Mit der Inflation Reduction Act (IRA), einem Klimaprogramm aus dem Jahr 2022, hat die Biden-Regierung Milliarden an finanzieller Unterstützung für saubere und klimarelevante Technologien bereitgestellt. Elektroautos und Batterien, Atomkraft, Wasserstoff und erneuerbare Energien, sie alle profitieren von dem politischen Ziel Joe Bidens, grüne Wirtschaftssektoren in den USA anzukurbeln, Arbeitsplätze in den ehemaligen und verarmten Industrie-Hochburgen des Landes zu schaffen und gleichzeitig die wirtschaftliche Macht Chinas in grünen Schlüsselbranchen der Zukunft zu drosseln.
Das grüne Investitionsprogramm war ein industriepolitischer Hammerschlag, mit weltweiten Folgen. Klimapolitisch ist es weniger beeindruckend. Geht es um Versprechen, Emissionen zu reduzieren, gelten die USA als unzuverlässig. Zu oft haben sie in den vergangenen Jahrzehnten internationale Verpflichtungen nicht umgesetzt. Mit einem neuen Präsidenten wechseln auch die politischen Prioritäten, die Klimaagenda steht alle Jahre wieder auf der Kippe.
Unter Biden haben sich die USA eigentlich das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um bis zu 52 Prozent zu reduzieren. Seit 2005 sind die Emissionen gesunken. Zu den Gründen gehören die Umstellung von Kohle auf Gas, der Ausbau der erneuerbaren Energien und verbesserte Energieeffizienz sowie wirtschaftliche Veränderungen.
Aber auch mit den finanziellen Anreizen der IRA vermögen es die USA laut Hochrechnungen nicht, ihr Ziel für 2030 ganz zu erreichen. Es wird erwartet, dass die Emissionen bis dahin nur um rund 40 Prozent fallen. Um die Lücke zu schliessen, braucht es also weitere politische Massnahmen – auf Ebene der Gliedstaaten wie auch bundesweit.
«Drill, baby, drill»
Ein Trump-Sieg würde das Erreichen der amerikanischen Klimaziele weiter untergraben – und das mit Folgen für die amerikanische Emissionsbilanz wie auch die weltweiten Ambitionen, das Pariser Klimaabkommen umzusetzen. Die USA sind nach China weiterhin der zweitgrösste Verschmutzer der Welt.
Trump hat versprochen, die IRA, allen voran viele der milliardenschweren Ausgaben, sowie neue Auflagen zur Emissionsminderung rückgängig zu machen und stattdessen die heimische Erdöl- und Gasindustrie weiter zu fördern. Die Politik unter Biden ist aber auch nicht widerspruchsfrei. Im Gegenteil: Die USA sind während der vergangenen Jahre zum weltgrössten Exporteur von Flüssigerdgas geworden.
Laut einer Analyse von «Carbon Brief», einer klimawissenschaftlichen Publikation, könnten unter Trump gar 4 Gigatonnen CO2-Äquivalente zusätzlich in die Atmosphäre geblasen werden. Das entsprecht den jährlichen Emissionen der EU und Japans zusammen.
Hoffnungsschimmer bei den Strategien
Aktivisten setzen künftig vermehrt auf Pragmatismus – und ökonomische sowie politische Eigeninteressen, um gegen die klimaskeptische Agenda von Donald Trump zu kämpfen. Das gilt vor allem bei der finanziellen Unterstützung für neue grüne Fabriken und Technologien im Rahmen der IRA.
In Gesprächen wird immer wieder betont, dass es für eine Trump-Regierung wohl schwieriger als angenommen werde, die Steueranreize rückgängig zu machen. Auch wenn die Republikaner im Kongress im Jahr 2022 gegen das IRA-Paket gestimmt hatten.
Das klingt stark nach Wunschdenken. Die aufgeführten Argumente aber sind realpolitisch. Denn es sind meist rote, also von Republikanern geführte Gliedstaaten, die besonders von den grünen Finanzspritzen profitieren. «Es werden viele Ankündigungen gemacht, viele Investitionen getätigt, viele Einrichtungen gebaut und viele Arbeitsplätze geschaffen», so Alden Meyer. Republikanische Politiker seien auf den Einweihungsfeiern gewesen und verbuchten die Investitionen als ihre Erfolge. Die Ironie dabei? Die Investitionen werden getätigt «aufgrund eines Gesetzes, das sie alle abgelehnt haben».
Die Zahlen stützen die Annahme. Laut einer Analyse von Fitch Ratings, über die der amerikanische Fernsehsender CNN im Februar berichtete, fliessen mit 51 Prozent die meisten Investitionen, die direkt an die Anreize der IRA und eines weiteren Gesetzespakets von Biden geknüpft sind, in republikanische Gliedstaaten.
Im Vergleich gingen 20 Prozent in blaue, also demokratische Gliedstaaten. Dabei wurden rote Staaten als diejenigen definiert, die 2020 mit mehr als drei Prozentpunkten Differenz für Donald Trump und nicht Biden gestimmt hatten. Nimmt man die sogenannten Swing States dazu, darunter unter anderem Georgia und Pennsylvania, profitieren noch einmal mehr rote Regionen.
Gleichzeitig bleiben demokratische Gliedstaaten wichtige Verbündete, um progressive Klimapolitik weiter voranzubringen, wie es in Gesprächen heisst. Auch wenn Trump gewinnen sollte, können politische Durchbrüche in Schlüsselregionen durchgesetzt werden. Dazu zählen insbesondere Kalifornien, ein riesiger Markt für Elektroautos und andere grüne Produkte, wie auch New York als finanzpolitisches Zentrum.
«Es ist die Wirtschaft, Dummkopf»
«It’s the economy, stupid» ist als politischer Wahlkampfslogan des demokratischen Ex-Präsidenten Bill Clinton unvergessen. Zunehmend nutzen auch Klimaaktivisten diese Erkenntnis, um Wähler von der klimapolitischen Agenda der Energiewende zu überzeugen.
Jeff Ordower, der Nordamerika-Direktor der einflussreichen Kampagnen-Organisation 350.org, sagt, die Bewegung habe einige Lehren aus den Trump-Jahren gezogen. Zentral dabei sei die Einsicht, dass es gelte, die wirtschaftlichen und finanziellen Vorteile einer Umstellung auf grüne Energien vor Ort zu vermitteln.
Der neue Fokus zeigt sich auch in Kampagnen. So nehmen Aktivisten zunehmend einzelne Energieunternehmen ins Visier. Die Logik dahinter erklärt Ordower so: Energieversorger kontrollieren Stromnetze und Stromlieferungen und sind somit ein zentraler Hebel in der Energiewende.
Gleichzeitig geben sie Kosten, beispielsweise hohe Erdgaspreise während der Energiekrise, an die Verbraucher weiter, die sowieso schon mit hohen Lebenshaltungskosten kämpfen. Bei Anlagen für fossile Brennstoffe kommen Luftverschmutzung und andere Gesundheitsbelastungen hinzu. Indem Druck auf solche Unternehmen aufgebaut werde, könnten konkrete Vorteile für lokale Anwohner durchgesetzt werden, so Ordower.
«Die Populisten gewinnen und haben Erfolg, weil sie über die Bedingungen sprechen können, unter denen die Menschen leben – das gilt vor allem in Bezug auf die wirtschaftliche Unsicherheit, die viele erfahren.» Was bedeutet das also für die Klimabewegung? Für Ordower ist klar: «Wir müssen Klimagerechtigkeit und wirtschaftliche Gerechtigkeit miteinander verbinden. Das haben wir in der Vergangenheit nicht so gut gemacht, wie es nötig gewesen wäre.»