dem Automobilunternehmen Amag, den Versicherern Zurich und Allianz sowie dem ICTUnternehmen Swisscom gleich mehrere namhafte Unternehmen in einem Pilotprojekt zusammengeschlossen. Ihr Ziel: eine Lösung, die Emissionen einfach messbar macht, kosteneffiziente Reduktionsmassnahmen verständlich aufzeigt und so einen realistischen Weg zu Netto-Null ermöglicht.
Den Startpunkt bildet das Erfassen der CO₂-Emissionen der Betriebe, die heute in der Regel anhand von Fragebögen erhoben werden. «Diese Fragenkataloge sind oftmals uneinheitlich, kompliziert und erfordern ein erhöhtes Know-how der Befragten», weiss Salvatore Malomo, Business Development Manager bei Azko Nobel. Dies sei nicht gerade förderlich für die Qualität der Daten. Zudem werden solche Erhebungen von vielen Unternehmen separat durchgeführt, was mit einem hohen Zeitaufwand bei den KMU verbunden ist. «Mit einer einheitlichen, einfachen, aber branchenspezifischen Befragung kann man bereits einen erheblichen Fortschritt erzielen», ist Malomo überzeugt.
Das Ziel der Initianten war deshalb eine Plattform, welche die wesentlichen Emissionsquellen einbezieht und so den Betrieben eine praktikable und effiziente Unterstützung auf dem Weg zu Netto- Null bietet. «KMU haben wenig Zeit und oftmals nur einen beschränkten Zugang zu den für die Berechnung nötigen Informationen. Umso wichtiger war es für uns, nur jene Datenpunkte abzufragen, mit denen ein wesentlicher Teil der CO₂-Emissionen berechnet werden kann», erklärt Res Witschi, Delegierter für nachhaltige Digitalisierung bei Swisscom.