Die Menschen leben, gemessen an der Belastbarkeit der Erde, über ihre Verhältnisse. Das gilt für den globalen Durchschnitt ebenso wie für die Schweiz. Gemessen an der Umweltbelastung durch den Konsum in der Schweiz, würde es laut der jüngsten vom Bund bestellten Studie, hochgerechnet auf die gesamte Weltbevölkerung, für die langfristige Verdaubarkeit drei bis vier Planeten wie die Erde brauchen. Die Volksinitiative verlangt eine massive Senkung innert zehn Jahren, so dass ab 2035 die Umweltbelastung bei Hochrechnung auf die Weltbevölkerung die Kapazitäten der Erde nicht mehr überschritte.
Der Text der Initiative nennt in einer nicht abschliessenden Aufzählung die Bereiche Klimaveränderung, Biodiversitätsverlust, Wasserverbrauch, Bodennutzung sowie Stickstoff- und Phosphoreintrag. Laut dem Bundesrat müsste die Schweiz bei einer Annahme der Initiative bis 2035 zum Beispiel ihren Ausstoss von Treibhausgasen pro Einwohner um über 90 Prozent senken, die Belastung der Biodiversität um 74 Prozent reduzieren und die Umweltbelastung durch Stickstoff um etwa 50 Prozent senken.
Die Berechnung der Umweltbelastung, gemessen an der Verträglichkeit des Planeten, ist keine exakte Wissenschaft. Es gibt verschiedene Methoden und Blickwinkel. Im Vordergrund steht typischerweise der Konsum und nicht die Produktion. Das heisst: Der Konsum von Importgütern in der Schweiz wird als Umweltbelastung durch die Schweiz betrachtet, der Konsum von Schweizer Exportgütern im Ausland wird dagegen dem ausländischen Absatzmarkt angerechnet. Die oben erwähnten Schätzungen des Reduktionsbedarfs durch die Volksinitiative beruhen auf einer vom Bund bestellten Studie von 2022.
Laut dieser Studie entfallen etwa zwei Drittel der Umweltbelastung auf die Bereiche Wohnen, Verkehr und Ernährung. Beim Wohnen betrifft dies vor allem die Heizung mit fossilen Brennstoffen, den Stromverbrauch sowie die Umweltkosten beim Gebäudebau. Im Verkehr stehen besonders der auf fossilen Treibstoffen beruhende Strassenverkehr sowie die Luftfahrt im Fokus. Bedeutend bei der Ernährung sind in Sachen Umweltbelastung namentlich Fleisch und andere tierische Produkte sowie gewisse übrige Nahrungsmittel, deren Produktion auf dem starken Einsatz von Pestiziden beruht.
Der Initiativtext sagt nicht, wie das Volksbegehren umzusetzen wäre. Im Text steht nur, dass dies «sozialverträglich» geschehen solle. Gemäss den Initianten sollen insbesondere wohlhabende Menschen und Konzerne ihre vergleichsweise grössere Verantwortung wahrnehmen. Die von den Initianten vor den Medien als Beispiele genannten möglichen Umsetzungselemente umfassen die Abschaffung umweltschädlicher Subventionen, den Ausbau von staatlichen Investitionen für umweltfreundliche Tätigkeiten, Werbeverbote für klimaschädliche Produkte und die Teilnahme von Bürgern und Angestellten am Management von Unternehmen.
Das würde aber bei weitem nicht reichen. Dies auch darum, weil rund zwei Drittel der Umweltbelastung durch den Schweizer Konsum auf Importen beruht. Angesichts der kurzen Umsetzungsfrist von zehn Jahren würde es wohl ohne prohibitiv hohe Lenkungsabgaben oder Verbote kaum gehen. Dies vor allem bei den stark ins Gewicht fallenden Bereichen wie etwa Ölheizungen, Strassenverkehr mit Benzin oder Diesel sowie Fleischkonsum. Dies wäre wohl zu kombinieren mit entsprechenden Importverboten oder hohen Umweltbelastungszöllen auf Importprodukten. Eine weitere Folge wären auch bedeutende Einbussen bei den Schweizer Exporten.
Für die Konsumenten würde das Leben damit massiv teurer, oder die Auswahl sänke stark. Die durch die Initiative geforderte Sozialverträglichkeit wäre im Prinzip mit Lenkungsabgaben umgesetzt: Reiche konsumieren mehr, und wer mehr konsumiert, zahlt entsprechend mehr. Bei Verboten könnte man Ähnliches sagen: Wer vorher mehr konsumiert hat, wird bei Verboten entsprechend stärker getroffen.
Der Verweis der Initianten auf «Konzerne» steht im Prinzip im Widerspruch zum Konzept der Initiative, die Umweltbelastung des Konsums zu senken. Man kann natürlich den Anbietern strengere Vorschriften machen oder die Produktion gewisser Güter ganz verbieten, doch auch diese Lasten tragen letztlich die Konsumenten – via höhere Preise und/oder kleinere Auswahl.
Im Parlament unterstützte die Linke die Volksinitiative praktisch geschlossen. Laut den Initianten ist der geforderte radikale Umbau zur Rettung des Planeten zwingend. Nichts tun käme gemäss die Initianten später viel teurer. Die Kosten für die Beeinträchtigungen der Qualität von natürlichen Lebensgrundlagen wie Luft, Wasser und Boden würden von Jahr zu Jahr steigen. Die Befürworter betonen zudem, dass die Schweiz mit der Initiative eine internationale Vorreiterrolle spielen könne und als bedeutender Standort für Rohstoffhandel und Finanzdienstleistungen auch erheblichen internationalen Einfluss habe.
Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen sollte gemäss den Initianten eine Selbstverständlichkeit sein. Dass der Initiativtext keine Massnahmen zur Umsetzung aufzählt, gibt dem Parlament laut den Befürwortern Spielraum, im demokratischen Verfahren über die Umsetzung zu entscheiden. Laut den Initianten gibt es viel überflüssigen Konsum, der sich ohne grosse Schmerzen reduzieren liesse. Zudem sei es auch möglich, durch Änderungen der Produktionsweise die Umweltbelastung ohne Konsumeinbussen zu senken.
Die bürgerlichen Parteien und der Bundesrat bekämpften die Vorlage im Parlament. Auch die Unternehmensverbände lehnen das Begehren ab. Laut den Gegnern brächte die Umsetzung der Initiative in der geforderten kurzen Frist massive Wohlstandseinbussen. Gemäss Daten des Global Footprint Network war 2019 Afrika der einzige Kontinent, dessen Umweltbelastung bei Hochrechnung auf die Weltbevölkerung unterhalb der Belastbarkeitsgrenze des Planeten lag. Der Grund ist nicht die ökologische Ausrichtung von Afrika, sondern dessen Armut. Je reicher ein Land ist, desto grösser ist in der Tendenz die Umweltbelastung durch seinen Konsum.
Zumindest das bedeutendste Einzelelement der von der Volksinitiative abgedeckten Bereiche ist im Prinzip mehrheitsfähig: das Ziel, den Ausstoss von Treibhausgasen auf netto null zu senken. Dieses Ziel steht sogar schon im Gesetz, doch als Frist dafür ist das Jahr 2050 verankert. Schon dieses Ziel dürfte in der Praxis nur sehr schwer zu erreichen sein. Aber das gleiche Ziel schon bis 2035 würde laut den Gegnern einen unrealistisch schnellen Umbau etwa bei den Heizungen, Gebäudesanierungen und im Verkehr verlangen.
Laut den Gegnern wäre die Volksinitiative praktisch wohl kaum umsetzbar. Denn sie würde solch drastische Massnahmen verlangen, dass das Volk bei Referendumsabstimmungen über die Umsetzungsgesetze die Sache wohl blockieren würde.