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Beim Thema Nachhaltigkeit haben viele Firmen Nachholbedarf. Regulatorische Vorgaben erfordern ein erweitertes Management und ein transparentes Reporting.

Beim Thema Nachhaltigkeit haben viele Firmen Nachholbedarf. Regulatorische Vorgaben erfordern ein erweitertes Management und ein transparentes Reporting. Foto: Pexels

Wirtschaft Partner Inhalt: economiesuisse

Nachhaltig managen: Neuer «Swiss Code» hilft auch KMU

ESG, die englische Abkürzung für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung, steht für die Anforderungen an ein nachhaltiges Management. Der neue «Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance» von economiesuisse gibt wertvolle Inputs.

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Es sind nicht nur Investoren, Geldgeber und verstärkte regulatorische Vorgaben, die Unternehmen dazu bewegen, nachhaltig zu wirtschaften. Auch Kunden legen längst Wert auf nachhaltige Produkte. Und wer als Zulieferer agiert, muss die Erwartungshaltung der Auftraggeber erfüllen, die zunehmend gesetzlich verpflichtet sind, über ihre Nachhaltigkeitsanstrengungen zu berichten, und daher ihre Lieferketten auf Nachhaltigkeit hin prüfen. Und schliesslich sammeln nachhaltige Unternehmen auch Pluspunkte auf dem Arbeitsmarkt im Wettbewerb um junge Talente.

Es gibt also genug Gründe für Unternehmen aller Grössenordnungen, Nachhaltigkeit als Chance zu verstehen. Das heisst im Klartext: Die internen Prozesse, also das Betriebsmodell, kommen auf den Prüfstand – und manchmal muss sogar das Geschäftsmodell angepasst werden, so wie beispielsweise in der Automobilindustrie. Denn mit dem fortschreitenden klimabedingten Aus für den Verbrennermotor stellen grosse Hersteller ebenso wie kleinere Schweizer Zulieferer längst ihre Produkte um – der Transformationsprozess läuft auf Hochtouren. Für einen solchen Wandel ist gute Governance gefragt, also verantwortungsvolles Management. Nachhaltigkeit ist Chefsache.

Komplexe Materie

Doch dabei tun sich viele Firmen schwer, insbesondere kleine und mittelständische (KMU). Kein Wunder: Strategie- entwicklung, Definition von Umweltzielen und Massnahmenkatalogen, Berichterstattung – es gibt viel zu tun bei der Weiterentwicklung des Unternehmens in Richtung Nachhaltigkeit. Und die Materie ist angesichts wachsender regulatorischer Vorgaben in der Schweiz und in der EU auch recht komplex. Die Anforderungen an Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen nehmen zu. Das alles ist mit Kosten, Personal- und Zeitaufwand verbunden.

Hier will economiesuisse unterstützen und inspirieren. Was gute Governance angeht, so stellt der Dachverband der Schweizer Wirtschaft schon lange hilfreiche Leitlinien zur Verfügung, den «Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance». Der ist nun 2023 in einer überarbeiteten Version neu herausgekommen. Das rund 30 Seiten starke Dokument bietet wertvolle Empfehlungen und Informationen und gewährleistet zugleich einen gewissen Spielraum für spezifische Bedürfnisse von Firmen.

Risiken in den Lieferketten

«Die Wirtschaft hat unter Einbezug von wissenschaftlichen, aber auch praktischen Gesichtspunkten Empfehlungen formuliert, was die besten Prozesse und die besten Strukturelemente für die Unternehmensführung sind, um sicherzustellen, dass ein Unternehmen im klassischen Sinn nachhaltig entwickelt werden kann», erklärt economiesuisse-Präsident Christoph Mäder. Wohlgemerkt: Es geht um Governance. Der «Swiss Code» erklärt nicht im Detail, wie man zum Beispiel ein Umwelt- oder Personalmanagement betreiben soll. Auch wenn der Code in erster Linie börsenkotierte Konzerne adressiert, so ist er auch für KMU sehr nützlich; sie können sich an seinen Empfehlungen orientieren. Denn Corporate Governance bildet das Fundament für ein zielgerichtetes Management der ESG-Nachhaltigkeitsdimensionen. Und ohne einen geschärften Blick auf diese kann heute kein Unternehmen mehr im Wettbewerb bestehen. Worum geht es also genau?

Dazu vorab ein Blick in die sich dynamisch entwickelnden regulatorischen Vorgaben für Schweizer Unternehmen. Am 1. Januar 2022 sind neue Sorgfalts- und Berichterstattungspflichten für Gesellschaften des öffentlichen Interesses ab einer gewissen Grössenordnung in Kraft getreten. Das Obligationenrecht wurde im Sinne des indirekten Gegenvorschlags zur Konzernverantwortungs- Initiative erweitert. Die betreffenden Unternehmen müssen nun ab dem Geschäftsjahr 2023 im Rahmen einer nicht- finanziellen Berichterstattung Rechenschaft ablegen zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen sowie zu den Themen Achtung der Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung. Sofern betroffen, sind auch Angaben zu Konfliktmineralien und zur Kinderarbeit gefordert. In diesem Zusammenhang muss das Management sowohl die Risiken aus der eigenen Geschäftstätigkeit, als auch die potenziellen Risiken in den Lieferkettenidentifizieren. Transparenz in den oft langen vor- und nachgelagerten Lieferketten zu erreichen stellt viele Firmen vor grosse Herausforderungen.

Die Verantwortlichkeiten liegen hier klar bei Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen. Von ihnen wird erwartet, dass sie eine aktive Rolle bei der nachhaltigen Transformation ausüben. Viele Mittelständler sehen sich ebenfalls in die Pflicht genommen: «Die rasant gestiegenen Regulierungen und das erhöhte Grundverständnis hinsichtlich der sozialen, ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit bringt dieses Thema auch auf die strategische und operative Landkarte der Schweizer KMU», bestätigt Thomas Züger, CEO der Treuhand- und Beratungsgesellschaft OBT.

«Nachhaltigkeit ist ein stetiger Veränderungs- und Verbesserungsprozess. Man muss ständig dazulernen. »

Michele Vela

Geschäftsführer Ebnat AG

Keine Standardlösungen

Der Nachholbedarf ist gross, und Kunden verlangen zunehmend Nachweise. Viele Schweizer KMU seien zwar intrinsisch auf Nachhaltigkeit getrimmt, also auf langfristige Stabilität des Unternehmens, erklärt Adrian Stoll, Director Supply Chain Sustainability & ESG Reporting bei KPMG. Doch KMU zeichneten sich häufig durch beständiges und konservatives Wirtschaften aus. «Schnelle, innovative Transformationszyklen können hierbei eine besondere Herausforderung sein.» Mit anderen Worten: Wer bei der hohen Veränderungsgeschwindigkeit nicht mithalten kann, fällt zurück. Die Umstellung bei Prozessen und Betriebsstrukturen ist offenbar die grösste Hürde. Stoll macht allerdings auch klar, dass es hierfür keine einfa- chen Standardlösungen gibt. Für Thomas Züger braucht es in diesem Zusammenhang eine strategische und operative Einbettung in die Organisation und ein – oftmals von externer Seite unterstütztes – Change-Management.

Für die Ebnat AG, Hersteller von Mundhygieneprodukten, steht fest, dass man am Thema Nachhaltigkeit kontinuierlich arbeiten muss. «Nachhaltigkeit ist ein stetiger Veränderungs- und Verbesserungsprozess. Und während dieses Prozesses muss man ständig dazulernen», sagt Geschäftsführer Michele Vela.

Richtschnur für Schweizer Unternehmen

Der «Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance» dient seit 2002 als eine Richtschnur für Schweizer Unternehmen. Nun wurde er zum zweiten Mal umfassend überarbeitet: Die Revision 2023 erfolgte vor dem Hintergrund des neuen Aktienrechts und der dynamischen Entwicklungen im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sie ermöglichte es, die Erfahrungen der letzten Jahre in der Schweiz wie auch die relevanten internationalen Entwicklungen aufzugreifen. Seit der letzten Revision hat sich der Ansatz «comply or explain» für die Berichterstattung von Unternehmen bewährt. So können diese eigene Gestaltungsideen umsetzen, müssen sich aber erklären, falls ihre Corporate Governance von den Empfehlungen des «Swiss Codes» abweicht.

Neue Punkte aufgenommen

Der neue «Swiss Code» kann für alle Unternehmen wertvolle Inputs liefern. Die Corporate Governance sollte so ausgestaltet sein, dass das Ziel einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung erreicht werden kann. Im neuen «Swiss Code» wurden die wesentlichen Elemente der Nachhaltigkeit aufdatiert und neue Punkte integriert.

«Das Kern-Credo des Dokuments und der Gesamtwirtschaft ist, dass Nachhaltigkeit in all ihren drei Dimensionen gelebt werden muss: Wir haben die ökonomische Dimension, die gesellschaftliche und die ökologische», erläutert Mäder. Nachhaltigkeit sei keine Subdisziplin, die man in einem Bericht abhandeln könne, sondern etwas, das das gesamte Unternehmen durchdringen müsse. Wichtig ist, dass dazu die Interessen aller Anspruchsgruppen, nicht nur der Aktionäre beziehungsweise Geldgeber, berücksichtigt werden. Unter anderem bedarf es eines umfassenden Risikomanagements, das auch klimabedingte und Umweltrisiken miteinschliesst. Das fordert auch das Obligationenrecht.

Und last, but not least plädiert economiesuisse für eine transparente Berichterstattung, die wirklich das kommuniziert, was Aktionäre, Mitarbeitende, Kunden oder Zulieferer wissen wollen – und die über das gesetzliche Minimum hinausgeht. «Die Nachhaltigkeits- offenlegung muss dem Unternehmenszweck und der entsprechenden Tätigkeit angemessen ausgestaltet sein und darf sich nicht einfach auf einzelne, eng definierte Gegenstände beschränken», so Christoph Mäder.

Entscheidend für den Erfolg des neuen «Swiss Codes» wird die Akzeptanz in der Wirtschaft sein. Economiesuisse ist zuversichtlich. «Die Präsenz des Codes ist sehr manifest. Er ist eine konsequente Weiterentwicklung und eine Zusammenfassung der Best Practice, und diese Best Practice existiert auch», betont Mäder.

Deklaration: Dieser Inhalt wurde vom Sustainable Switzerland Editorial Team im Auftrag von Economiesuisse erstellt.

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