Der CO2-Gehalt in der Luft ist so stark gestiegen wie noch nie seit Messbeginn. Was bedeutet der Rekord?
Vor allem Dürren und Waldbrände haben zu dem hohen Zuwachs des Treibhausgases CO2 beigetragen. Das meldet die Weltmeteorologieorganisation.
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Florian Gaertner / Imago
Vor allem Dürren und Waldbrände haben zu dem hohen Zuwachs des Treibhausgases CO2 beigetragen. Das meldet die Weltmeteorologieorganisation.
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3 Min. • • Sven Titz, «Neue Zürcher Zeitung»
So stark wie 2024 hat der Gehalt von Kohlendioxid (CO2) – dem wichtigsten menschengemachten Treibhausgas in der Luft – noch nie zugenommen, seit es wissenschaftliche Messungen gibt. Das gab am Mittwoch die Weltmeteorologieorganisation (WMO) der Vereinten Nationen in ihrem jährlichen Bulletin zu den Treibhausgasen bekannt.
2024 lag der CO2-Gehalt der Luft bei 423,9 ppm, rund 52 Prozent über dem vorindustriellen Wert. Der Zuwachs von 2023 auf 2024 betrug laut der WMO rund 3,5 ppm. Die bisherige Rekordzunahme – um 3,3 ppm – war von 2015 auf 2016 zu verzeichnen. Die Abkürzung ppm steht für parts per million, das sind CO2-Anteile pro Million Luftanteile.
Was hat der Rekordanstieg zu bedeuten? Grundsätzlich wächst der CO2-Gehalt jedes Jahr, seit die Messungen 1957 begonnen haben. Denn die Menschheit emittiert durch Verbrennung fossiler Treibstoffe riesige Mengen CO2. Doch der jährliche Zuwachs in der Atmosphäre schwankt stark (siehe Grafik). Diese Schwankungen können menschengemachte und natürliche Ursachen haben.
Starke Waldbrände produzierten viel Kohlendioxid
Dass der CO2-Zuwachs 2024 so extrem gross war, liegt laut der WMO nicht an den menschengemachten Emissionen. Diese waren ähnlich hoch wie im Vorjahr. Man muss die Ursache für den starken Anstieg des CO2-Gehalts also woanders suchen.
Laut der WMO wurde von 2023 auf 2024 relativ viel Kohlendioxid aus Wald- und Buschbränden freigesetzt. Das Amazonasgebiet und der Süden Afrikas erlebten in dieser Zeit vielerorts eine Dürre. Das begünstigte dort ungewöhnlich heftige Feuersbrünste. Grosse Flächen brannten aber auch in Kanada.
Ausserdem nahm die Vegetation auf den Landflächen der Erde offenbar vergleichsweise wenig CO2 auf. Das hängt unter anderem mit dem Pazifikphänomen «El Niño» zusammen, das sich 2024 ereignete: Bei «El Niño» erwärmt sich zeitweilig die Oberfläche des tropischen Pazifiks. Die höhere Wassertemperatur begünstigt Dürren auf den Kontinenten, welche dazu führen, dass das Land weniger CO2 schluckt.
Die Fachleute der WMO äussern in dem Bulletin die Sorge, dass sich die Aufnahme von CO2 durch die Landflächen und die Meere wegen der Erderwärmung abzuschwächen beginnt. Dadurch verbliebe ein grösserer Anteil der Emissionen in der Luft, und das verstärkte den Anstieg des CO2-Gehalts in der Luft.
Klimaforscher untersuchen diese negative Rückkopplung zwischen der Erwärmung und der CO2-Aufnahme seit langer Zeit. Dennoch gibt es in diesem Bereich noch eine grosse Ungewissheit, was Prognosen erschwert.
Die Emissionen bleiben voraussichtlich hoch
Fachleute gehen davon aus, dass die globalen CO2-Emissionen in den kommenden Jahren auf einem hohen Niveau bleiben werden. Und das, obwohl sich viele Länder eigentlich zu einem deutlichen Rückgang verpflichtet haben und bekunden, bis Mitte des Jahrhunderts das Ziel von netto null Emissionen erreichen zu wollen.
Auch der Gehalt von Methan und Lachgas in der Luft – dem zweitwichtigsten und dem drittwichtigsten menschengemachten Treibhausgas – hat von 2023 auf 2024 deutlich zugenommen. Um einen Rekordzuwachs handelte es sich aber laut der WMO nicht.
Sven Titz, «Neue Zürcher Zeitung» (16.10.2025)
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