Paris entspricht damit auch den Vorgaben des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), das sich immer wieder der Kritik am umweltschädlichen Gigantismus der Spiele zu stellen hat. Deshalb hat es das IOC zur Bedingung gemacht, dass die Organisatoren ab 2030 die Spiele im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen ausrichten müssen. «Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst», unterstrich Marie Sallois, Corporate and Sustainable Development Director beim IOC, jüngst bei einer Veranstaltung von Sustainable Switzerland in Lausanne. «Wir möchten in unserer Rolle als Olympisches Komitee und durch den Sport zu einer besseren und nachhaltigeren Welt beitragen.»
Die Verbesserung der Klimabilanz soll in Paris auch durch möglichst kurze Wege erreicht werden: Der Grossteil der Athleten wird die Sportstätten, die in einem Radius von nur zehn Kilometern voneinander entfernt liegen, innerhalb von dreissig Minuten erreichen können. Neubauten gibt es fast gar nicht, denn 95 Prozent der Austragungsorte sind bereits vorhanden und haben nur ein Facelifting erhalten. Im Prinzenparkstadion, in dem normalerweise Frankreichs Serien-Fussballmeister Paris St.Germain spielt, finden einige Spiele des olympischen Fussballturniers statt, im Stade Roland Garros (French Open) die Tennispartien, im Stade de France Rugbymatches und Leichtathletikwettkämpfe. Die einzigen grossen Neubauten sind die Schwimmhalle Aquatics Centre, die Sportarena Porte de La Chapelle und das olympische Dorf, verteilt auf drei Banlieue-Gemeinden im sozial schwachen Départment Seine-Saint-Denis. Sie dienen als Vorbilder für kohlenstoffarmes, nachhaltiges Bauen, werden – wie alle Wettkampfstätten – zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie aus Wind- und Solarparks betrieben und sollen nach den Spielen vor allem der lokalen Bevölkerung zugutekommen.
So werden die bewusst ohne Klimaanlagen ausgestatteten Athletenunterkünfte in dringend benötigte Wohnungen für Familien und Studierende umgewandelt werden. Längst wächst allerdings die Sorge, dass all die Milliardeninvestitionen des Staates in neue Infrastrukturen am Ende die Preise in der ohnehin teuren Kapitale nur noch weiter in die Höhe treiben.
Zum Konzept der Spiele gehört auch, dass ein grösserer Teil der Wettkämpfe nicht in Arenen am Stadtrand stattfindet, sondern in temporären Stadien mitten in Paris, die sich gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen lassen und gleich nach den Spielen wieder abgebaut werden. Schon vor einem Jahr hat Paris zudem damit begonnen, innerstädtische Parkplätze zu beseitigen und den dadurch gewonnenen Raum in Grünflächen umzuwandeln. Auch neue Radwege wurden angelegt und zusätzliche Verbindungen im Pariser Metronetz geschaffen. Für Unmut sorgte allerdings die Ankündigung der Behörden, dass sich der Preis für die U-Bahn-Tickets während der Spiele fast verdoppeln werde. Der öffentliche Nahverkehr in Paris gilt schon lange als überlastet.
Plastikmüll vermeiden
Geht es um die Verpflegung von Athleten, Offiziellen, Freiwilligen und Zuschauern, setzt Paris bei den zu erwartenden 13 Millionen Mahlzeiten auf nachhaltige, fleischarme Kost mit lokalen und saisonalen Produkten. Ausserdem sollen die bei Grossveranstaltungen üblichen Müllberge vermieden und die Lebensmittelverschwendung in Grenzen gehalten werden. Um den Plastikabfall, wie vorgesehen, um 50 Prozent reduzieren zu können, stehen zum Durstlöschen in sommerlicher Hitze neue Trinkbrunnen bereit, ausserdem werden wiederverwendbare Trinkwasserflaschen ausgegeben.
Apropos Wasser: Wenn vom 26. Juli bis zum 11. August die Sommerspiele bereits zum dritten Mal in der französischen Hauptstadt ausgerichtet werden, feiert auch die Seine ihr olympisches Comeback – und das nicht nur am Eröffnungstag. Schon bei den ersten Pariser Spielen im Jahr 1900 fanden die Schwimmwettkämpfe in den Fluten des Flusses statt. Nun, über hundert Jahre später, wird die Seine wieder als Austragungsort genutzt, unter anderem für das olympische Freiwasserschwimmen und den Schwimmteil des Triathlons. Doch während die Vorfreude auf diese historische Rückkehr steigt, bleiben noch Fragen zur Wasserqualität.
Dabei haben die Stadt Paris und die Behörden in der Region Île-de-France enorme Anstrengungen unternommen, um die verschmutzte Seine mit modernen Kläranlagen wieder schwimmtauglich zu machen. Es wäre ein sichtbares Zeichen über die Zeit der Spiele hinaus, dass Nachhaltigkeit mehr ist als eine viel beschworene Vision.