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Klima & Energie

Die weiteren Aussichten: Hitzewellen und Hochwasser

Der Klimawandel trifft die Schweiz als Alpenland besonders hart. Modellrechnungen zufolge wird es immer mehr heisse Tage und intensive Niederschläge geben.

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Trockene Sommer und schneearme Winter, mehr Hitzetage und häufigere Überflutungen: Die Auswirkungen des Klimawandels haben längst auch die Schweiz erfasst. Und sie werden in Zukunft noch stärker zu spüren sein. Einen Vorgeschmack haben bereits die Wetter- und Hochwasserereignisse der letzten Jahre gegeben. Sie kamen dabei alles andere als überraschend, entsprachen sie doch weitgehend den Klima- und hydrologischen Szenarien, wie sie im Projekt Hydro-CH2018 vom National Centre for Climate Services (NCCS) des Bundes unter Federführung der ETH Zürich und von MeteoSchweiz entwickelt wurden. Den Berechnungen der Wissenschaftler zufolge werden künftig

  • Hitzewellen sowie heisse Tage und Nächte noch häufiger und extremer werden;
  • Die mittleren Niederschlagsmengen im Sommer abnehmen, die Verdunstung zunehmen und deshalb Trockenperioden häufiger und länger werden;
  • Starkniederschläge wahrscheinlich merklich häufiger stattfinden und intensiver ausfallen;
  • Schneefälle in tieferen Lagen abnehmen und die schneereichen Gebiete stark schrumpfen.

Teilweise hätten sich diese Entwicklungen sogar etwas früher gezeigt, als noch vor einigen Jahren erwartet worden sei, erläutern Experten des Bundesamts für Umwelt (Bafu). Man denke nur an den schneearmen Winter 2022/23, der eine Niedrigwasserperiode im Frühling nach sich zog. Im vergangenen Sommer kam es dann zu trockenen, warmen Perioden, die durch mehrere sogenannte Starkniederschlagsereignisse unterbrochen wurden. Im November und Dezember 2023 schliesslich führten sehr starke Regenfälle in Kombination mit sehr hoher Schneefallgrenze zu Hochwasser. Gleich zweimal innerhalb weniger Wochen waren die West- und die Nordschweiz davon betroffen – und dies in einem Ausmass, wie es in den Wintermonaten bisher selten oder noch nie beobachtet wurde.

Sind derart aussergewöhnliche Wetterereignisse eine unmittelbare Folge des Klimawandels? Nach Expertenmeinung ist Vorsicht geboten: Einzelne Wetterereignisse könnten nicht auf den Klimawandel zurückgeführt werden, heisst es. Deshalb sei im Einzelfall schwierig, den Anteil des Klimawandels abzuschätzen. Erwiesen ist aber: Mit dem Klimawandel hat die „Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen oder von milden (und im Flachland schneearmen) Wintern markant zugenommen“, wie das Bafu berichtet. „Eine wärmere Atmosphäre kann zudem mehr Wasserdampf aufnehmen, was ebenfalls die Entstehung von Hochwasser begünstigt.“ Auch in der Vergangenheit habe es immer wieder auch grosse Hochwasser gegeben, und diese werde auch in Zukunft der Fall sein. „Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die Häufung von Hochwasserereignissen in den letzten Jahrzehnten in Europa eine Folge des Klimawandels ist.“

Kein Zweifel besteht daran, dass die Schweiz zu jenen Ländern gehört, die vom Klimawandel besonders betroffen sind. Nach Auskunft des Bafu steigen hierzulande die Temperaturen „doppelt so stark an wie im weltweiten Durchschnitt“. Dazu muss man wissen, dass die Erwärmung in kontinentalen Gebieten auf der nördlichen Erdhalbkugel generell stärker ist als in anderen Teilen der Welt. Gemäss den Klimaszenarien des Weltklimarats (IPCC) dürfte die zukünftige Erwärmung in Nord-, Mittel- und Südeuropa ungefähr gleich und im kontinentaler gelegenen Osteuropa höher sein. Im Alpenraum war die Erwärmung zwischen 1980 und 2015 bereits stärker als in den umliegenden Gebieten.

Was die Niederschläge betrifft, wird das Klima gemäss den IPCC-Szenarien im Süden zukünftig trockener und im Norden feuchter werden. Und die Schweiz, geografisch im Herzen Europas gelegen? Sie liegt laut Bafu „ungefähr zwischen diesen Gebieten mit unterschiedlichen Niederschlagsentwicklungen“.

Die Schweiz ist in verschiedener Hinsicht anders vom Klimawandel betroffen als andere europäische Länder. „So sind wir beispielsweise nicht vom steigenden Meeresspiegel bedroht, dafür nimmt aber im Alpenraum die Hangstabilität wegen des auftauenden Permafrosts und der schmelzenden Gletscher ab“, so die Bafu-Fachleute. Im Gegensatz zu den Ländern im Süden sei die Schweizer Bevölkerung weniger angepasst an die zunehmende Hitzebelastung und die Landwirtschaft weniger angepasst an die zunehmende Sommertrockenheit. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: „Der Alpenraum ist ein besonderer Lebensraum mit grosser Artenvielfalt auf kleinem Raum“, heisst es. Er sei deshalb besonders anfällig für Veränderungen aufgrund des Klimawandels.

Lässt sich heute schon voraussehen, wie das Klima in der Schweiz Mitte oder Ende dieses Jahrhunderts sein wird? Für die Experten ist der Fall klar: Bei ungebremst steigenden Treibhausgasemissionen muss hierzulande bis Mitte des Jahrhunderts mit einem Anstieg der Jahres¬mitteltemperatur um 2,0 bis 3,3 Grad Celsius gegenüber der Normperiode 1981–2010 gerechnet werden, bis Ende Jahrhundert sogar mit einem Plus von 3,3 bis 5,4 Grad Celsius.

Mit dem Pariser Übereinkommen von 2015 haben sich 195 Staaten verpflichtet, den Klimawandel einzudämmen und die Weltwirtschaft entsprechend umzugestalten. Werden die seinerzeit vereinbarten Zielsetzungen tatsächlich eingehalten, könnte die Erwärmung um nach Angaben der Experten rund zwei Drittel weniger hoch ausfallen. Beim Jahresniederschlag seien schweizweit keine grösseren Änderungen zu erwarten, so das Bafu. Ge¬mäss den Modellrechnungen würden aber die Häufigkeit und die Intensität von Starkniederschlägen zunehmen.

Namhafte Klimaforscher wie Reto Knutti von der ETH Zürich mahnen zu raschem Handeln. Im Kern geht es darum, die umweltschädlichen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 praktisch auf Null herunterzufahren. Davon betroffen sind im Grunde sämtliche Bereiche, vor allem Verkehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft. Je mehr Zeit verstreiche, heisst es, desto schwieriger und teurer werde es, die Klimakrise in den Griff zu bekommen.

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