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Mitarbeiter einer Fabrik kontrolliert abgepackted Tomatenmark

Nach Angaben des WWF deckt die Schweiz heute 77 Prozent des biologischen Ressourcenbedarfs aus dem Ausland. Bild. Imago

Wirtschaft

Grenzen der Belastung

Am 9. Februar 2025 stimmen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über die Volksinitiative «Für eine verantwortungsvolle Wirtschaft innerhalb der planetaren Grenzen (Umweltverantwortungsinitiative)» ab. Gefordert wird ein grundlegender Wandel, der unsere Lebensgrundlagen nicht länger gefährdet.

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Grenzen der Belastung

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  • Die Initiative der «Allianz für Umweltverantwortung» fordert von der Schweizer Wirtschaft innerhalb der natürlichen Grenzen zu arbeiten.
  • Aktuell verbraucht die Schweiz das 4,4-fache ihrer eigenen Biokapazität und ist damit weit von nachhaltiger Ressourcennutzung entfernt.
  • Die Initiative sieht eine Übergangsfrist von zehn Jahren für die Umsetzung vor.

Die im Februar 2023 von der «Allianz für Umweltverantwortung» eingereichte Initiative fordert, dass die Schweizer Wirtschaft innerhalb der Grenzen arbeitet, welche die Natur vorgibt. Wirtschaftliche Tätigkeiten der Schweiz dürften nicht mehr Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen, als es der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen erlaubt. Die Initiative sieht für die Umsetzung eine Übergangsfrist von zehn Jahren vor.

Das von den Initiantinnen und Initianten zugrunde gelegte Konzept der «planetaren Grenzen» beschreibt, wie viel an Umweltbelastung die Erde verkraftet. Es geht dabei um kritische Bereiche wie Klimawandel, Artenvielfalt, Wasser- und Landnutzung sowie Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden. Die planetaren Grenzen definieren hier einen sicheren Handlungsspielraum für die Menschheit. Werden einzelne der insgesamt neun identifizierten Belastungsgrenzen überschritten, gefährdet das die Stabilität des Ökosystems der Erde – mit katastrophalen Folgen.

Verschärfter Druck auf die Ressourcen

«Natürliche Ressourcen wie Wasser, Boden, saubere Luft, Bodenschätze und die Klimastabilität bilden die Basis für unsere Lebensqualität», erklärt das Bundesamt für Umwelt (Bafu). «Studien zeigen, dass sie heute massiv übernutzt werden. Dieser Druck auf die natürlichen Ressourcen dürfte sich künftig noch verschärfen, da das Wirtschaftsvolumen und die Weltbevölkerung weiter wachsen werden.» Laut Bafu ist die Schweiz – trotz erkennbaren Effizienzgewinnen – derzeit noch «weit entfernt von einer nachhaltigen Ressourcennutzung». Als Folge des global steigenden Ressourcenverbrauchs befänden sich Klimastabilität und Ökosysteme weltweit an den Grenzen ihrer Belastbarkeit. «Auch die Schweiz trägt durch ihren hohen Ressourcenverbrauch pro Person dazu bei», heisst es.

Umweltbelastungen lassen sich anhand des sogenannten ökologischen Fussabdrucks berechnen. Dieser komplexe Nachhaltigkeitsindikator misst den Verbrauch natürlicher Ressourcen und drückt in globalen Hektaren (gha) die ökologische Produktionsfläche aus, die erforderlich ist, damit eine Region, ein Land oder die gesamte Menschheit die eigenen Bedürfnisse decken und die entstandenen Abfälle neutralisieren kann. In die Berechnungen wird die gesamte Lieferkette der konsumierten Produkte (ausser den Exporten) einbezogen. Kriterien sind unter anderem Herkunft und Art der Rohstoffe und Produkte, die verbraucht werden, die verwendeten Transportmittel und die Produktionsbedingungen von Konsumgütern.

Nach Angaben des WWF deckt die Schweiz heute 77 Prozent des biologischen Ressourcenbedarfs aus dem Ausland. Als grösste Treiber gelten diese Bereiche:

  • Bauen und Wohnen
  • Landwirtschaft und Ernährung
  • Mobilität

Schweiz verbraucht 4,4-Fache ihrer Biokapazität

Die natürlichen Ressourcen, welche in der Schweiz aus eigener Kraft und mit den gegebenen Flächen produziert und regeneriert werden können, bezeichnet man auch als Biokapazität. In der Schweiz ist diese aufgrund der geografischen Gegebenheiten pro Person um 36 Prozent kleiner als die in der gesamten Welt. Allerdings ist der ökologische Fussabdruck pro Einwohner inzwischen fast dreimal so gross wie die weltweite Biokapazität pro Kopf, wie die Umweltorganisation WWF betont. «Betrachtet man nur die in der Schweiz verfügbare Biokapazität, wird der hohe Ressourcenverbrauch der Schweizer Bevölkerung noch offensichtlicher. Nach nur 83 Tagen des Jahres sind die natürlichen Ressourcen des Landes aufgebraucht. Das heisst, die Schweiz verbraucht das 4,4-Fache ihrer eigenen Biokapazität.»

Wie die folgende BFS-Grafik von 2024 verdeutlicht, besteht das Ungleichgewicht zwischen dem ökologischen Pro-Kopf-Fussabdruck der Schweiz und der weltweiten Biokapazität schon seit Jahrzehnten. Wenn alle Menschen auf der Erde so leben würden wie die Bevölkerung der Schweiz, bräuchten wir heute rund 2,5 Erden.

Grafik zur Entwicklung des ökologischen Fussabdrucks der Schweiz seit 1961

Eine interaktive Übersichtskarte des Global Footprint Network verdeutlicht, dass der schweizerische Pro-Kopf-Fussabdruck im Durchschnitt der westeuropäischen Staaten liegt. Die Länder des indischen Subkontinents, in Südostasien und Afrika verbrauchen dagegen weniger als einen Planeten Erde. Zu den Staaten, die deutlich über dem globalen Schnitt liegen, gehören unter anderen Katar, die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait oder Kanada.

«Overshoot Day« immer früher im Jahr

Wie gross der Handlungsbedarf ist, illustriert noch eine andere Berechnung: In nur sieben Monaten verbraucht die Menschheit so viel von der Natur, wie sich die Erde in einem Jahr regenerieren kann. Der sogenannte Earth Overshoot Day markiert dabei den Zeitpunkt, an dem die Nachfrage der Menschheit nach ökologischen Ressourcen das übersteigt, was die Erde in diesem Jahr erneuern kann. Die folgende Grafik zeigt die – immer früheren – Earth Overshoot Days in den Jahren von 1971 bis 2024. Im vergangenen Jahr war der weltweite «Überschuss-Tag« bereits der 1. August.

Grafik zur Entwicklung des Earth Overshoot Days seit 1971

Die folgende Übersicht zeigt die «Overshoot Days» einzelner Staaten für das Jahr 2025 an: Länder mit einem früheren Datum sind stärkere Verbraucher von natürlichen Ressourcen, während Länder mit einem späteren Datum weniger Ressourcen verbrauchen. Die Schweiz hat 2024 bereits am 27. Mai alle Ressourcen aufgebraucht, die ihr für das Jahr zustanden. 2025 wird dies nach den Prognosen nochmals früher der Fall sein: am 7. Mai.

Grafik zum Country Overshoot Day 2025

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