Switzerland: 31!
Das ist nicht die Punktzahl der Schweiz beim Eurovision Song Contest. Sondern der Prozentsatz auf der Tabelle der reziproken Zölle, die US-Präsident Donald Trump gestern im Rosengarten des Weissen Hauses stolz präsentierte.
Ab dem 9. April soll auf Exporte aus der Schweiz in die USA ein Zoll von 31 Prozent erhoben werden. Das sorgt bei Schweizer Wirtschaftsvertretern für Aufregung.
Kurzarbeit für Handelskrieg, fordert Swissmem
Economiesuisse bezeichnet die US-Zölle als «schädlich und unbegründet». Für die Schweizer Exportwirtschaft bedeute die handelspolitische Eskalation eine ernsthafte Belastung, schreibt der Dachverband – und das in einer Phase, in der sich die Exportaussichten in anderen Absatzmärkten bereits eingetrübt hätten.
Jan Atteslander, Leiter für den Bereich Aussenwirtschaft, sagt: «Eine weitere Eskalation des Handelskonflikts muss verhindert werden. Der Bundesrat und die Schweizer Wirtschaftsdiplomatie sind gefordert, am Verhandlungstisch mit der US-Regierung rasch Lösungen zu finden.»
Swissmem, der Verband der Schweizer Tech- und Maschinenindustrie, schreibt, sie seien schwer enttäuscht vom Vorgehen des US-Präsidenten. Der hohe Zoll sei willkürlich, habe doch gerade die Schweiz ihre Industriezölle aufgehoben. Die Massnahme sei ein herber Schlag für die Schweizer Tech-Industrie. Sie komme ausgerechnet von den USA, einem der wenigen Länder, in denen die Exporte der Schweizer Industrie im vergangenen Jahr gewachsen sind.
Die Unternehmen könnten solch hohe Zölle unmöglich mit der eigenen Marge auffangen, sagt Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor bei Swissmem: «Das ist nicht graduell. Das ist substanziell, und es wird grosse Auswirkungen haben.» Erschwerend komme hinzu, dass Trump gegen die EU einen geringeren Zoll von 20 Prozent angekündigt habe. Laut Swissmem verliere die Schweizer Tech-Industrie gegenüber der europäischen Konkurrenz damit an Wettbewerbsfähigkeit.
Der Bundesrat müsse nun «persönlich und mit höchster Dringlichkeit» das Gespräch mit der US-Regierung suchen, sagt Swissmem. Zur Abfederung der wirtschaftlichen Konsequenzen will der Verband, dass der Handelskrieg als Begründung für Kurzarbeit anerkannt und die Höchstbezugsdauer auf 24 Monate ausgedehnt wird. Aktuell steht diese bei 18 Monaten.
Bundesrat soll den USA entgegenkommen
Swiss Medtech, der Verband der Schweizer Medizintechnik, hat bereits eine konkrete Forderung an den Bundesrat: Er soll sämtliche Produkte, die die US-amerikanische Food & Drug Administration (FDA) zugelassen hat, auch in der Schweiz per Verordnung freigeben. «Das wäre ein klares Signal an die US-Regierung für Dialog statt Zollpolitik», sagt Verbandspräsident und FDP-Ständerat Damian Müller.
Rahul Sahgal, der Chef der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer, schreibt, er sei verblüfft von der Höhe des Zolls. In den vergangenen Wochen tourte Sahgal mit einigen Schweizer Wirtschaftsvertretern durch Washington und setzte sich dafür ein, dass der US-Präsident die Schweiz verschont. Nun müsse die Schweiz herausfinden, nach welchen Kriterien die Trump-Administration die Zölle wieder aufheben würde. Bis zum Stichtag am 9. April bleibe noch Zeit.
Fragezeichen in der Pharmabranche
Ungewiss ist, wie stark die Schweizer Pharmaindustrie von Trumps Zöllen betroffen sein wird. Laut einem Faktenblatt der US-Regierung sind pharmazeutische Produkte von den reziproken Zöllen ausgenommen. Ob sie aber unter den Basiszoll von 10 Prozent fallen, den die USA gegenüber allen Ländern anwenden wollen, wird aus dem Dokument nicht klar. Möglich ist, dass die Trump-Administration Pharmaprodukte zu einem späteren Zeitpunkt gesondert behandeln wird. Würde heissen: Pharmazölle sind nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.
Rund 60 Prozent aller Schweizer Exporte in die USA sind Pharmaprodukte, womit die Branche auch aus volkswirtschaftlicher Sicht wichtig ist.