Vielseitiger Rohstoff
Wird es verbrannt, treiben seine Emissionen wie das Treibhausgas Kohlendioxid in der Atmosphäre die Klimakrise an. Erdöl ist zudem aber ein vielseitiger Rohstoff, der eine breite Palette an Produkten liefert (siehe Artikel rechts: «Schwarzes Gold»). Dazu gehört auch Plastik in all seinen Varianten.
Anders gesagt: Wer die klima- und umweltfeindliche Nutzung von Erdöl beenden möchte, muss sich Gedanken über abbaubare Kunststoffe machen. Ganz so wie Jeremy Luterbacher, der dieses ambitionierte Ziel mit einem eigenen Ansatz verfolgt.
Wer in diesem Bereich arbeitet, muss zunächst die fundamentale Frage beantworten, welche Arten von Plastik – ganz unabhängig von ihrer Machbarkeit – überhaupt wünschenswert und sinnvoll sind. Wollen wir in Zukunft umweltfreundlichere Imitate erdölbasierter Kunststoffe nutzen? Oder lieber auf neuartige Materialien mit möglicherweise ungekannten Eigenschaften setzen?
Es ist schliesslich kein Naturgesetz, das Erdöl bisher zum Mass aller Kunststoffe machte. «Das schwarze Zeug quillt fast umsonst aus dem Boden», sagt Luterbacher. «Natürlich haben wir es genutzt und damit das wirtschaftliche Wachstum im letzten Jahrhundert vorangetrieben.» Nun wird die Produktion von Plastik aber ganz neu gedacht, und Erdöl steht dabei laut Luterbacher als Ressource und als Vorbild auf dem Prüfstand. Denn es enthalte viele Moleküle, die kein Lebewesen essen will – was sie zum schwer abbaubaren Problem in der Umwelt mache.
Nicht alle Kollegen sind davon überzeugt. Sie orientieren sich weiterhin an erdölbasierten Kunststoffen. Das bedeutet, dass sie neue Moleküle entwickeln, die so nah wie möglich ans Original herankommen sollen. Ein perfektes Szenario für die Industrie, so Luterbacher. «Sie würde sich freuen, für weniger Geld diesselben Moleküle wie bisher nutzen zu können, weil es die Produktionswege und Lieferketten schon gibt. Das Problem ist, dass die Chemie für diesen Ansatz nicht gerade einfach ist.»
Wieder andere denken ihre Plastikprojekte eher von der Funktion her: Was sollten neuartige Kunststoffe können? «Da sind tatsächlich raffinierte Materialien dabei», sagt Luterbacher. Es gehe hier aber weniger um die Frage, wie die dazu passenden Moleküle aussehen und ob sie vielleicht doch aus Erdöl stammen.
Er selbst hat sich für den pragmatischen Mittelweg entschieden und eine eigene Philosophie entwickelt: «Ich will nehmen, was die Natur hergibt, und mir dann überlegen, was sich möglichst einfach daraus produzieren lässt, das potenziell auch eine Funktion hat.»